Hanfpflanze

(Bild: DenAcid – stock.adobe.com)

Der erste Schritt in Richtung der Legalisierung von Cannabis erfolgte im März 2017, als das Gesetz „Cannabis als Medizin“ in Kraft trat. Die Gesetzesänderung ermöglichte es erstmals, schwerkranken Patient:innen, insbesondere im Bereich der Schmerz- und Palliativbehandlung, getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte auf ärztliche Verschreibung, mit einem sogenannten Betäubungsmittel-Rezept, zu beziehen.

Zudem wurde eine eigene Cannabisagentur im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet, um den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland zu steuern und zu kontrollieren. Die ersten Lizenzen für den Anbau von Medizinal-Cannabis in Deutschland wurden an drei Unternehmen vergeben. Darüber hinaus wurden Einfuhrlizenzen für Medizinal-Cannabis aus zahlreichen Ländern erteilt, darunter Australien, Dänemark, Israel, Jamaika, Kanada, Kolumbien, Lesotho, Malta, Neuseeland, die Niederlande, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Spanien und Uganda.

Dieser erste Schritt zur Liberalisierung hat sich als großer Erfolg für die Patient:innen und die Cannabis-industrie erwiesen. Der Markt der Abnehmer:innen wächst stetig. Im Laufe der Zeit haben sich ein stabiles Regelwerk und eine etablierte Praxis für die Abgabe von Medizinal-Cannabis herausgebildet.

Der Ruf nach einer Weiterentwicklung des Cannabismarktes

Im Anschluss an die Öffnung des Marktes für Medizinal-Cannabis konzentrierte sich die rechts- und gesellschaftspolitische Diskussion zunehmend auf die Frage, wie eine Legalisierung zu Genusszwecken gestaltet werden kann und soll. Die Weichen in Richtung weiterer Legalisierung wurden zunächst in den Wahlprogrammen und schlussendlich mit dem Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Konkretisiert wurden diese Bestrebungen in einem ersten „Eckpunktepapier der Bundesregierung zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ vom Oktober 2022. Dieses sah weitreichende Legalisierungspläne vor – sowohl für den Anbau als auch für die Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens. Der erste Entwurf stieß in der Branche und in weiten Teilen der Gesellschaft auf Zustimmung. Jedoch erfuhren die sehr weitreichenden Pläne eine Dämpfung durch Regelungen des internationalen und des EU-Rechts, insbesondere durch die Regelungen des UN-Suchtstoffübereinkommens, in dem sich Deutschland ausdrücklich verpflichtet hat, den Anbau und Handel von Cannabis außerhalb medizinischer oder wissenschaftlicher Zwecke zu verbieten.

Erneute Konsultationen zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung führten zu einem zweiten Eckpunktepapier, das im April 2023 veröffentlicht wurde. In diesem wurde ein Rahmen skizziert, nach dem Erwachsene Cannabis in geregelten Mengen privat oder in nicht-gewinnorientierten Fachgeschäften erhalten können. Das Eckpunktepapier sah ein sogenanntes Zwei-Säulen-Modell vor: Im ersten Schritt sollte geregelt werden, von wem Cannabis angebaut werden darf. Im nächsten Schritt sollten in regionalen Modellprojekten kommerzielle Lieferketten erprobt werden. Die Bundesregierung betonte abermals, dass Ziele der Legalisierung weiterhin die Sicherstellung der Qualität, der Jugendschutz, der Gesundheitsschutz für Konsument:innen sowie die Eindämmung des Schwarzmarktes seien.

Mensch mit Laborglas mit Hanf
Erster Schritt zur Legalisierung: Als Medizin ist Cannabis bereits seit 2017 zugelassen. (Bild: MKS – stock.adobe.com)

Endlich da: Der Gesetzesentwurf zu „Säule 1“

Am 6. Juli 2023 hat die Bundesregierung den lange ersehnten Referentenentwurf „Cannabisabgabegesetz“ veröffentlicht und am 16. August im Bundeskabinett beschlossen. Zum einen sieht dieser vor, dass ein „Medizinal-Cannabisgesetz“ geschaffen wird. Damit werden die Regelungen zu Medizinal-Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz in ein eigenes Gesetz transferiert. Hierbei geht es insbesondere um die Verschreibung, die Abgabe und den Erwerb sowie um die Erlaubnispflichten, Einfuhr, Ausfuhr und die Überwachung, nebst Straf- und Bußgeldvorschriften.

