In der Lieferkette tauchen immer mehr gefälschte Produkte und Materialien auf – auch in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Dabei handelt es sich um minderwertige Produkte, die echte Bestandteile ersetzen sollen.
Sie treten in verschiedensten Formen auf: von minderwertigen Rohstoffen bis hin zu Bauteilen am Ende ihres Lebenszyklus, die als reguläre Produkte beworben und verkauft werden.
Gefälschte Materialien lassen sich meist optisch nur schwer von Originalprodukten unterscheiden und bestehen häufig Eingangsprüfungen, da sie dem Anschein nach für den vorgesehenen Verwendungszweck tauglich sind.
Der Dichtungshersteller Precision Polymer Engineering (PPE) hat selbst Erfahrungen damit machen müssen, dass andere Unternehmen versuchen, Fälschungen als seine Produkte und Materialien auszugeben. Dies reichte von der unautorisierten Nutzung von Bildern und eingetragenen Markenzeichen bis hin zur vollständigen Fälschung von Materialdatenblättern.
Fälschungen haben mindere Qualität
Vor Kurzem hat das Team für Forschung und Entwicklung ein Testkaufprojekt durchgeführt und Hygienedichtungen in den Maßen 1, 1,5 und 2 Zoll bei verschiedenen Online-Einzelhändlern bestellt. Das Team untersuchte die Produkte auf kritische Eigenschaften wie Qualität der Oberflächenbehandlung, Innendurchmesser, Außendurchmesser und Ausbuchtungshöhe im Vergleich zu internationalen Sanitär- und Hygienenormen.
Bereits bei einer Sichtprüfung war erkennbar, dass manche Händler Dichtungen mit ungleichmäßiger Oberflächenbehandlung lieferten. Weitere Tests zeigten, dass Innen- und Außendurchmesser um zwischen - 4,6 % und 6,7 % von den erwarteten Standards abwichen. Einige der 1-Zoll-Dichtungen hatten einen Innendurchmesser von 20,8 mm, der deutlich kleiner als die Werte in britischen (BS) oder deutschen (DIN) Normen ausfiel (zu erwartende Werte: 22,8 mm bzw. 22,3 mm). Somit würden diese Dichtungen in Leitungen hineinragen und den Fluss des Prozessmediums behindern. Eine Abweichung beim Durchmesser von nur 1,5 mm mag erst einmal nach nicht besonders viel klingen, doch sie führt zu einer Blockade von 16,5 % des Leitungsdurchmessers. Ähnliche Werte fanden sich auch bei den 1,5-Zoll- (8,8 % blockiert) und den 2-Zoll-Dichtungen (4,5 % blockiert).
Bei dem Testkaufprojekt zeigte sich schnell, dass der Einsatz gefälschter Dichtungen das Risiko einer Prozesskontamination wesentlich anstieg. Gefälschte Dichtungen gefährden somit die Sicherheit der hergestellten Produkte, was in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie ernstzunehmende Risiken für Gesundheit und Sicherheit für Verbraucher nach sich ziehen kann. 2006 führte etwa die Herstellung eines Hustenmittels in Panama mit gefälschten Produkten zu mehr als 78 Todesfällen. Auch wenn es nicht zu solch drastischen Folgen kommt, kann der Einsatz von Fälschungen zu Rufschädigungen und Umsatzeinbußen führen.
Fälschungen aus den Lieferketten fernhalten
Da Fälschungen nur schwer erkennbar sind, ist der beste und kostengünstigste Weg, sie von Anfang an aus der Lieferkette fernzuhalten. Hier kommt das Thema Rückverfolgbarkeit ins Spiel: Besteht eine umfassende Transparenz der Lieferkette und können Dichtungen rückverfolgt werden, sinkt das Risiko von Schwachstellen, die von Fälschern ausgenutzt werden können.
Dichtungshersteller müssen jederzeit genaue Aufzeichnungen über alle Aspekte von Entwurf, Werkstoffen, Herstellung und an ihren Dichtungsprodukten durchgeführten Prüfungen führen. Seriöse Dichtungshersteller sind somit in der Lage, eine vollständige Produkthistorie vorzulegen, Rückverfolgbarkeit zu demonstrieren und ihre Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben und Branchennormen nachzuweisen.
Anwender sollten vom Dichtungshersteller daher immer ein Inspektionszertifikat 3.1 nach EN 10204 verlangen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, in dem der Hersteller erklärt, dass die ausgelieferten Produkte den Angaben im durch den Kunden erteilten Auftrag entsprechen. Diese Konformitätserklärung enthält auch die Prüfungsergebnisse einer spezifischen Inspektion der gelieferten Produkte. Diese Prüfungen werden gemäß offiziellen oder technischen Vorgaben durchgeführt und in der Produktspezifikation aufgeführt.
Ein solches Zertifikat bietet außerdem umfassende Details zur Chargennummer und ermöglicht die vollständige Rückverfolgbarkeit über die gesamte Lieferkette. Außerdem können Anwender so Variationen zwischen verschiedenen Fertigungschargen nachvollziehen.
Behauptet ein Dichtungshersteller zudem, mit den Vorgaben von Branchennormen wie FDA, 3A 18-03, EC 1935-2004 usw. konform zu handeln, sollte er in der Lage sein, ein Konformitätszertifikat vorzulegen, das Name, Referenz, Charge und Liefernummer enthält.