
Produktionsraum in der neuen Solida-1-Fabrik von Bayer im Chempark Leverkusen. (Bild: Bayer AG)
Entscheider-Facts
- Solida-1 ermöglicht durch modulare Architektur und Automation eine flexible und schnelle Produktion.
- KI und Datenanalysen optimieren Abläufe und beschleunigen die Markteinführung neuer Medikamente.
- Eine Geothermie-Anlage senkt den CO2-Ausstoß um 70 % und macht die Produktion nachhaltiger.
Gemessen an Superlativen in der Pharmaproduktion ist der Pharmariese Bayer immer wieder für Schlagzeilen gut. Jüngster Coup: Die nach eigenen Angaben „modernste Tablettenfabrik der Welt“. Zumindest eine der neuesten – denn Solida-1 wird aktuell im Chempark Leverkusen in Betrieb genommen und validiert. Obwohl die Anlage bereits fertiggestellt ist, wird es wahrscheinlich bis 2026 dauern, bis auch die Betriebsgenehmigung vorliegt. Bis dahin durchläuft die Anlage, die seit 2018 geplant und seit 2021 gebaut wird, umfangreiche Tests und Validierungen. Die Zeitspanne mag lang erscheinen, doch Bayer ist zuversichtlich, dass sich die rund 300 Mio. Euro schwere Investition rechnen wird. Denn Solida-1 setzt in Sachen Produktivität neue Maßstäbe: Vom pulverförmigen Rohstoff bis zur lackierten Tablette sollen lediglich 30 Stunden vergehen – rekordverdächtig! Und: Die Anlage soll künftig jährlich bis zu 1,2 Mrd. Tabletten produzieren.
Die Investition im „Kölner“ Teil des Chemparks ist ein zentraler Bestandteil der langfristigen Strategie von Bayer, neue Medikamente mithilfe innovativer Methoden herzustellen: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Effizienz stehen im Fokus des Projekts. Als „lernende Fabrik“ soll Solida-1 ab 2026 Medikamente gegen Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen herstellen. Automatisierung und Künstliche Intelligenz spielen dabei eine entscheidende Rolle – sie sollen dazu genutzt werden, um Forschungsergebnisse schneller in Produkte zu überführen und die Anlage kontinuierlich zu optimieren.
Für Bayer ist Solida-1 ist ein strategisch wichtiger Baustein: Die Anlage fungiert künftig als Zentrum für die Entwicklung und den Einsatz neuer Technologien. So soll sie als Vorbild für zukünftige Produktionsstätten dienen und dazu beitragen, die gesamte Pharmaproduktion von Bayer effizienter und flexibler zu gestalten.
Exklusiver Einblick: Werksbesichtigung von Solida-1 am 19. und 20. Februar 2025

Erleben Sie die Zukunft der Arzneimittelproduktion hautnah! Im Rahmen des Expertenforums Containment haben Sie die Möglichkeit, die hochmoderne Produktionsanlage Solida-1 der Bayer AG in Leverkusen zu besichtigen. Diese "lernende Fabrik" setzt Maßstäbe in Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Effizienz und wird als globales Kompetenzzentrum für feste Arzneiformen eine zentrale Rolle spielen.
Highlights der Besichtigung:
- Einblick in die vollautomatisierte Produktionslinie.
- Demonstration des modularen "Ballroom"-Konzepts zur flexiblen Fertigung.
- Vorstellung innovativer Containment-Lösungen und KI-gestützter Prozesssteuerung.
Jetzt Platz sichern: Nutzen Sie diese einzigartige Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen einer der modernsten Arzneimittelproduktionsanlagen der Welt zu werfen und registrieren Sie sich für das Expertenforum Containment!
