Blick in die Wirbelschicht

Blick in die Wirbelschicht (Bild: Neuhaus Neotec)

  • Bei einer komplexen Endproduktformulierung müssen alle Inhaltsstoffe miteinander harmonieren, ein einheitliches Ganzes bilden und sich unempfindlich gegen äußere Einflüsse wie Oxidation, Feuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung erweisen. Wirbelschicht-Coating ist ein geeignetes Verfahren, um pulverförmige Produkte mit einem vielfältigen Spektrum gewünschter Eigenschaften zu versehen.
  • Ein Beispiel ist die Optmierung der Bioverfügbarkeit für den Wachstumsmarkt der Nahrungsergänzungsmittel, deren Löslichkeit und Stabilität sich sowohl in kontinuierlichen als auch in Batch-Prozessen verbessern lässt.
  • Spezialisierte Anlagen- und Maschinenbauer unterstützen Anwender in Technikumsversuchen bei Entwicklung, Optimierung und Skalierung von Wirbelschicht-Prozessen.
Schematische Darstellung des Funktionsprinzips von Spouted-Bed Coating
Funktionsprinzip des Spouted-Bed Coating (Bild: Neuhaus Neotec)

Um die physikalischen Eigenschaften für den weiteren Verwendungszweck zu optimieren, werden zahlreiche Substanzen durch einen Coatingprozess mit einem Überzug versehen. Dieser Verfahrensschritt lässt sich mithilfe der Wirbelschichttechnologie für alle wirbelfähigen Produkte sehr gut realisieren.

Ein Überzug macht vieles möglich

Bei einer komplexen Endproduktformulierung müssen alle Inhaltsstoffe miteinander harmonieren, ein einheitliches Ganzes bilden und sich unempfindlich gegen äußere Einflüsse, wie beispielsweise Oxidation, Feuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung, erweisen. Häufig ist auch ein spezifisches Verhalten erwünscht – beispielsweise, dass der Wirkstoff erst unter bestimmten Milieubedingungen oder sogar zeitversetzt freigesetzt werden soll. Bei Zusatzstoffen, die einen unerwünschten Geruch oder Geschmack aufweisen, lässt sich das Produkt maskieren. Und aus Marketinggesichtspunkten können die Substanzen auch eingefärbt werden. Bei Inkompatibilitäten jeglicher Art ist der Prozess des Coatings ein geeigneter Verfahrensschritt, um pulverförmige Produktbestandteile, Granulate oder Pellets mit den gewünschten Eigenschaften zu versehen. Das Anwendungsspektrum ist vielfältig und ebenso die verwendeten Verfahrenstechniken.

Coating in der Wirbelschicht

Es gibt unterschiedliche Verfahren, um Partikel mit einer Hüllsubstanz zu versehen. Tabletten oder stückige Produkte im cm-Maßstab werden häufig in sogenannten Trommelcoatern oder Dragiertrommeln beschichtet. Die Wirbelschichttechnologie eignet sich aufgrund des intensiven Wärme- und Stoffaustausches hingegen besonders für alle wirbelfähigen Produkte, da jeder einzelne Partikel sehr exakt mit einer definierten Menge an Coatingmaterial überzogen und gleichzeitig getrocknet wird. Doch was geschieht genau in der Wirbelschicht? Gas – meistens Luft, aber auch Stickstoff etc. – strömt mit einer hohen Geschwindigkeit durch eine Feststoffschüttung und versetzt sie in intensive Bewegung, so dass die Partikel vereinzelt werden. Nun wird das Coatingmaterial über eine Düse fein zerstäubt und benetzt die Oberfläche jedes Partikels sehr gleichmäßig. Schichtweise legt sich die Coatingsubstanz um jeden Partikel.

Großansicht eines mit Wirbelschicht-Coating erzeugten Substrats mit Fett und zusätzlicher Zuckerschicht.
Substrat mit Fett und zusätzlicher Zuckerschicht. (Bild: Neuhaus Neotec)

Je nach qualitativen Anforderungen an ein Coating wird das geeignete Setup für den Wirbelschichtprozess ausgewählt. Dabei wird zwischen Top-Spray- und Bottom-Spray-Konfiguration unterschieden. Im Bottom-Spray ist eine definiertere Bewegung der Partikel und folglich eine exaktere Ummantelung möglich. Beim Top-Spray-Prozess ergibt sich eine sehr gut durchmischende, zufällige Partikelbewegung. Es entsteht eine statistische Gleichmäßigkeit beim Schichtauftrag, die häufig vor allem für Maskierungsanwendungen eine ausreichende Schichtqualität ermöglicht.

