- Bei einem CDMO wurde ein tiefkaltes Lagersystem, das auf der Verwendung von LN2 basiert, installiert.
- Das System umfasst mehrere spezialisierte Räume mit verschiedenen Temperaturanforderungen.
- Die investierte Energie kann nun nahezu vollständig genutzt werden.
Das in Dessau-Roßlau ansässige Unternehmen IDT Biologika ist ein Auftragsentwickler und -fertiger (CDMO) von Virusimpfstoffen, Gen- und Zelltherapeutika sowie Biologika. Mit Stickstoff (LN2) hat das Kältetechnikunternehmen NNC die tiefkalte Lagerung von Impfstoffen und weiteren Therapeutika beim CDMO entscheidend verbessert. Dabei erhielt es Unterstützung von drei Partnern: Air Liquide als Lieferant von flüssigem Stickstoff, Demaco Holland als Lieferant von isolierten Rohrleitungen und Spezialbauteilen sowie TEW als Standortmanager.
Hauptziel des gemeinsamen Projekts war es, das sichere Nutzen von Stickstoff in Form und Funktion einer Kaskade bestmöglich zu planen und umzusetzen. Im Gesamtsystem werden Temperaturen von 35 °C bis -75 °C in verschiedenen Bereichen aufrechterhalten. Die Partner konnten die Versorgung sicherstellen, indem sie das System redundant auslegten und der CDMO kann die investierte Energie nun nahezu vollständig nutzen. Mit diesem Vorgehen erreichte das Kältetechnikunternehmen enge Temperaturspreizungen, selbst beim Handling in den Räumen.
Flüssiger Stickstoff für tiefkalte Lagerung
Neben der Bediener- und Produktsicherheit liegt ein besonderer Fokus auf Nachhaltigkeit. Die Leistungsfähigkeit von LN2 ist nahezu unbegrenzt und kann individuell an die jeweiligen Wünsche des Anwenders angepasst werden. Darüber hinaus bietet LN2 die Möglichkeit, dieses in großen Mengen zu speichern. Bei den Prozessen entsteht keine Abwärme, wodurch Anwender weitere kostenintensive technische Installationen vermeiden können. Die Produktionsanlagen haben zudem eine Lebenserwartung von mindestens 25 Jahren.
Verbleibende Kälteenergie nutzen
Das optimale Lagersystem für den CDMO umfasst verschiedene spezialisierte Räume. Der Standardlagerraum und der dedizierte Einfrierraum werden primär mit flüssigem Stickstoff gekühlt, während der Zwischenlagerraum passiv mit der verbleibenden Kälteenergie der anderen Räume gekühlt wird. Ein Vorraum und eine Schleuse minimieren den Eintrag von Wärme und Luftfeuchtigkeit. Die Lufttrocknung erfolgt durch spezielle Wärmetauscher. Ein Kälteschild in der speziellen, Patentgeschützten NNC Doppelwandtechnologie wird gebildet, um Temperaturunterschiede zu minimieren und das Material zu schützen, indem es die verbleibende Kälteenergie mit speziellen Wärmetauschern im Zwischenraum der Isolationswände nutzt. Zudem wird der LN2 Verbrauch damit signifikant reduziert.
Das tiefkalte Lagersystem, das auf der Verwendung von LN2 basiert und verschiedene spezialisierte Räume umfasst, ermöglicht, die Lagerbedingungen präzise zu kontrollieren und empfindliche Materialien sicher zu lagern.
Interview mit Uwe Nehrmann, Geschäftsführer NNC-LIN MS
PF: Was ist das Besondere am Kaskaden-Prinzip und welche Rolle spielt LN2 dabei?
Uwe Nehrmann: Das Besondere am Kaskaden-Prinzip liegt in der Möglichkeit, verschiedene Temperaturbereiche effizient zu verwalten und dabei den Einsatz von flüssigem Stickstoff (LN2) zu optimieren. Es werden mehrere Kältestufen durch das LN2 realisiert, wodurch eine präzise Steuerung der Temperaturen in verschiedenen Lagerbereichen möglich ist. Diese Flexibilität ermöglicht es, die Anforderungen verschiedener Medikamente genau zu erfüllen, da einige bei sehr niedrigen Temperaturen gelagert werden müssen, während andere etwas höhere Temperaturen erfordern. LN2 spielt eine entscheidende Rolle, da es extrem niedrige Temperaturen erreichen kann, was für die Lagerung von empfindlichen medizinischen Produkten unerlässlich ist.
PF: Welche Rolle spielt der Aspekt Nachhaltigkeit und wie wird die hohe Energieeffizienz technisch erreicht? Gegebenenfalls auch im Vergleich mit alternativen Kühlmitteln.
Nehrmann: Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist von großer Bedeutung für die Lagerung von Medikamenten unter Verwendung von LN2. N2 bietet nicht nur eine umweltfreundliche Lösung, sondern ermöglicht auch eine hohe Energieeffizienz. Im Vergleich zu alternativen Kühlmitteln verursacht LN2 keine Abwärme während des Kühlprozesses. Dies trägt zur Reduzierung des Energieverbrauchs und auch der Betriebskosten bei. Darüber hinaus hat LN2 eine nahezu unbegrenzte Leistungsfähigkeit und kann aus regenerativen Energiequellen hergestellt und gespeichert werden, was zu einer nachhaltigen Lösung für die Lagerung von Medikamenten führt.
PF: Welche spezifischen Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich, um die sichere Handhabung und Lagerung sicherzustellen?
Nehrmann: Zu den spezifischen Sicherheitsmaßnahmen gehören unter anderem eine robuste Infrastruktur für die Lagerung, regelmäßige Überprüfungen und Wartungen der Anlagen sowie geschultes Personal für den Umgang mit LN2 und anderen technischen Geräten. Zusätzlich werden Sicherheitsprotokolle implementiert, um potenzielle Risiken wie Leckagen oder Druckabfälle zu minimieren und die Integrität der Lagerumgebung zu schützen. Allgemein ist jedoch festzuhalten, dass die Sicherheit gegenüber bisheriger LN2 Anwendungen schon durch den geänderten systemischen Aufbau gelungen ist. Grundsätzlich befindet sich das LN2 im, zum Nutzer zugänglichen Bereich, im geschlossenen System.
Das Interview führte Jona Göbelbecker, Cherfredakteur Pharma+Food.