Blick in pharmazeutische Produktion

(Bild: werbefoto-burger.ch - stock.adobe.com)

Entscheider-Facts

  • Pharmaproduzenten müssen ihre Anlagen flexibel umbauen können.
  • Automatisierte und modulare Systeme unterstützen die Hersteller beim Hochskalieren und der Dokumentation.
  • Über HMI-Systeme können Produzenten im Feld auf das Prozessleitsystem zugreifen.

Zum Segen für Erkrankte gelingt es der Pharmaforschung immer wieder, Krankheitsbilder zu bekämpfen, von denen weltweit zahlreiche Menschen betroffen sind. Nach der rasanten Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe sind die in der Alltagssprache sogenannten Abnehmspritzen für die Behandlung von krankhaftem Übergewicht das jüngste Beispiel für einen solchen Durchbruch. Adipositas gehört zu den größten Gesundheitsproblemen der heutigen Gesellschaft, vor allem in der westlichen Welt. Nachdem in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Mittel eine Alternative zu einem invasiven Eingriff darstellen sollten, aber häufig nicht den versprochenen Erfolg erzielten, weckt die Abnehmspritze neue Hoffnung.

Gleich mehreren Pharmaunternehmen ist es gelungen, einen Wirkstoff zu entwickeln, der nicht nur Patienten mit Typ-2-Diabetes hilft, sondern seit einiger Zeit auch bei Adipositas-Erkrankten zum Einsatz kommt. Vor allem in den USA, wo die Abnehmspritze als erstes für die Adipositasbehandlung zugelassen wurde, gab es eine Verkaufswelle, die sukzessive nach Europa überschwappt.

So vermeldeten die Hersteller bereits kurze Zeit nach der Markteinführung erste Lieferengpässe und planen demnach, die Produktionskapazitäten deutlich auszubauen. Das Herstellen dieser Blockbuster-Medikamente wie dringend benötigter Impfstoffe oder Abnehmspritzen stellt Pharmaunternehmen sowie Zulieferer vor Herausforderungen. Mehrere Hundert Millionen Dosen müssen pro Jahr produziert werden – und das in höchster Qualität und Reinheit. Häufig werden die Fertigungsstätten bereits aus- oder neu gebaut, während die Zulassung erteilt wird, um die Herstellung möglichst schnell zu skalieren und den Bedarf zu decken.

Im Feld auf das Prozessleitsystem zugreifen

In der Pharmaindustrie sind es jedoch nicht nur die Mengen, die Unternehmen vor Herausforderungen stellen, sondern auch Gesetze und Vorschriften dieser hochgradig regulierten Industriesparte. So müssen die Hersteller Qualität und Reinheit nicht nur für jeden einzelnen Produktionsschritt sicherstellen, sondern auch lückenlos dokumentieren und entsprechende Daten sicher speichern. In Chargen zu produzieren, ist in der Pharmaindustrie daher nach wie vor gang und gäbe, um die hohen Qualitätsanforderungen zu gewährleisten. Dass Pharmaunternehmen nicht zuletzt deshalb von der Digitalisierung und Automatisierung möglichst vieler Produktionsschritte profitieren, liegt auf der Hand.

Daher setzen Anwender in der Pharmaproduktion zunehmend HMI-Systeme (Human Machine Interface) wie die Visunet-Reihe von Pepperl+Fuchs ein. Über Standard-Ethernet-Technologie erlauben sie im Feld den Zugriff auf das Prozessleitsystem, um Prozesse jederzeit zu überwachen und zu steuern, und auf das Manufacturing Execution System (MES), um Rezepturschritte abzuarbeiten und zu dokumentieren. Stand der Technik sind Thin-Client-basierte Bedienstationen, die eine Verbindung zu weit entfernten, virtualisierten Scada-Anwendungen (Supervisory Control and Data Acquisition) und MES aufbauen und deren Benutzeroberfläche wiedergeben. Je nach Prozessschritt und Einsatzort in der Anlage müssen die HMI-Systeme für unterschiedliche Umgebungsbedingungen geeignet sein. Denn was ein Patient am Ende der Wertschöpfungskette als Tablette einnimmt oder als Injektion spritzt, hat keinen simplen Produktionsprozess hinter sich.

Verschiedene Bedienstation-Varianten

Der Trend in der pharmazeutischen Industrie geht zu biopharmazeutischen, also mithilfe von Gentechnik hergestellten Medikamenten, zu denen auch die aktuellen Abnehmspritzen gehören. Basis der Biopharmazeutika sind gentechnisch veränderte Hefen, Bakterien oder Zellen, die zunächst in geschlossenen Behältern vermehrt werden und durch Fermentation den gewünschten pharmazeutischen Wirkstoff (engl. Active Pharmaceutical Ingredient, API) erzeugen. Diese Produktionsstufen erfolgen in der Regel in pharmazeutischen Reinräumen. Reinheit und Schutz vor Kontamination haben hier höchste Priorität – nach jeder Charge erfolgt eine eingehende Reinigung. Anschließend wird der Wirkstoff weiter chemisch und physikalisch aufbereitet und gereinigt. Die eingesetzten HMI-Systeme müssen dementsprechend gut zu reinigen sowie chemisch-beständig sein und den GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) gerecht werden.

