Das bayerische Rechtsgutachten, das Professor Dr. Bernhard Wegener von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erstellt hat, wurde in dieser Woche von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek in München vorgestellt. „Die von der Bundesregierung geplante Cannabis-Legalisierung widerspricht völker- und europarechtlichen Vorgaben“, heißt es in dem mehr als 50-seitigen Papier. „Ich fordere die Bundesregierung daher auf, ihre Pläne zur Zulassung des Anbaus, Handels und des Konsums von Cannabis zu Genusszwecken sofort fallen zu lassen“, erklärte Gesundheitsminister Holetschek.
EU- und UN-Recht betroffen
Konkret geht es bei den Einwänden gegen das Legalisierungsprojekt der Bundesregierung um die Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Drogenbekämpfung. Auch verstoße das Vorhaben gegen Europarecht: „Unzulässig sind danach insbesondere der geplante staatliche oder staatlich lizensierte Handel, Anbau und Verkauf von Cannabis zu anderen als wissenschaftlichen oder medizinischen Zwecken“, heißt es im Gutachten.
Die Legalisierung in Deutschland würde daher ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen, warnte Holetschek. Der Gesundheitsminister lehnt die Cannabis-Legalisierung „wegen der gravierenden gesundheitlichen Risiken dieser Droge“ ab. „Ich kann nicht nachvollziehen, wie eine Freigabe von Cannabis zu ‚Genusszwecken‘ für junge Menschen ab 18 Jahren den Gesundheits- und Jugendschutz verbessern soll“, so Holetschek. Auch der Schwarzmarkt ließe sich durch die Pläne nicht austrocknen.
Strafrechtler aus Nimwegen kommen zu anderem Ergebnis
Zu einem anderen Ergebnis als das bayerische Gutachten kommen dagegen Strafrechtler der Universität Nimwegen. In der noch unveröffentlichten Untersuchung, die dem Fachblatt Legal Herald Tribune vorliegt, beschreiben Prof. Masha Fedorova sowie Prof. Piet Hein van Kempen die Voraussetzungen, unter denen die Einführung eines staatlichen Lizenzsystems für Genusscannabis nach EU-Recht möglich sein könnte. So müsste Deutschland unter anderem Anbau, Vertrieb und Verkauf streng kontrollieren sowie dafür sorgen, dass ein „Cannabis-Tourismus“ aus anderen EU-Staaten unterbunden wäre. Außerdem müsse das eingeführte System zur Suchtprävention beitragen.
Ein größeres Hindernis seien dagegen die bereits im bayerischen Gutachten bemühten UN-Übereinkommen. Diese sehen den Betäubungsmittel-Gebrauch lediglich zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken vor. Die Juristen aus Nimwegen sehen diese Hürde aber als überwindbar, wenn das eingeführte System menschenrechtliche Pflichten wie den Schutz des Rechts auf Gesundheit oder Privatsphäre besser schützen als die bisherige prohibitive Drogenpolitik. "Der Konflikt zwischen den Verpflichtungen aus den internationalen Menschenrechtsabkommen und den internationalen Suchtstoffübereinkommen sollte wohl zugunsten einer Priorisierung der positiven Menschenrechtspflichten auflösbar sein“, zitiert der Legal Herald Tribune aus der Untersuchung.
Das niederländische Gutachten soll in der März-Ausgabe des European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice veröffentlicht werden.
Das bayerische Gutachten ist hier auf der Webseite des bayerischen Gesundheitsministeriums abrufbar.