Gebäude

(Bild: B.Ernst, Hoffmann-La Roche)

Die konkrete Anforderung an den sogenannten Bau 98 war dabei von Anfang an, über bereits bestehende Technologien und -designs hinauszudenken. „Die Aufforderung war, Lösungen zu konzipieren, welche heute noch gar nicht vorhanden sind,“ erklärt Horst Kellermann, Senior Project Manager bei Pharmaplan. Das In-Vivo-Gebäude sollte einen besonderen Akzent setzen und insbesondere eine flexible und kreative Forschungsarbeit ermöglichen. Dass man Pharmaplan mit der Generalplanung dieses Projektes betreute, hing auch damit zusammen, dass das Schweizer Pharma-Engineering-Unternehmen alle erfolgskritischen Kernbereiche des Projekts abdecken konnte, vom Projektmanagement über Labordesign, Automation und Gebäude- sowie Anlagentechnik bis hin zur Bauleitung.

Bauhöhe und -breite als Herausforderung

Mit einem vorab definierten Baufenster, einer maximalen Bauhöhe und -breite und den individuellen Anforderungen verschiedener Nutzer gab es dabei im Bereich Gebäude-Design einen begrenzten Spielraum. In diesem Zusammenhang spielte der «Build as planned»-Ansatz eine herausragende Rolle: Der Platz für die Medienverteilung in der Zwischendecke war mit 60 cm so gering, dass man sich exakt an die Vorgaben des Building-Intelligence-Models (BIM) halten musste.

Während der Bauphase hat der Generalplaner das Construction Management intensiv unterstützt, besonders die Bereiche Anlagentechnik, Prozess-Equipment und Labore. Außerdem begleitete er, neben der Koordination der Lieferanten, Handwerksfirmen und Dienstleister, die individuelle Laborplanung und die Umsetzung der Gebäudeautomation.

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Hoher Standard für Arbeitsschutz

B.Ernst, Hoffmann-La Roche Labor
In den Laboren können Mitarbeitende in der Regel ohne Atemschutzausrüstung arbeiten. (Bild: B.Ernst, Hoffmann-La Roche)

Auch im Bereich (Arbeits-)Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz sollte das Gebäude beispielgebend werden. Der Kontakt mit erhöhter Allergenkonzentrationen der Labormitarbeitenden bei Ihrer Arbeit ist ein anhaltendes Problem, welchem man sich in der Planung der In-vivo-Labore mit besonderer Hingabe widmet. So ließ man gemeinsam mit den Laborplanungsspezialisten und den Fachplanern für Lüftung umfassende Strömungssimulationen und Versuche mit Spezialequipment durchführen, wodurch eine spezielle Luftführung zur Verringerung der Allergenkonzentration in den Räumen erreicht wurde.

Aufgrund der eingesetzten modernen Labortechnik ließ sich die Allergenkonzentration so stark reduzieren, dass Labormitarbeitende, im Regelfall, ohne Atemschutzausrüstung arbeiten können. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, wie hier für eine sichere und angenehme Arbeitsumgebung für Laborarbeiten im Zusammenhang mit In-Vivo-Versuchen gesorgt wurde.

Während bisher Tierlabore häufig in Innenbereichen oder gar in Untergeschossen angeordnet wurden, bietet Bau 98 durch einen hohen Tageslichteinfall eine verbesserte Arbeitsatmosphäre. Dieses tageslichtdominierte Ambiente zur Erfüllung aktueller Arbeitsplatzanforderungen für den Menschen bei gleichzeitiger Einhaltung der Tierschutzanforderungen mit dem regulatorisch geforderten Zwölf-Stunden-Hell-Dunkel-Zyklus, war eine besondere Herausforderung. Dazu wurden im Vorfeld Tests mit verschiedenen Rotlichtfolien durchgeführt. Nun ermöglicht die Rotlichtfolie, welche an den Glasfronten der Laborwände angebracht wurde, einen Außenbezug für Mitarbeitende, ohne dass Tageslicht die Versuche negativ beeinflusst. Auch die vier Untergeschosse ohne Tageslicht bieten durch die besondere Architektur, mit einem Reinraumwandsystem aus Glas und dem Einsatz integrierter indirekter Lichtquellen, sowie modernen Möbeln, eine angenehme Arbeitsumgebung.

