Preisanstieg bei Medikamenten, bildlich dargestellt mit nach schräg oben zeigendem Pfeil und einem Stapel Tabletten und Kapseln

(Bild: Denys Kurbatov – Adobe Stock)

Der Preisanstieg im letzten Jahr hatte erhebliche Auswirkungen auf die Produktion, den Handel und die Verbraucher. Die Auswirkungen waren jedoch in den verschiedenen Branchen unterschiedlich, abhängig von den Preissetzungsspielräumen der Unternehmen und der Bereitschaft der Kunden, höhere Preise zu akzeptieren. Einige Branchen konnten die höheren Kosten an ihre Kunden weitergeben, während andere aufgrund regulierter Preise daran gehindert wurden. Die gestiegenen Vorleistungskosten haben zu einer breiten Kostensteigerung geführt, die von den Unternehmen größtenteils an die Abnehmer weitergegeben wurde. Die Wertschöpfung und Margen wurden dadurch stabilisiert oder sogar ausgeweitet. Die Auswirkungen auf die Gewinne variieren jedoch von Branche zu Branche.

Zurückgehende Energiepreise bewirken ein allmähliches Abebben der Teuerung in Deutschland, beobachtet der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA). Die Erzeugerpreise könnten bereits im vierten Quartal dieses Jahres – und damit früher als erwartet – in die Nähe des Vor-Krisenniveaus sinken. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des VFA für seinen monatlichen Bericht „Macroscope Pharma Economic Policy Brief“ im Juli hervor. Wichtigster Treiber dieser Entwicklung sind die rückläufigen Energiepreise. Schnellten diese nach Beginn des russischen Angriffkrieges gegen die Ukraine nach oben, gelang es der Politik erfolgreich alternative Bezugsquellen zu erschließen. Zudem wurden wegen der hohen Preise beträchtliche Mengen Energie eingespart. Da sich die Lage entspannt, gehen nun auch die Produktionskosten zurück.

Vor wenigen Monaten zeigte sich noch ein ganz anderes Bild. „Eine Kostenwelle erreichte nach und nach alle Wirtschaftszweige. Sie machte sich insbesondere in den energieintensiven Branchen bemerkbar. Allerdings konnten die Unternehmen die höheren Kosten rasch und in erheblichem Maß an ihre Abnehmer weitergeben“, sagt Dr. Claus Michelsen, Chefvolkswirt des VFA. „So lagen etwa die Preise energieintensiv produzierter Waren bereits im April 2022 um über ein Drittel höher als ein Jahr zuvor. Das heißt, höhere Bezugspreise beispielsweise für Vorprodukte wurden weitergereicht und bezahlt.“

Herausforderungen durch sinkende Energiepreise

In regulierten Märkten wie der Arzneimittelbranche funktioniert das Weiterreichen der Kosten aufgrund festgelegter Medikamentenpreise jedoch nur bedingt: In der Pharmaindustrie legten die Absatzpreise daher nur um zwei Prozent zu – trotz eines Anstiegs von elf Prozent bei den Vorleistungspreisen. Die pharmazeutische Industrie ist damit in einer doppelt schwierigen Lage, da viele Preise reguliert sind und die höheren Vorleistungskosten nicht an die Kunden weitergegeben werden können. Dies kann zu geringeren Investitionen und einer dauerhaften Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit führen. „Die Investitionsbudgets fallen deutlich geringer aus, da die pharmazeutischen Unternehmen die höheren Kosten selber schultern mussten“, so Michelsen. „Erschwerend kommt hinzu, dass die gesetzlichen Neuregelungen unter anderem mit dem erhöhten Herstellerrabatt die Erträge der Unternehmen erheblich verringern. Die Spielräume, wichtige unternehmerische Weichenstellungen für die Zukunft der Schlüsselindustrie Pharma vorzunehmen, werden damit doppelt erschwert.“

Insgesamt sei eine koordinierte Wirtschafts- und Gesundheitspolitik notwendig, um die Herausforderungen der gesunkenen Energiepreise und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Verbraucher in Deutschland zu bewältigen und Investitionen in die Zukunft zu fördern, fordert der Verband. Höhere Investitionsbereitschaft sei auch erforderlich, um sinkender Produktivität entgegenzuwirken. Schon jetzt liege die Wertschöpfung pro Beschäftigten niedriger als in anderen Ländern, kritisierte der VFA bereits in seinem Bericht im Juni, und der Zuwachs an Produktivität liefe nur noch schleppend. Deutliche Produktivitätszuwächse verzeichnen nur noch wenige Länder, darunter Irland, Südkorea und viele osteuropäische Länder. Deutschland schafft es mittlerweile nur noch ins Mittelfeld, liegt hinter den USA und Frankreich.

Als einen der wichtigsten Faktoren für das nachlassende Produktivitätswachstum in Deutschland identifiziert der Verband eine eher zögerliche Investitionstätigkeit. Maschinen und Anlagen werden vergleichsweise lange genutzt, bevor sie erneuert werden. Die Kostenersparnis werde dadurch aber mit geringerer Produktivität erkauft. Investitionen in moderne Anlagen seien für eine Trendumkehr dringend erforderlich: „Gerade als rohstoffarmes Land muss Deutschland auf eine hohe Produktivität setzen, um im internationalen Standortwettbewerb nicht abgehängt zu werden“, betont Chefvolkswirt Michelsen. „Wegen des demografischen Wandels ist es von besonderer Bedeutung, die vorhandenen Arbeitskräfte effizient einzusetzen. Denn immer mehr Menschen müssen von immer weniger Erwerbstätigen versorgt werden. Dies funktioniert nur mit kräftigen Produktivitätsschüben.“ Diese ließen sich durch bürokratische Entlastungen und gezielte Investitionsförderungen in besonders produktiven Branchen ankurbeln.

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