Symboldbild zu den Herausforderungen der Lohnherstellung 2024, nach der Pandemie: Marktumwälzungen nach gestiegenem und nun sinkenden Kapazitätsbedarf, Finanzierungsprobleme, Fachkräftemangel und neue Fertigungsprozesse.

(Bild: Dall-E3 / OpenAI)

Der Bereich der Auftragsentwicklung und -herstellung (CDMO) hat während der Covid-19-Pandemie einen Höhenflug erlebt, als der Bedarf an Produktionskapazitäten für Impfstoffe, Desinfektionsmittel, Schnelltests und ähnliches medizinisches Material schlagartig in die Höhe schoss. Auch nach der Pandemie bleibt die Lohnherstellung ein wichtiger Markt, unter anderem getrieben durch die anhaltenden Fortschritte im Bereich der Biopharmazie. So sieht das Analyseunternehmen Evaluate den CDMO-Markt bis 2028 als einen der Wachstumstreiber im gesamten Pharmasektor, da Lohnhersteller zunehmend wichtige Partner für Pharmaunternehmen werden, die komplexe Therapeutika produzieren wollen: CDMO verfügen über die notwendige Flexibilität, um auch anspruchsvolle Wirkstoffe und Therapeutika in oft kleinen Mengen wirtschaftlich zu produzieren.

Aufgeschlossenheit, Beziehungen und neuartige Produktion

Für das Jahr 2024 fasst der Branchendienst Fiercepharma anhand einer Expertendiskussion im Rahmen eines Evaluate-Webinars drei Faktoren zusammen, mit denen CDMO ihr eigenes Wachstum antreiben können: Aufgeschlossenheit gegenüber fortschrittlichen Therapeutika, vertrauensvolle Beziehungen zu Partnern, und das Drängen auf neuartige Produktionsansätze bei Regulierungsbehörden. Onkologie ist dabei der am schnellsten wachsende Markt für Vertragsproduktion, während injizierbare Arzneimittel die größten Umsätze versprechen, gefolgt von oralen Medikamenten.

Allerdings hat die CDMO-Branche in den letzten Jahren auch mit denselben Herausforderungen zu tun gehabt, die die Biopharmazie allgemein bewegt haben. Nach der COVID-19-Pandemie stieg das Interesse von Risikokapitalgebern an kleinen und mittelgroßen Biotech-Unternehmen, die sich auf innovative Technologien konzentrieren. Im Verlauf von 2022 und 2023 ist jedoch ein Großteil dieser Finanzierung versiegt. Dies bekamen auch die Lohnhersteller zu spüren, die einen Anteil der Prozessentwicklung und Produktion dieser Biotech-Unternehmen bereitstellten.

Durch die veränderte Finanzierungssituation hat sich auch die Zusammenarbeit zwischen CDMO und Pharmaunternehmen verändert. Meilensteine in der Wirkstoffentwicklung haben eine größere Bedeutung für die Finanzierung, und eine frühzeitige Einbindung von CDMOs in den Entwicklungsprozess kann den Biopharma-Entwicklern die Finanzierung erleichtern. Einige Unternehmen haben während des steigenden Kapazitätsbedarfs auch viel Geld in eigene Produktionsstätten investiert. Diese werden nun jedoch in vielen Fällen wieder verkauft, oder in eigens gegründete CDMO ausgelagert. Auch dies trägt derzeit zum Wachstum des CDMO-Marktes bei. Viele der kleineren CDMO verfolgen dabei nicht die Produktion im kommerziellen Maßstab, sondern konzentrieren sich auf klinische Projekte.

Neben den Finanzierung ist die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften eine große Herausforderung für die Branche. Ein vermehrtes Engagement von CDMOs mit Universitäten und Fachhochschulen ist dabei von Vorteil. Der Foschungs- und Analytik-Dienstleister Charles River hat im Ringen um Fachkräfte seine Anforderungen an akademische Abschlüsse gesenkt: Bis vor Kurzem forderte das Unternehmen als Einstellungsvoraussetzung generell einen Abschluss nach mindestens 4-jährigem Studium, etwa das Äquivalent eines Master-Studienganges. Für viele Tätigkeiten im Unternehmen gilt nun jedoch auch ein Abschluss nach bereits zwei bis drei Jahren, also in etwa ein Bachelor-Studium, als ausreichend. Die Zahl der möglichen Bewerber vervielfacht sich damit.

Tech-Transfer als Erfolgsfaktor

Die Analysten empfehlen den Lohnherstellern außerdem, frühzeitige und umfassende Technologietransfers mit ihren Pharma-Partnern anzustreben, um einen Wettbewerbsvorteil im Jahr 2024 zu erlangen. So hat beispielsweise Pfizer Centre One seinen Bereich für Entwicklungsdienstleistungen erweitert, um schon frühere Entwicklungsphasen für die Zusammenarbeit mit Partnern attraktiver zu machen. Im großen Maßstab zugeschlagen hat die Novo Holdings, der Mutterkonzern des Pharmaunternehmens Novo Nordisk: Mit dem Kauf des Lohnherstellers Catalent für insgesamt 16,5 Mrd. US-Dollar hat sich Novo zusätzliche Kapazitäten für seinen Blockbuster Wegovy nicht nur gesichert, sondern gleich ins eigene Haus geholt.

Während es für Auftragshersteller auch 2024 am lukrativsten sein dürfte, Projekte in den kommerziellen Maßstab zu überführen, ist dies gerade bei einigen Trends besonders schwierig. So sind die Produktionsbedingungen im Bereich der Zell- und Gentherapien in der Regel hochspezialisiert und herausfordernd. Um sich auch in diesen Bereichen weiterentwickeln zu können, empfahlen die im Evaluate-Webinar versammelten Experten den Unternehmen, auch innovative Produktionsanätze zu verfolgen, und sich gleichzeitig bei den Zulassungsbehörden für deren Anerkennung stark zu machen. Als Beispiel nannten sie die dezentrale Produktion an vielen kleineren Produktionsstätten, die geografisch verteilt und näher an der Patientennachfrage positioniert sind. Um das volle Potenzial der Lohnherstellung zu entfalten, sei dabei die enge Zusammenarbeit und Kommunikation mit den regulierenden Behörden unerlässlich.

Das dies funktionieren kann, hat beispielsweise der Schweizer Lohnhersteller Lonza gezeigt. Zwar musste das Unternehmen zwei relativ junge Standorte in China und Kalifornien schließen, weil deren Kapazitäten schlicht nicht mehr ausgelastet werden konnten. Mit solchen Anpassungen an den Markt hat das Unternehmen mit einem Umsatzwachstum von fast 11 % für 2023 ein besseres Ergebnis erzielt als dieses herausfordernde Jahr erwarten ließ. Seine langfristige Prognose bis 2028 konnte Lonza trotz der derzeitigen Marktlage im CDMO-Bereich bestätigen.

Und eine völlige Ausnahme gegen den Trend bringt der koreanische CDMO Samsung Biologics ins Spiel, der beim Umsatz ein Rekord-Wachstum von 23 % hinlegte. Solche Zahlen sind in der Branche derzeit alles andere als selbstverständlich. Allerdings geben sie die Hoffnung, dass eine Trendwende möglich ist.

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