Beim sogenannten Spouted-bed-coating durchströmt das Gas das Produktbett, und aufgrund der Behältergeometrie entsteht eine zentrale Strähne. Bodennahe Feststoffpartikel aus dem Ringbereich werden in den Strahl eingesaugt und dann durch das Spray hindurch nach oben gezogen. Da die Produktbewegung sehr gleichmäßig erfolgt, lassen sich mit dem Spouted-bed-Verfahren sehr exakte und homogene Coating- ergebnisse erzielen.

Überzugsmaterialien erfüllen eine Funktion

Wie der Begriff schon sagt, handelt es sich beim Coating um die Umhüllung oder Ummantelung eines Kernsubstrates. Idealerweise erfolgt diese Ummantelung vollständig und gleichmäßig über die gesamte Oberfläche des zu beschichtenden Partikels. Abhängig von der zu erfüllenden Funktion des „Mantels“ – schützen, maskieren oder kontrolliert freisetzen – wird das Überzugsmaterial ausgewählt. Die verwendeten Hüllsubstanzen bestehen meist aus feststoffhaltigen Flüssigkeiten, die die Oberfläche der Partikel benetzen und einen dichten Film ausbilden. Zum Einsatz kommen wasser- oder lösemittelbasierte Überzüge sowie Wachse oder Fette.

Bei den in der pharmazeutischen Industrie eingesetzten Coatingmaterialien handelt es sich oftmals um Polymere. Einige Polymere haben den Vorteil, dass sie in einem niedrigen pH-Bereich stabil bleiben und sich erst in einem neutralen pH-Milieu auflösen. Dadurch lässt sich ein magensaftresistentes Coating herstellen, so dass der Wirkstoff erst im Darm freigesetzt wird. Auf den Einsatz von alkoholischen Lösemitteln beim Coating wird mittlerweile weitgehend verzichtet – auch, weil der technische Aufwand für Abluftreinigung und Sicherheitsmaßnamen relativ hoch ist. Dennoch gibt es einige Anwendungen, bei denen Lösemittel nicht vermieden werden können. Zum Teil lassen sich lösemittelbasierte Überzüge durch die Verwendung von Schmelzen ersetzen.

Insbesondere in der Lebensmittelindustrie werden häufig sogenannteSchmelzencoatings verwendet, beispielsweise für Süßwaren, Gewürze, Fleischerzeugnisse und Backwaren. Ein Coating mit Wachsen oder Fetten kommt häufig gänzlich ohne Lösungsmittel aus, so dass keine Verdampfung erfolgen muss und der Prozess daher auch energetisch vorteilhaft ist. Zwar muss auf die Beheizung der Düsen und der flüssigkeitsführenden Leitungen geachtet werden, jedoch ist dies technisch unproblematisch.

Pulver fällt von einem Löffel in ein Glas Wasser und sinkt langsam nach unten. Das Bild verdeutlicht das Absinkverhalten des Granulates.
Durch Sprühgranulation werden Zusatzstoffe zu kompakten, fließfähigen und gut löslichen Granulaten. (Bild: Neuhaus Neotec)

Eine verbreitete Funktion, die sich mit Wirbelschicht-Coating optimieren lässt, ist auch das einstellen der Bioverfügbarkeit von Zusatzstoffen, beispielsweise Nahrungsergänzungsmitteln. Diese müssen, um ihre volle Wirksamkeit zu entfalten und richtig verstoffwechselt werden zu können, vollständig zu ihrem „Einsatzort“ gelangen, üblicherweise Magen oder Darm, wo sie resorbiert werden. Diese Bioverfügbarkeit lässt sich durch die richtige Behandlung der Zusatzstoffe mit geeigneten Wirbelschichtprozessen erheblich verbessern. Damit lassen sich beispielsweise bei Arzneistoffen nicht nur eventuelle Nebenwirkungen verhindern, sondern auch die Wirksamkeit erhöhen oder die Dosis verringern. Der Schutz wertvoller Zusatzstoffe vor thermischer Belastung, Oxidation und chemischem Abbau hat also auch ökonomische Vorteile.

Stabile Mischung, konstante Dosis

Ein weiterer Aspekt ist das Einhalten einer gleichbleibenden Dosis und einer Stabilität des Mischungsverhältnisses bei Arzneistoffen und Nahrungsergänzungsmitteln. Pulvrige Ausgangssubstanzen neigen dazu, sich teilweise wieder zu entmischen, so dass der Anteil der einzelnen Fraktionen ungleich verteilt ist. Die Dosis zeigt dann unerwünschte Schwankungen, die mit möglichen Gesundheitsrisiken einhergehen können.

