
Im Gegensatz zur Landwirtschaft im Allgemeinen findet die molekulare Landwirtschaft unter kontrollierten Bedingungen in Gewächshäusern statt und nicht auf dem Acker. (Bild: Liubov Grigoryeva - Fotolia)
Molekulare Landwirtschaft ist eine Methode, bei der pharmazeutische Unternehmen Pflanzen zu Bioreaktoren umfunktionieren. Durch genetische Veränderung werden Pflanzen befähigt, Substanzen für Arzneimittel und Impfstoffe zu produzieren.
Welche Pflanzen eignen sich als Bioreaktoren?
Ein Beispiel ist die Tabakpflanze Nicotiana benthamiana, die schnell wächst, deren Erbgut sich leicht verändern lässt und deren Blätter mehrmals im Jahr geerntet werden können. Durch diese Eigenschaften eignet sie sich gut, um Impfstoffe und Arzneimittel zu produzieren.
Wie funktioniert die genetische Veränderung der Pflanzen?
Die Methode umfasst das Einbringen eines genetischen Bauplans in die Pflanzenzellen. Dies kann durch Spritzen oder Eintauchen in eine Lösung erfolgen, die das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens enthält. Das Bakterium überträgt die gewünschte DNA – den genetischen Bauplan – in die Pflanzenzelle.
Dabei kann die Pflanze entweder stabil oder transient transformiert werden. Bei der stabilen Transformation wird die neue Erbinformation in das Pflanzengenom integriert, wodurch alle Zellen der Nachkommen den neuen Bauplan enthalten. Diese Pflanzen können sich beliebig vermehren und ihre Samen lassen sich ungekühlt transportieren.
Bei der transienten Transformation wird die Erbinformation nur vorübergehend in die Zellen eingebracht. Diese Methode ermöglicht es den Pflanzen, innerhalb kurzer Zeit das gewünschte Protein zu produzieren, ohne dass die Nachkommen die neue Information enthalten.
Welche Vorteile bietet molekulare Landwirtschaft?
Diese Methode ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Produktion von Impfstoffen und Arzneimitteln. Zudem sind die Pflanzen einfach anzubauen und benötigen nur Licht, Wasser und Nährstoffe. Die Produktion erfolgt in kontrollierten Gewächshäusern, wodurch sie sicher und nachhaltig ist. Darüber hinaus können die abgestorbenen Pflanzenteile vollständig von Mikroorganismen zersetzt und wieder in den Stoffkreislauf eingebracht werden. Es werden keine tierischen Substanzen benötigt, was für Tierallergiker, Veganer und bestimmte Religionsgemeinschaften relevant ist.
Welche praktischen Anwendungen gibt es bereits?
Ein Anwendungsbeispiel ist der Corona-Impfstoff Covifenz des kanadischen Unternehmens Medicago, der in Nicotiana benthamiana hergestellt und Anfang 2022 zugelassen wurde. Auch das Enzym Glucocerebrosidase, das zur Behandlung von Morbus Gaucher eingesetzt wird, kann durch molekulare Landwirtschaft produziert werden.
Der stetig wachsende Bedarf an Impfstoffen und Arzneimitteln erfordert alternative Produktionsmethoden. Molekulare Landwirtschaft bietet hier eine effiziente und nachhaltige Lösung, denn sie ermöglicht es, schnell auf Notsituationen zu reagieren und therapeutische Wirkstoffe in großen Mengen zu produzieren.