Zum anderen beinhaltet der Entwurf die Schaffung eines Cannabisanbaugesetzes (CanAnbauG). Mit diesem soll die sogenannte Säule 1 umgesetzt werden – das heißt der private Eigenanbau durch Erwachsene zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen.  Das CanAnbauG betrifft nur natürlichen Cannabis und umfasst nicht die Herstellung und das Inverkehrbringen von synthetischem Cannabis, das nach dem Betäubungsmittelgesetz verboten bleibt. Das CanAnbauG sieht in Bezug auf Privatpersonen unter anderem vor, dass volljährige Personen bis zu 25 g Cannabis zum Eigenkonsum besitzen und bis zu drei Cannabispflanzen zum Zweck des Eigenkonsums anbauen dürfen. Darüber hinaus können sie Cannabissamen aus EU-Mitgliedstaaten zum Zwecke des Eigenanbaus einführen.

Cannabis-Anbauvereinigungen im Fokus

Der größte Teil des Gesetzes betrifft Regelungen rund um die sogenannten Cannabis-Anbauvereinigungen und beinhaltet insbesondere:

  • eine Erlaubnispflicht zum nicht-gewerblichen Anbau und der Abgabe von Cannabis an Mitglieder zum Zweck des Eigenkonsums
  • Vorkehrungen zur sicheren Handhabung von Cannabis
  • eine Beschränkung der Erlaubnis auf die jährlichen Eigenanbau- und Weitergabemengen, die für die Deckung des Eigenbedarfs der Mitglieder erforderlich sind
  • Regelungen über erlaubte Mitglieder (Wohnsitz/gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, volljährig) und Umfang (maximal 500 Mitglieder)
  • Höchstmengen (Erwachsene 50g, Heranwachsende 30g/Monat)
  • ein Verbot von Versand und Lieferung
  • die Erlaubnis der Abgabe ausschließlich in reiner Form (Blüten/Harz) und ein Verbot in vermischten, vermengten oder verbundenen Formen, z.B. mit Tabak oder in Lebensmitteln/Getränken
  • eine Verpflichtungen zum Kinder- und Jugendschutz sowie zur Suchtprävention

Zum Schutz der Jugend und Gesundheit ist derzeit ein vollständiges Werbe- und Sponsoringverbot vorgesehen, um keine Konsumanreize zu setzen. Dem folgend dürfen die Anbauvereinigungen Cannabis und Vermehrungsmaterial nur in neutraler Verpackung mit den entsprechenden Pflichtinformationen in Form eines Beipackzettels weitergeben.

Die Anbauvereinigungen sollen strikt überwacht werden und haben die betreffenden Maßnahmen zu dulden und die Behörden zu unterstützen. Darüber hinaus enthält das CanAnbauG Regelungen zum gewerblichen Anbau von Nutzhanf. Daneben sieht der Entwurf Änderungen zahlreicher Gesetze vor – vom Betäubungsmittelgesetz über das Arzneimittelgesetz und weitere Gesetze bis zum Strafgesetzbuch. Voraussichtlich im Herbst wird der Gesetzentwurf im Bundestag und Bundesrat beraten, bevor er bestenfalls bis Jahresende im Bundestag verabschiedet wird.

Für Säule 2 noch einige Hürden zu nehmen

Derzeit befindet sich der Entwurf in der Anhörung bei Ländern und Verbänden. Laut eigener Angabe des Bundesgesundheitsministeriums ist es geplant, den Gesetzesentwurf nach der Sommerpause in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einzubringen, so dass er im Herbst im Deutschen Bundestag sowie im Bundesrat beraten werden kann. Ein Inkrafttreten ist bereits für Ende 2023 vorgesehen.

Bezüglich der „Säule 2“, also regionalen Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten, teilt das Gesundheitsministerium mit, dass ein Gesetzesentwurf im zweiten Halbjahr 2023 vorliegen soll, der sodann zunächst der EU-Kommission zur Prüfung vorgelegt werden soll. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen dieser Entwurf im folgenden Gesetzgebungsprozess noch erfahren wird. Insbesondere aus den Reihen der unionsgeführten Bundesländer sind kritische Stimmen zu vernehmen.

Mann auf Hanfpflanzenfeld mit Pflanze in der Hand
Erlaubt werden soll mit Säule 1 unter anderem der Eigenanbau in dafür vorgesehenen Vereinigungen. (Bild: nik0.0kin – stock.adobe.com)

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