Isolatoren sind ein wichtiges Hilfsmittel für das Containment in klassischer und biologischer Produktion. Persönliche Schutzausrüstung dagegen gilt in beiden Bereichen als potenzielle Fehlerquelle.

Isolatoren sind ein wichtiges Hilfsmittel für das Containment in klassischer und biologischer Produktion. Persönliche Schutzausrüstung dagegen gilt in beiden Bereichen als potenzielle Fehlerquelle. (Bild: AdobeStock ‒ Chris Ryan/KOTO)

Über die Schnittmenge zwischen den beiden Bereichen diskutierten der Biosicherheitsexperte Daniel Kümin, Senior Trainer und Bioprocess Safety Manager bei Lonza, und Richard Denk, Chairman der ISPE COP Containment und Head of Sales Containment bei Skan, aud der Online-Praxistagung Containment am 22. Oktober 2020. Einen Anlass bietet auch die aktuelle Lage: Die Corona-Pandemie hat deutlich und dramatisch gezeigt, welchen Einfluss auf den Alltag biologische Wirkstoffe haben können. Zwar sind in der Biopharma-Produktion Sicherheitsmaßnahmen gegen biologische Wirkstoffe nicht erst seit Covid-19 etabliert. Denk verzeichnet dennoch einen Anstieg der Nachfragen,
inwiefern sich biologische Wirk- und Inhaltsstoffe beispielsweise über Aerosole verbreiten können.

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Steigender Bedarf nach Biosicherheit

Isolatoren sind ein wichtiges Hilfsmittel für das Containment in klassischer und biologischer Produktion. Persönliche Schutzausrüstung dagegen gilt in beiden Bereichen als potenzielle Fehlerquelle.
Isolatoren sind ein wichtiges Hilfsmittel für das Containment in klassischer und biologischer Produktion. Persönliche Schutzausrüstung dagegen gilt in beiden Bereichen als potenzielle Fehlerquelle.

Chris Ryan/KOTO (Bild: AdobeStock ‒)

Aber auch schon vor Covid-19 ist der Bedarf an Lösungen für die Biosicherheit gestiegen. Das hängt damit zusammen, dass auch immer mehr biologische Verfahren eingesetzt werden: einerseits in der biologischen Produktion, andererseits in neuartigen Therapien. So können beispielsweise manipulierte Viren als Vektoren dienen, um zielgerichtet bestimmte Zellen in einem Tumor anzusteuern. Auch solche Viren gilt es natürlich, von Produktionsmitarbeitern fernzuhalten.

Biosicherheit ist klar definiert: Ähnlich wie im klassischen Containment geht es grundsätzlich darum, Mitarbeiter, Produkte und Umwelt vor biologischen Gefährdungen zu schützen. Das bezieht sich einerseits auf die eingesetzten Mikroorganismen selbst, andererseits auch auf Stoffe wie von Bakterien produzierte Toxine.

Wichtig ist vor allem, betont Kümin, ein Bewusstsein für die Arbeit mit biologischen Stoffen und Zellen zu entwickeln. Dies gilt insbesondere bereits in der Ausbildung und bei Mitarbeitern in der Produktion. Aseptisches Arbeiten ist hier ein Muss. Zwar gehören die in der biopharmazeutischen Produktion eingesetzten Mikroorganismen generell zur Risikoklasse 1, sind also keine Krankheitserreger. Jedoch können sie beispielsweise für Risikopersonen mit eingeschränktem Immunsystem zur Gefahr werden. Auch der Umweltschutz spielt eine große Rolle. Da es sich in der Regel um genetisch veränderte Organismen handelt, dürfen sie nicht in die Umwelt gelangen.

Handlungsbedarf sieht Sicherheits-Manager Kümin grundsätzlich im Bereich der technischen Ausführungsstandards für Produktionslinien unter Biosicherheits-Bedingungen. Zwar gibt es Zielvorgaben, die erreicht werden müssen. Der Weg dorthin ist jedoch weitgehend dem Betreiber überlassen. Dies gibt Betreibern zwar einerseits mehr Handlungsspielraum, wovon insbesondere Forschung und Entwicklung profitieren. Im Produktionsbereich gelten jedoch oft noch zusätzliche und schärfere Vorgaben, die komplizierter zu erfüllen sind.

