Medikamentenkapseln im Glas und Paragraphen-Symbol

(Bild: nmann77 – Fotolia)

In den Jahren 2017 bis 2021 hat die FDA durchschnittlich 51 Medikamenten pro Jahr grünes Licht für die Markteinführung gegeben. Mit nur 37 Zulassungen war 2022 damit ein unterdurchschnittliches Jahr. Ohne einen Jahres-Endspurt mit fünf Zulassungen allein in den letzten zwei Wochen des Jahres wäre der Markt noch magerer geblieben. Mitte des Jahres, von Mitte Juni bis Mitte August, gabe es zwei Monate lang sogar keine einzige Neuzulassung. Und das lag nicht daran, dass die Behörde oder die Pharmaindustrie in der Sommerpause gewesen wären. Im Vorjahr ließ die FDA in dieser Zeit acht neue Medikamente zu, passend zum Durchschnitt von fast einem Medikament pro Woche.

Schärferer Blick nach Aduhelm-Skandal?

Ein Grund für die geringere Zahl der Zulassungen könnte verschärfte Aufmerksamkeit für die Arzneimittelbehörde nach der umstrittenen Zulassung des Alzheimer-Medikaments Aduhelm gewesen sein. Dieses Mittel des Pharmakonzerns Biogen hatte die FDA nicht nur zugelassen, sondern sogar im beschleunigten Zulassungsverfahren geradezu durchgewunken - entgegen der Empfehlung der unabhängigen Experten, die die Überprüfung vornahmen. Auch soll es während des Zulassungsverfahren zu, diplomatisch formuliert, unangemessenem Informationsaustausch zwischen Behörde und Unternehmen gekommen sein. So erhielt Biogen unter anderem verfrühte Einsicht in die Bewertungen durch die Behörde. Ganze Passagen der Antragsschreiben, die das Unternehmen einzureichen hatte, sollen von FDA-Mitarbeitern verfasst oder zumindest vorbereitet worden sein. Dies berichtet der Branchendienst Fiercepharma unter Berufung auf einen Bericht des US-Kongress, der sich mit der Angelegenheit befasste. Nachdem der Konzern das Marketing für das dermaßen Skandal-umwitterte Medikament einstellte und das komplette Markteting-Team entließ, musste auch der CEO gehen.

Hat also die FDA danach ihre Ansprüche für Zulassungen nach oben geschraubt und bei jedem Kandidaten noch genauer hingeschaut? In diesem Fall müsste, bei vergleichbaren Antragszahlen, die Menge der zurückgewiesenen Anträge gestiegen sein. Die Absagen der FDA and die Antragsteller, sogenannte Complete Response Letters (CRL), sind allerdings schwierig zu zählen und zu verfolgen: Die Behörde veröffenlicht die CRL nicht, sondern überlässt dies den jeweiligen Unternehmen. Diese gehen in der Regel zurückhaltend damit um, ob und wieviel sie davon öffentlich mitteilen. Dem Informationsdienst Pink Sheet Pharma Intelligence zufolge gab es zumindest in der ersten Jahreshälfte 19 Zusagen und 14 Ablehnungen durch die FDA. Das entspricht einer Zulassungsquote von 57,6 %, also etwas mehr als die Hälfte. Im Vorjahr lag die Quote bei 66,7 %, ziemlich genau zwei Drittel, allerdings gab es mit 75 Anträgen auch deutlich mehr Kandidaten. Grund für die geringe Anzahl neuer Medikamente und die Antwort auf die eingangs gestellte Frage ist also "Ein bisschen von beidem."

Einige Details zu den erfolgten Neuzulassungen ragen heraus: So hat etwa der Pharmakonzern Bristol Myers Squib (BMS) mit allein drei Medikamenten mehr Zulassungen erhalten als jedes andere Unternehmen. Dabei sind zwei der neuen Medikamente erst durch Übernahmen in den Konzern gekommen: Das Mittel Camzyos durch die 13,1 Mrd. Dollar schwere Übernahme von Myokardia (2020) und Sotyktu mit der Akquisition von Celgene (2019) für ganze 74 Mrd. US-Dollar. Beide Übernahmen haben sich für BMS ausgezahlt.

Mögliche neue Blockbuster

Ein weiterer Gewinner ist das Biopharma-Unternehmen Bluebird, mit Zulassungen für die Gentherapien Skysona und Zynteglo innerhalb eines Monats. Die Einmal-Behandlung mit den Wirkstoffen soll jeweils 3 bzw. 2,8 Mio. US-Dollar kosten und entsprechend Umsatz in die Kassen des Unternehmens spülen. Noch teurer mit 3,5 Mio. Dollar pro Dosis ist die neue Gentherapie Hengenix, die die Unternehmen CSL Behring und Uniqure gemeinsam entwickelt haben. Weitere neuzugelassene Kandidaten auf den Blockbuster-Status mit jährlichem Milliardenumsatz sind das Diabetes-Medikament Mounjaro von Eli Lilly, Amvuttra gegen die Erbkrankheit Amyloidose von Alnylam sowie die Myelom-Therapie Carvykti der Unternehmen Johnson & Johnson und Legend.

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