Für Bayer ist diese Entwicklung ein weiterer Rückschlag in einer Prozessserie, die den Konzern bereits rund 10 Milliarden gekostet hat. In dem konkreten Einzelfall geht es um die Klage von Edwin Hardeman, der 2019 durch ein Gerichtsurteil 25 Mio. US-Dollar Schadenersatz zugesprochen bekommen hatte. Hardeman führt seine Krebserkrankung auf den Wirkstoff Glyphosat zurück; in zahlreichen vergleichbaren Klagen haben US-Gerichte Bayer verantwortlich gemacht, nicht ausreichend über mögliche Gesundheitsrisiken durch das Glyphosat-basierte Unkrautvernichtungsmittel Roundup aufgeklärt zu haben.
Bislang 9,6 Mrd. Dollar für Vergleiche
Insgesamt sind oder waren in den USA über 120.000 Einzelklagen wegen Gesundheitsschäden durch Glyphosat anhängig. Mehr als 90.000 dieser Klagen sind bereits in für Bayer teuren Vergleichen beigelegt, insgesamt zahlte das Unternehmen hierfür bereits 9,6 Mrd. US-Dollar. Nach Teilerfolgen, aber auch gescheiterten Berufungen in verschiedenen Instanzen hatte der Konzern zuletzt Hoffnungen auf ein günstiges Urteil durch den Supreme Court, den höchsten US-amerikanischen Gerichtshof, gehofft. Eine Abweisung der Klage von Hardeman hätte den Weg ebnen können, weitere Vergleiche zu vermeiden sowie die Aussicht auf Berufung in früheren Urteilen zu verbessern. Einen entsprechenden Antrag auf Überprüfung dieses Präzedenzfalles beim Supreme Court hatte Bayer im August 2021 gestellt.
Im Dezember 2021 hatte das oberste US-Gericht angekündigt, eine Position der US-Regierung einzuholen und in die Bewertung aufzunehmen. Dies galt für Bayer zunächst als positives Signal, dass der Antrag Aussichten auf Erfolg hat. Die nun von Generalstaatsanwältin Elizabeth Prelogar für das Justizministerium abgegebene Stellungnahme lässt diesen Eindruck umschlagen: Sie rät gegen eine Abweisung der Hardeman-Klage. Außerdem betont sie, dass auch eine Zulassung des Wirkstoffs durch die US-Umweltbehörde EPA den Hersteller nicht von der Pflicht befreit, ausreichende Warnungen über mögliche Gesundheitsschäden anzubringen. Damit bekräftigt sie die Position der Klägerseite.
Diese möglichen Gesundheitsschäden sind weiterhin umstritten: Während die EPA und auch das deutsche Institut für Risikobewertung den Wirkstoff Glyphosat bei korrektem Einsatz als ungefährlich deklarierten, stuft die WHO-Agentur IARC das Mittel aufgrund der Studienlage als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Auf dieser Streitfrage beruhen die Diskussionen und Klagen um Kennzeichnungen und Warnhinweise, welcher korrekte Einsatz als ungefährlich gelten kann.