Vom Spine zum Ballroom: Modularer Aufbau sorgt für Flexibilität

Im Kern besteht Solida-1 aus einem eingeschossigen, modularen Gebäude mit einer Grundfläche von 15.000 Quadratmetern. Die Anlage besteht aus einem zentralen Spine-Modul, das Material- und Medienflüsse steuert und das die Grundlage für zukünftige Erweiterungen bildet. An dieses sind mehrere Funktionsmodule angeschlossen. Die Automated Modular Formulation Line (Modul D AMF) ist eine vollautomatisierte Produktionslinie, die mithilfe verschiedener Technologien wie Wirbelschichtverfahren, Walzenkompaktierung und Coating eine präzise und flexible Tablettenherstellung ermöglicht. Ergänzt wird das System durch das Modul F „Utilities“, das die zentrale Versorgung mit Energie, Wasser und Dampf sicherstellt, sowie das Modul G „Warehouse“, ein Hochregallager mit spezialisierten Wiegebereichen für verschiedene Wirkstoffe. Das Modul H „Service“ bietet Labore, Umkleiden und Büroräume und stellt eine optimierte Arbeitsumgebung zur Verfügung. Diese modulare Architektur ermöglicht eine einfache Erweiterung und Anpassung. Produktionsmodule können bei Bedarf abgetrennt und umgebaut werden, ohne den Betrieb der übrigen Anlage zu beeinträchtigen.
Anstelle separater Produktionsräume sind alle Maschinen für die Herstellung eines Produkts in einem einzigen Reinraum untergebracht (Ballroom-Konzept). Dadurch wird das Risiko von Kreuzkontaminationen minimiert und die Produktion bleibt effizient und flexibel. Lediglich der Coater, der die Tabletten am Ende des Prozesses mit einer Schutzschicht überzieht, ist separat untergebracht.
Die gesamte Produktion ist hoch automatisiert. Selbstfahrende Fahrzeuge transportieren Rohstoffe zu den Maschinen, die Prozessparameter wie Presskraft oder Qualität in Echtzeit überwachen und anpassen. Die Software SIPAT von Siemens analysiert Datenströme kontinuierlich, um manuelle Eingriffe zu reduzieren und die Produktionszeit zu verkürzen.
Wegweisend ist auch das nachhaltige Konzept zur Wärmeversorgung: Solida-1 wird hauptsächlich durch eine Geothermie-Anlage betrieben, die den CO2-Ausstoß um 70 % im Vergleich zu herkömmlichen Fabriken senkt. Weitere Energieeinsparungen werden durch eine intelligente Gebäudetechnik erzielt, die Wärme und Kälte bedarfsgerecht regelt.
Lernende Fabrik – Daten als Schlüssel zur Effizienz
Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle bei Solida-1. Sensoren sammeln fortlaufend Daten aus allen Bereichen der Produktion, von den Rohstoffen über die Maschinen bis hin zu den fertigen Produkten. Diese werden in einem Data Lake gespeichert. Algorithmen und KI analysieren diese enormen Datenmengen, um Muster, Trends und Abweichungen zu erkennen. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um Produktionsparameter anzupassen, Abläufe zu verbessern und mögliche Probleme vorherzusagen. Das System lernt ständig dazu und verbessert seine Vorhersagegenauigkeit im Laufe der Zeit.
Der hohe Automatisierungsgrad hat zur Folge, dass der 5-Schicht-Betrieb künftig von lediglich rund 100 Mitarbeitern bewerkstelligt werden kann. Diese sind durch die Anlagentechnik und Automation von Routineaufgaben entlastet. Doch neue Arbeitsweisen und komplexe Aufgaben erfordern nicht nur umfangreiche sondern auch neue Qualifikationen.
Glatt und Siemens als wichtige Projektpartner
Die enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern wie Glatt und Siemens war entscheidend für den Erfolg des Projekts. Glatt war als Systemintegrator für die Planung, Lieferung und Inbetriebnahme der Prozessausrüstungen verantwortlich. Besonders erwähnenswert ist die Entwicklung der Automated Modular Formulation Line (AMF), die eine vollständig integrierte und automatisierte Produktion ermöglicht. Siemens steuerte wesentliche Elemente der Prozess- und Gebäudeautomation bei, um maximale Effizienz sicherzustellen.
Trotz Herausforderungen durch die Pandemie und geopolitische Ereignisse konnte das Projektteam durch sorgfältige Planung und den Einsatz digitaler Technologien den Zeitplan einhalten. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Reinraumbedingungen während der Bauphase aufrechtzuerhalten.
Fazit
Als lernende Fabrik ist Solida-1 nicht nur ein Aushängeschild für Bayer, sondern auch wegweisend für die Zukunft der Pharmaproduktion. Die flexible modulare Architektur ermöglicht es, zukünftige Entwicklungen schnell umzusetzen. So können neue Medikamente künftig deutlich schneller auf den Markt gebracht werden – und das umweltfreundlicher und effizienter, als je zuvor.