
In ihrem European Pharmaceutical Outlook 2020 erwartet die Ratingagentur Scopes stabiles Wachstum für die Pharmaindustrie. (Bild: BerlinStock/fotolia)
Als wichtigen Faktor nennt Scope Ratings im European Pharmaceutical Outlook 2020 das „patent cliff“, das Auslaufen von Patenten bei Blockbuster-Medikamenten. Die dadurch sinkenden Umsätze abzufedern ist eine Herausforderung für viele Pharmakonzerne. Allerdings zeigen Maßnahmen wie strategische Übernahmen offenbar Wirkung: Scope sieht ein sinkendes Risiko. „Das Risikoumfeld wird im wesentlichen günstiger für den Bereich“, sagt Olaf Tölke, Leiter des Bereichs Unternehmen bei Scope Ratings.
Erfolgreiche F&E ist Voraussetzung
Prognosen des Forschungsunternehmens Evaluatepharma zufolge soll der Pharmasektor im Zeitraum von 2019 bis 2024 durchschnittlich ein Wachstum von 6,9 % pro Jahr erreichen. Das Risiko hängt dabei davon ab, wie erfolgreich die Pharmaunternehmen ihre Umsatzrückgänge durch auslaufende Patente ausgleichen können, sei es durch Übernahmen oder durch eigene Neuentwicklungen. „Das „patent cliff“ ist in den letzten 10 Jahren durch einen konzertierten Innovationsschub in der Branche und durch sinkende wirtschaftliche Kosten bei auslaufenden Patenten weniger steil geworden“, so Tölke. Er schränkt jedoch ein, dass die Pharmaunternehmen dazu ihre erfolgreichen F&E-Strategien aufrechterhalten müssen.
Was sind Orphan Drugs?
Orphan Drugs, wörtlich „verwaiste Medikamente“, sind Wirkstoffe gegen seltene Krankheiten. Da aufgrund der relativ niedrigen Patientenzahlen für die Pharmafirmen nur geringe Umsätze mit solchen Medikamenten zu erwarten sind und die Entwicklung damit unwirtschaftlich wäre, haben die Zulassungsbehörden besodnere Anreize geschaffen. So sind bei Orphan Drugs beispielsweise schnellere Zulassungsverfahren, geringere Gebühren und exklusive Vermarktung möglich.
Als Beispiele für echte Innovationen in vielversprechenden Therapiebereichen nennt Scope die Akquisition von Schering Plough und damit dem Blockbuster Keytruda durch Merck&Co im Bereich der Immunonkologie oder die Medikamente Kymriah (Novartis) und Yescarta (Gilead) bei Zelltherapien. Auch Gentherapien wie Zolgensma von Novartis oder Luxturna von der kürzlich durch Roche übernommenen US-Firma Spark Therapeutics sind zukunftsweisende Beispiele. Hinzu kommt das wichtige Wachstumssegment der Orphan Drugs, Medikamenten gegen seltene Krankheiten: Umsätze in diesem Marktbereich stiegen 2018 um 11 % und sollen von 2019 bis 2024 jährlich um 12 % zulegen.
Biologika senken Risiken
Der wachsende Trend zu biologischen Medikamenten wie Antikörpern senkt Scope zufolge ebenfalls die Risiken durch endenden Patentschutz, da diese Biologika nicht so leicht durch generische Produkte nachzubilden sind. Auch bei den existierenden solcher Biosimilars – ebenfalls ein Wachstumsmarkt – seien Patienten und Ärzte oft trotz deutlich geringerer Preise weniger bereit, diese wegen wahrgenommener Risiken einzusetzen, insbesondere bei lebensbedrohlichen Krankheiten. „Das Ergebnis ist, dass der Verlust des Patentschutzes einer geringere Bedrohung für den Umsatz ist als früher“, sagt Tölke. Der Bereichsleiter der Ratingagentur sieht außerdem ein geringeres Risiko durch sinkende Preise aufgrund von Gesundheitsreformen in den USA. In Europa dagegen gebe es noch Unsicherheiten bei Konsequenzen des Brexit auf die Lieferketten.
Anhand dieser günstigen Ausgangslage für die Kreditaussichten der Pharmaindustrie wird die Finanzstrategie der Konzerne weitgehend deren Risikoprofil für die Ratingagentur bestimmen. „Beim Rückzahlen von Geld an die Anteilseigner werden US-Pharmafirmen werden weiterhin einen aggressiveren Ansatz verfolgen als ihre europäischen Wettbewerber“, prognostiziert Tölke. (ak)
Die 7 größten Pharmaunternehmen der Welt