Für den Endverbraucher entscheidend ist auch die Beschaffenheit des Produktes: Aussehen, Farbe, Geruch und vor allem der Gedanke der Convenience, der einfachen Anwendbarkeit, spielt hier eine große Rolle im Wettbewerb. So wünschen sich Konsumenten beispielsweise Produkte, die gut löslich sind und keine Rückstände im Glas hinterlassen. Vermieden werden sollte darüber hinaus die Staubbildung während der Verarbeitung, um Kontamination der Umgebung oder Belastung von Mitarbeitenden zu verhindern.

Welche Wirbelschicht-Prozesse für welche Zusatzstoffe?

Die Wirbelschicht bietet optimale Bedingungen, um die Bioverfügbarkeit von Zusatzstoffen zu verbessern. Das vor fast hundert Jahren entwickelte Verfahren ist heute weithin bekannt für das gezielte Design von Partikeln für den Einsatz in so verschiedenen Bereichen wie der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion, der Chemie, Kosmetik- und der Pharmaproduktion. Eine Wirbelschicht bildet sich aus, wenn Pulver oder Granulate von einem Luft- oder Gasstrom mit einer bestimmten Luftgeschwindigkeit durchströmt werden. Die Produktschicht gerät dabei in intensive Bewegung und verhält sich wie eine Flüssigkeit. Die gesamte Partikeloberfläche ist rundum zugänglich, für Trocknungsluft ebenso wie für aufgesprühte Flüssigkeiten, Emulsionen oder Suspensionen. Durch einen schichtartigen Aufbau entstehen kompakte und nahezu runde Granulate mit genau definierten Eigenschaften. Dadurch lassen sich Zusatzstoffe verkapseln oder in eine trockene, haltbare und als Instantprodukt gut lösliche Form überführen. Gerade bei Mehrkomponentensystemen bieten sich Vorteile, da die Rohstoffe definiert miteinander verbunden werden.

Die häufigsten in der Food- und Pharmatechnologie eingesetzten Prozesse sind:

  • Agglomeration, der Aufbau strukturierter Partikeln aus Feinpulvermischungen
  • Sprühgranulation, der Aufbau von meist kompakten Granulaten aus flüssigen Produktformulierungen
  • Coating / Mikroverkapselung, insbesondere, um Barriereeigenschaften zu erzeugen.

Die Prozesse gehen oftmals ineinander über und sind zum Teil miteinander kombinierbar, um bestimmte Funktionalitäten zu erreichen.

Kontinuierlich oder batchweise

Wirbelschichtverfahren können als kontinuierlicher oder als batchweiser Prozess ablaufen. Beide Betriebsarten haben individuelle Vorteile, abhängig von Produktionsvolumen, Platzverhältnissen, Installationsmöglichkeiten, von Zielvorgaben wie Produktionszeit oder -kosten und den erforderlichen Prozessschritten.

Das Konzept kontinuierlicher Systeme besteht aus einer Anlage mit mehreren einzelnen Zu- und Abluftkammern, sodass sich die Prozessparameter individuell für jede Zone einstellen lassen. Alle Verfahrensschritte laufen vollautomatisch und ohne manuelles Eingreifen ab. Die Produktmenge ist unbegrenzt. Das kontinuierliche Verfahren eignet sich daher insbesondere für die im Lebensmittelbereich übliche Mengenproduktion. Batch-Systeme werden häufig zur Verarbeitung begrenzter Produktionschargen mit einer Vielzahl verschiedener Rezepturen eingesetzt. Alle Prozessschritte laufen nacheinander in einem Behälter mit vorgegebenem Volumen ab. Mit Batch-Anlagen lassen sich auch kleine Mengen für Nischenprodukte oder Produkt- und Rezepturtests effektiv herstellen.

Der Maschinen- und Anlagenbauer Neuhaus Neotec ist auf Partikeltechnologie mittels Wirbelschichtverfahren spezialisiert. In einem modern ausgestatteten Technikum können alle Optionen der Wirbelschichttechnologie – sowohl als kontinuierlicher wie als chargenweiser Prozess – durchgeführt und auf Produktionsniveau skaliert werden, beispielsweise zum Entwickeln neuer Produkte und Testen veränderter Rezepturen. Als Mitglied der Kahl-Gruppe hat der Wirbelschicht-Spezialist darüber hinaus Zugang zum über Jahrzehnte erworbenen Know-how der gesamten Firmengruppe in der Lebensmittelindustrie.

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