Mann in weißem Kittel sitzt in Labor an einem Gerät

Oliver Spadiut im neuen Labor an einem Proteinaufreinigungssystem. (Bild: TU Wien)

An der TU Wien wurde ein neues Christian-Doppler-Labor eröffnet, welches sowohl vom Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna (RCV) als auch vom österreichischen Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft unterstützt wird. Dort wird nun daran geforscht, wie sich falsch gefaltete – und damit unbrauchbare – Proteine am effizientesten in die richtige Form bringen lassen.

Was sind Christian-Doppler-Labors?

In Christian-Doppler-Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung betrieben. Sie werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das österreichische Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW).

Warum ist die Proteinfaltung wichtig?

Wenn Proteine für die Pharmabranche künstlich hergestellt werden, gibt es häufig ein Problem: Sie sind zunächst falsch gefaltet. Statt eines funktionsfähigen Proteins entsteht ein sogenanntes Einschlusskörperchen, oder auf Englisch inclusion body, das in mühsamen und teuren Arbeitsschritten erst in die korrekte Form gebracht werden muss. Denn nur in der richtigen Form können die Proteine ihre Wirkung entfalten und die Prozesse in Gang bringen, für die sie ursprünglich hergestellt wurden.

Wie werden Proteine für die Pharmabranche hergestellt?

Proteine bestehen aus Aminosäuren, deren Reihenfolge die DNA vorgibt. Um ein bestimmtes Protein beispielsweise für medizinische Anwendungen herzustellen, werden Mikroorganismen wie das Bakterium Escherichia coli genutzt, deren DNA so verändert wird, dass das gewünschte Protein erzeugt wird.

Das heißt aber noch lange nicht, dass dabei das gewünschte Produkt entsteht: „Es kommt auf die Komplexität und dreidimensionale Struktur des Proteins an“, erklärt Prof. Oliver Spadiut vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien, der Leiter des neuen CD-Labors. „Wenn sich das Protein falsch faltet, entsteht ein Einschlusskörperchen, ein mehr oder weniger funktionsunfähiges Knäuel aus Aminosäuren, das man nicht verwenden kann.“

Was passiert mit falsch gefalteten Proteinen?

Damit aus den Einschlusskörperchen doch noch brauchbare Proteine für die Pharmaindustrie entstehen, müssen die Aminosäureketten umgebaut werden. Dafür werden sie mit Chemikalien zunächst entwirrt – so ähnlich, als würde man einen Wollknäuel zu einem geraden Faden auswickeln. Im nächsten Prozessschritt faltet sich das Protein wieder zusammen und kann seine endgültige, korrekte, medizinisch gewünschte Form einnehmen.

Warum braucht es das neue Labor für die Forschung an Proteinfaltung?

Spaduit erläutert, dass die Technik die Aminosäureketten der Einschlusskörperchen zu entwirren, eine wichtige Rolle in der Pharmaindustrie spielt. „Aber oft ist man hier auf Versuch und Irrtum angewiesen. Man weiß aus Erfahrung, wie man den Prozess steuert, um einigermaßen gute Ergebnisse zu erzielen – aber ein umfassendes, fundamentales Verständnis fehlt noch. Dieser Umstand macht es sehr schwer, den Prozess weiter zu verbessern.“

Das soll sich nun durch das neue CD-Labor ändern: Oliver Spadiut möchte mit seinem Team den Weg vom Einschlusskörperchen zum funktionstüchtigen Protein genau analysieren, am Computer einen digitalen Zwilling dieses Prozesses erstellen und dadurch herausfinden, wie der Prozess optimal gesteuert werden kann.

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