Automatisiert und modular aufgebaut

B.Ernst, Hoffmann-La Roche Automatisierung
Teil des Projekts ist eine weitreichende Automatisierung der Logistik im Gebäude. (Bild: B.Ernst, Hoffmann-La Roche)

Gewünscht war vom Auftraggeber zudem eine weitreichende Automatisierung der Logistik im Gebäude. Das Automationsteam unter Leitung des Generalplaners ist dabei speziell auf das Käfighandling eingegangen, welches durch die sehr engen Platzverhältnisse eine weitere Herausforderung barg: Die Flure mussten ausreichenden Raum bieten, damit Personal und Material gleichzeitig verkehren können. Daraus resultierte die Anforderung, die Automated Guided Vehicles (AGV) personensicher zu gestalten. Es wurde ein AGV-System konzipiert welches einen kleineren Footprint besitzt, als die von ihm zu transportierenden Gegenstände. Somit verschwindet das AGV im Einsatz vollends unter den verschiedenen Trolleys. Der Universal-Trolley im Sonderdesign bietet Platz um fünf verschiedene Käfigtypen, bestehend aus jeweils vier bis sechs verschiedenen Teilen, transportieren zu können. Insgesamt besorgen AGVs die vollständig automatisierten Tierversorgungsprozesse (Käfig, Wasser, Flaschen) im gesamten Gebäude ausserhalb der Versuchs- und Haltungsräume, auch über Lifte. Vier Roboter mit je sieben Achsen führen das mechanische Handling der Käfigelemente aus. Und: 155 speziell für die Arbeit mit Robotern und dem Transport mittels AGVs entworfene Wasch- und Transportwagen sind im Einsatz.

Alle im Gebäude verbauten Elemente wurden auf komplexe und doch nutzerfreundliche Art miteinander verbunden, in Abhängigkeit voneinander vernetzt und aufeinander abgestimmt. Die Schnittstellen der Anlagen stellen eine intelligente Materialführung und -handhabung dar. Alleine das AGV-System besitzt Schnittstellen zu Türen, dem Lift, den Autoklaven, zur VHP-Dekontaminationskammer, den Robotern, zur Waschanlage und letztendlich zu den Sicherheitsscannern und -lasern, sowie allen anderen AGVs.

Um die hohen Anforderungen an Flexibiltät zu erfüllen, hat das Laborplanungsteam von Hoffmann-La Roche und dem Generalplaner modular aufgebaute Laborräume entworfen, die als Raummodule in einem Raster funktionieren. Mit den flexiblen Wänden lassen sie sich gleichermaßen als Versuchs- oder als Haltungsräume nutzen. Bei einer Standardbreite von 3,6 m lassen sich bis zu vier Module zu einem Raum kombinieren. Wo erforderlich, können Vorräume abgetrennt werden. Der modulare Laborbau, mit der variablen Raumaufteilung, ist aufgrund des Einsatzes der flexiblen Reinraumwände in dieser Größenordnung und der geforderten Dichtigkeit für die VHP-Begasung neuartig. Die eigens für den Bau 98 massgefertigten Labormöbel erfüllen hohe ergonomische Anforderungen und fügen sich damit in das Gesamtkonzept ein.
Das modulare Laborkonzept sorgt dafür, dass sich ganze Labore innerhalb von nur zwei Wochen individuell umbauen lassen.

Die Anforderung war, Lösungen zu konzipieren, welche heute noch gar nicht vorhanden sind. Im Falle des Bau 98 gab es insgesamt 12 Nutzergruppen. Die komplexen Funktionalitäten und die hohe Anzahl der gewünschten Laborarbeitsplätze der verschiedenen Nutzergruppen in einem Konzept zu vereinen, war eine der grossen Herausforderungen des Projekts. Das bestätigt Horst Kellermann, Specialist Biotech & Lab bei Pharmaplan, Teilprojektleiter Labor und Vivarium im Projekt B098. Solche Innovationen und die erfolgreiche Zusammenarbeit der Projektpartner haben schließlich dafür gesorgt, dass das In-vivo Research Projekt von der ISPE mit dem FOYA-Award der Kategorie „Equipment Innovation“ ausgezeichnet wurde.

Entscheider-Facts

  • Bei den „Facility of the Year Awards“ der ISPE ging 2020 der Preis in der Kategorie „Equipment Innovation“ an ein neues In-Vivo-Gebäude von Roche in Basel.
  • Beim Bau wurde von den Projektpartnern um Generalplaner Pharmaplan auf einen hohen Standard beim Arbeitsschutz sowie einen hohen Automatisierungsgrad Wert gelegt.

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