Über- oder Unterdruck

Hier wären präzisere Anleitungen hilfreich, findet Kümin. Auch sind GMP-Vorgaben relativ eindeutig und strikt (mehr dazu in unserem Übersichtsbeitrag zum Thema GMP), laufen der Biosicherheit allerdings unter Umständen entgegen: Beispielsweise sieht klassisch GMP-konformes Containment die Arbeit in Überdruck-Systemen vor, so dass keine Verunreinigungen in den geschützten Bereich hineingelangen können. Biosicherheit verlangt dagegen, dass keine gefährlichen Stoffe oder Organismen entweichen dürfen, und erfordert daher Unterdruck. Für derartige scheinbare Widersprüche gibt es zwar bereits Lösungen, jedoch keine standardisierten Vorgaben. Schon in der Planungsphase könnte man hier von einheitlichen Standards und Regeln profitieren.

Eine ähnliche Situation kennt Denk noch aus den Anfangszeiten der Containment-Standards. Dort führten allerdings Messungen und Studien beispielsweise zu etablierten Grenzwerten für verschiedene Substanzen. Solche Toleranzen existieren für potenzielle Krankheitserreger nicht, was die Einführung von standardisierten Grenzwerten erschwert. Zudem sind austretende Organismen nicht so einfach und präzise zu messen wie austretende Wirkstoffe, so dass derzeit kaum ausreichende Daten zur Verfügung stehen. Die Lösung ist eine auch in der Praxis umgesetzte Nulltoleranz.

Ein weiterer Punkt ist die Abdichtung von Räumen oder Isolatoren, gerade in Über- oder Unterdrucksituationen. Überprüft werden die hier geltenden Vorgaben derzeit über Druckabfall-Messungen. Die Vorgaben beruhen jedoch gänzlich auf Erfahrungswerten, betont Kümin. In der Biosicherheit gelte darum der Grundsatz „viel hilft viel“, wonach die Räume schlicht so dicht wie möglich zu halten seien. Eine geregelte Grundlage sei dagegen nicht vorhanden. Hier möchte Denk beim Entwickeln solcher Grundlagen aus den Erfahrungen des klassischen Containments schöpfen.

Maßnahmen an den richtigen Stellen

So ist ein Ansatz im klassischen Containment die Bewertung des Risikos in einzelnen Bereichen der Produktion: Erhöhte Vorsicht ist allein in den Bereichen nötig, wo tatsächlich gefährliche Substanzen auftreten und wo folglich Kontaminationen zu vermeiden sind. Damit lässt sich der Einsatz persönlicher Schutzausrüstung minimieren, die ansonsten schnell zur zusätzlichen Fehlerquelle wird. Letztere Erfahrung betätigt Kümin auch aus der Biosicherheit, wo die persönliche Schutzausrüstung aus demselben Grund „die letzte Sicherheitsmaßnahme“ darstellt. Allerdings sieht er auch hier einen Konflikt mit den GMP-Vorgaben, die oft den Produktschutz gegenüber dem Schutz der Mitarbeiter in den Vordergrund rücken.

Grundlage müsse eine sorgfältige Bewertung der Risiken an einzelnen Stellen im Produktionsablauf sein, da sind sich beide Experten einig. Ein darauf basierender, technisch sorgfältig durchdachter und umfassender Produktschutz bietet dann auch bereits einen gewissen Grundschutz für die Mitarbeiter. Über zusätzliche ergänzende Maßnahmen lässt sich dann das verbleibende Risiko auf ein Minimum reduzieren. Voraussetzung ist außerdem, dass die Produktion durch diese Sicherheitsvorkehrungen nicht zu kompliziert und zu teuer wird.

Entscheider-Facts

  • In der klassischen Wirkstoffproduktion unter Containment sind Sicherheitsvorgaben und Grenzwerte nach GMP streng reglementiert. In der biologischen Wirkstoff-Produktion sind solche Regelwerke bislang weniger genau.
  • In der Biopharma-Produktion kommt es mehr darauf an, keine potenziell schädlichen Organismen oder Vektoren entweichen zu lassen. Verglichen mit klassischem Containment nimmt der Personenschutz einen höheren Stellenwert ein als der Produktschutz.
  • Bei der Entwicklung von einheitlichen Standards für die biologische Wirkstoff-Produktion stellen die Erfahrungen aus dem Containment eine wertvolle Hilfe dar.

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