In dieser Bildergalerie finden Sie eine Liste der weltweit größten Pharmahersteller nach Umsatz 2019. Für die Platzierungen wurde jeweils der Umsatz des gesamten Unternehmens berücksichtigt.
Quelle: Handelsblatt; Bild: Evgeny Rannev – Fotolia

Platz 7 geht an GlaxoSmithKline. Das britische Unternehmen, welches sich vorrangig auf die Produktion von Medikamenten gegen Asthma, HIV/Aids, Malaria, Depression, Migräne, Diabetes und Krebs konzentriert, konnte im Geschäftsjahr 2018 einen Umsatz von 38,9 Mrd. US-D erwirtschaften.
Bild: Glaxosmithkline

Die Top 7 knapp verpasst haben in diesem Jahr der Pharmakonzern Glaxo Smith Kline (2019: 43,92 Mrd. USD Umsatz) und der französische Hersteller Sanofi (39 Mrd. USD). Im Vorjahr erreichten diese die Plätze 7 un 6, und es ist vor allem zwei Neuzugängen in der Top 7-Liste geschuldet, dass diese nun noch die Plätze 9 und 8 (GSK) erreichen.
Bild: Sanofi

Platz 7 geht an das forschungsorientierte Pharmaunternehmen Merck & Co. Die US-Amerikaner konnten 2019 den Umsatz von 42,3 Mrd. USD auf 46,8 Mrd. USD steigern. Das Produktprogramm von Merck umfasst Arzneimittel, Impfstoffe und Biologika zur Bekämpfung von Krebs, kardiovaskulären Erkrankungen, Alzheimer und Infektions-krankheiten wie HIV und Ebola sowie Präparate für die Tiergesundheit.
Bild: MSD

Mit einem Umsatz von 47,5 Mrd. USD fiel Novartis in 2019 von Platz 4 auf Platz 6 zurück. Der Umsatz sank in 2019 gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Mrd. USD. Das schweizerische Unternehmen erforscht, entwickelt und vertreibt Produkte zur Krankheitsbehandlung und Prophylaxe von Atemwegs- und Augenerkrankungen, Infektionskrankheiten, Onkologie und Hämatologie, Neurologie sowie Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen.
Bild: Novartis

Runter vom Treppchen auf Platz 4 landete in 2019 der US-Konzern Pfizer. Das Unternehmen erzielte einen Umsatz von 51,75 Mrd. USD. Pfizer konzentriert sich primär auf die Entwicklung und Produktion von verschreibungspflichtigen Medikamenten gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, Rheuma und Schmerzen, Infektionen und HIV-Erkrankungen, urogenitale Erkrankungen, Atemwegsbeschwerden, Augen- und Stoffwechselleiden sowie Krebserkrankungen. Bis zum Verkauf der Baby-nahrungssparte 2012 war Pfizer das größte Pharmaunternehmen der Welt.
Bild: Pfizer

Auf Platz 2, mit einem Umsatz von 63,9 Mrd. USD (+ 7 Mrd.), steht die F. Hoffmann - La Roche AG. Das schweizerische Healthcare-Unternehmen engagiert sich aktiv für die Erforschung, Entwicklung und den Vertrieb neuartiger Gesundheitslösungen. Dabei ist Roche der welt-weit führende Anbieter von In-vitro-Diagnostika, von Arzneimitteln gegen Krebs und für die Transplantationsmedizin.
Bild: Roche

Platz 1 geht wieder einmal an das US-amerikanische Unternehmen Johnson & Johnson. Die US-Amerikaner konnten 2019 einen Umsatz von 82,06 Mrd. USD erwirtschaften. Johnson & Johnson fertigt und vertreibt Gesundheitsprodukte und Pharmazeutika und gehört hier weltweit zu den größten Anbietern im Markt. Zum Portfolio gehören sowohl verschreibungspflichtige wie auch frei erhältliche Präparate, darunter Wirkstoffe gegen Pilz-infektionen, Wundsalben, Kosmetika, Augentropfen, Schmerzmittel und Kontaktlinsen.
Bild: Johnson&Johnson
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