Bayer-Kreuz

Der Bayer-Konzern hat in seiner Pharma-Forschung neue Schwerpunkte gesetzt. (Bild: Bayer)

Auf dem Pharmaceuticals R&D Event 2023 für Investoren gab das Unternehmen einen detaillierten Einblick in seine neue Innovationsstrategie. „Während der letzten fünf Jahre haben wir unser Portfolio und Innovationsansätze basierend auf Wertigkeit, Differenzierbarkeit, Machbarkeit sowie unseren Kernkompetenzen grundlegend weiterentwickelt“, erklärte Stefan Oelrich, Bayer-Vorstandsmitglied und Präsident der Pharma-Division.

Zudem habe man die Präsenz in den USA weiter ausgebaut. So habe das Unternehmen sein Portfolio reduziert und setze stärker auf strategische Partnerschaften. Neue Arzneimittelkandidaten wurden zunehmend in Richtung Präzisionsmedizin entwickelt.

„Die überwiegende Mehrheit unserer neuen Entwicklungskandidaten bietet bereits heute das Potenzial, das erste oder beste Produkt ihrer Klasse zu werden“, glaubt Christian Rommel, Leiter Forschung und Entwicklung. Von den vier sich in der Spätphase der klinischen Entwicklung beziehungsweise bereits in der Markteinführungsphase befindlichen Pharma-Projekten erwartet Pharma-Chef Oelrich ein „Spitzenumsatzpotenzial von mehr als 12 Mrd. Euro“. Diese sollen den Verlust von Marktexklusivität in anderen Bereichen „mehr als ausgleichen“.

Einblick in die vier Kernbereiche der Pharmasparte

Konkret gab Bayer einen Einblick in seine vier therapeutischen Kernbereiche Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Onkologie Neurologie & Seltene Erkrankungen sowie Immunologie:

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die häufigste Todesursache. Bayer will in diesem Bereich „weiterhin führend sein“. So informierte das Unternehmen auf dem Investorentag über den neuesten Stand verschiedener klinischer Programme, darunter das Phase-III-Entwicklungsprogramm für Finerenon bei chronischer Nierenerkrankung und Herzinsuffizienz, Asundexian, das in Phase III zur Schlaganfallprävention entwickelt wird, sowie die sGC-Aktivierung in chronischer Nierenerkrankung und zwei Programme in Phase I, Anti-a2AP für akuten ischämischen Schlaganfall und SEMA3A für Alport-Syndrom.

Im Bereich Onkologie will Bayer seine „Führungsrolle“ in den Schwerpunktbereichen Urogenital-, Magen-Darm- und Lungenkrebs weiter vorantreiben. Das aktuelle frühe Entwicklungsportfolio des Unternehmens basiert hier auf der Molekularen Präzisionsonkologie, zielgerichteten Radiotherapie sowie Immunonkologie der nächsten Generation. Beispiele sind der mEGFR/HER2-Inhibitor in der Phase-I-Entwicklung für unterversorgten nicht-kleinzelligen Lungenkrebs, DGK-alpha- und DGK-zeta-Inhibitoren und CCR8-Antikörper als neuartigen Krebsimmuntherapien, sowie präklinischen Radiotherapieprogramme.

Auf dem Gebiet der Neurologie & Seltene Erkrankungen (NRD) sieht Bayer durch neue Forschung das Potenzial eines Paradigmenwechsels in der Patientenbehandlung. So soll der Übergang von der symptomatischen Behandlung zu transformativen Therapien, mit denen Krankheitsursachen adressiert werden und ein anhaltender klinischer Nutzen ermöglicht wird, gelingen. Die Portfolioentwicklung im Bereich NRD wird bei Bayer in erster Linie von seinen hochmodernen Technologieplattformen für Zelltherapie und Gentherapie definiert und vorangetrieben. Insgesamt umfasst die NRD-Pipeline von Bayer derzeit dreizehn Programme im präklinischen und frühen klinischen Stadium, darunter Indikationen wie Parkinson-Krankheit, Pompe-Krankheit und Huntington-Krankheit.

Darüber hinaus gab Bayer auf der Veranstaltung einen Ausblick auf seine Ambitionen in seinem neuen therapeutischen Schwerpunktbereich Immunologie, einem Bereich mit vielen unterversorgten Krankheiten mit weltweit steigender Inzidenz und Prävalenz. Der wichtigste Innovator von Bayer in diesem Bereich ist das Tochter-Unternehmen Vividion und dessen hochdifferenzierte Chemoproteomik-Plattform. Zudem plant Bayer, seine Expertise in der Immunologie weiter auf- und auszubauen, um Synergien über seine verschiedenen Therapiegebiete hinweg zu nutzen. Bayer und Vividion verfügen derzeit über neun Programme in der präklinischen und frühen klinischen Entwicklung.

Stand der neuerworbenen Tochterunternehmen

Auf die in den letzten Jahren erworbenen Tochterunternehmen und Start-ups ging der Konzern bei der Präsentation nochmal gesondert ein.

2019 kaufte Bayer das Unternehmen Bluerock, einen Pionier im Bereich der stammzellbasierten Zelltherapie. Das Unternehmen verfügt über umfassende Kompetenzen für die Bereitstellung von Therapien auf der Basis pluripotenter Stammzellen (PSC). Das Unternehmen treibt ein wachsendes Portfolio von Therapien zur Behandlung von Patienten mit neurologischen, immunologischen, kardiovaskulären und ophthalmologischen Erkrankungen voran. Konkret wurde der Status seiner zwei führenden Programme präsentiert: Bemdaneprocel (BRT-DA01), eine experimentelle Zelltherapie, bei der aus PSC abgeleitete dopaminerge Neuronen in das Gehirn implantiert werden, zielt darauf ab, die Ursache der Parkinson-Krankheit anzugehen. Das zweite Programm ist OpCT-001, eine präklinischen potenziellen Zelltherapie für Photorezeptor-Vorläuferzellen, die darauf ausgerichtet ist, das Sehvermögen wiederherzustellen, indem degeneriertes Gewebe in der Netzhaut durch funktionsfähige Zellen ersetzt wird.

Das 2020 übernommene Askbio wiederum ist ein Pionier in der auf Adeno-assoziierten Viren (AAV) basierenden Gentherapie. Das Unternehmen verfügt über ein Portfolio mit zahlreichen Forschungsprogrammen, die auf seltene Erkrankungen und große Patientenpopulationen abzielen. Am weitesten fortgeschritten sind in der Klinik Prüfbehandlungen für die Parkinson-Krankheit, Morbus Pompe und Herzinsuffizienz. Gentherapieprogramme für die Huntington-Krankheit und Multisystematrophie nehmen derzeit Patienten in Erststudien am Menschen auf.

Vividion, 2021 von Bayer akquiriert, betreibt eine führende Chemoproteomik-Plattform, die auf einer spezifischen Bibliothek basiert, um das Potenzial niedermolekularer Therapien auszuschöpfen. Zwar sind Hunderte von Proteinen als Auslöser von Krankheiten bekannt, doch nur etwa 10 % dieser Proteine ​​können durch aktuelle Therapien bekämpft werden. Chemoproteomik-Technologien können eingesetzt werden, um selektiv auf bisher unzugängliche Proteine ​​zu zielen und diese zu binden, wodurch die heutigen Grenzen der Arzneimittelverfügbarkeit wirksam beseitigt werden könnten. Vividion treibt weiterhin die Weiterentwicklung einer präklinischen Pipeline in den Bereichen Onkologie und Immunologie voran, wobei das erste Programm im Jahr 2023 in die Klinik gehen wird.

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