Der Hersteller unterstützt diese anspruchsvollen Produktionsumgebungen mit verschiedenen Bedienstation-Varianten und passenden Peripheriegeräten. Die Visunet-Serien sind mit ihren robusten Edelstahlgehäusen leicht zu reinigen, haben keine Ablagerungsflächen oder unzugängliche Spalte und halten den üblichen, aggressiven Reinigungsmitteln stand. Die Visunet-FLX-Reihe ist auch für den Einsatz in pharmazeutischen Reinräumen konzipiert und kann als Variante außerdem in explosionsgefährdeten Bereichen der Atex-Zone 2/22 verwendet werden.

Für Produktionsumgebungen mit Anforderungen an den Explosionsschutz gemäß Atex-Zone 1/21 steht die Visunet-GXP-Reihe zur Verfügung. Neben der Kombination mit einer antibakteriellen Folientastatur mit integrierter Cursorsteuerung – Touchpad, Trackball oder Joystick – sind alle Industriemonitore mit Touchscreen  hinter Glas erhältlich und mit Handschuhen bedienbar.

Bedienstationen
Die Bedienstationen sind für den Einsatz in pharmazeutischen Reinräumen konzipiert. (Bild: Pepperl+Fuchs)

Komponenten modular vor Ort ersetzen

Das modulare Design der Thin-Client-basierten Monitore und Bedienstationen ermöglicht durch seine Flexibilität eine angepasste Montage in der Produktion, aber auch einen langjährigen Investitionsschutz. So können Anwender einzelne Komponenten wie die CPU (Central Processing Unit) bei neuen Anforderungen modular vor Ort ersetzen. Wird der Wirkstoff durch Filtern oder Dosieren weiter aufbereitet, kommen neben den Varianten für Wand-, Decken- oder Bodenmontage auch Bedienstationen für den Schalttafeleinbau zum Einsatz, die sich direkt in die großen Maschinen oder mit speziellen Einbaugehäusen in Pharma-Wände integrieren lassen. Die Panels der Serie Visunet FLX sind hierfür geeignet und der Bediener hat stets alle notwendigen Informationen im Blick – direkt dort, wo er sie benötigt.

Auch wenn der Wirkstoff anschließend zu Tabletten, Saft oder Injektionen weiterverarbeitet wird, eignet sich der Visunet FLX. Die Duplex-Lösungen des Herstellers kommen dem zunehmenden Bedarf in papierlosen Fertigungen nach, zwei Monitore an einer Bedienstation zu installieren. Für die effiziente Unterstützung bei seltenen oder lang andauernden Prozessschritten sind alle Bedienstationen auch mobil auf Rollen erhältlich.

Um an den Bedienstationen unbefugte Zugriffe zu vermeiden und das Personal regelkonform zu identifizieren (FDA CFR21 part 11 bzw. EMA Annex 11), kommen dort meist RFID-Lesegeräte zum Einsatz, an denen sich Bediener anmelden können. Der notwendige zweite Identifizierungsschritt erfolgt in Form von PIN oder Passwort an der Tastatur.

Effizientes Thin-Client-Management

Die Firmware Visunet RM Shell ist auf allen Thin Clients des Herstellers vorinstalliert. Sie basiert auf Microsoft Windows 10 IoT Enterprise LTSC 2021 und vereinfacht sowohl, die Thin-Client-Geräte einzurichten als auch sie in virtualisierte und konventionelle, PC-basierte Prozess- und Fertigungssysteme zu integrieren. Neben den neuesten Windows-Sicherheitsfunktionen und einer passwortgeschützten Zugangskontrolle umfasst die Firmware zahlreiche integrierte Sicherheitsmechanismen wie ein hybrides Nutzerrechte-Management, das unberechtigte Zugriffe verhindert.

Die Thin-Client-Management-Software Visunet Control Center macht die Verwaltung von Thin Clients in einer Pharmaanlage effizient: Produktionsleiter, OT-Verantwortliche und Support-Mitarbeitende können damit eine Verbindung zu jeder Bedienstation mit der Firmware herstellen, den Gerätestatus überwachen und den Bildschirminhalt sehen. So können sie alle Thin Clients von einem PC oder Laptop im Netzwerk aus konfigurieren, aktualisieren und verwalten. Updates können die Verantwortlichen auf allen Thin-Client-Geräten zeitgleich aufspielen, sodass sie sich stets auf dem aktuellen Sicherheitsstand befinden. Gefahrenbereiche und Reinräume zu betreten, um Remote-Monitore einzurichten und zu warten, ist damit obsolet. Auch andere gängige Thin-Client-Management-Systeme wie Thin-Manager und IGEL werden unterstützt.

Vom Labor über Reinräume bis in die Ex-Zone

Damit Anwender auch für Labor, Medieninfrastruktur und Gebäudetechnik auf Systeme und Informationen zugreifen und über die Management-Software verwalten können, bietet der Hersteller die kleinen industriellen Box-Thin-Clients (BTC) ohne Monitor an. In einem robusten Aluminiumgehäuse mit erweitertem Temperaturbereich sind die BTC an den 24/7-Betrieb in der
Industrie angepasst. Je nach Version gibt es die Möglichkeit, zwei bis vier Standard-Ultra-HD-Monitore anzuschließen. Mit HMI-Systemen für Anwendungen bis Zone 1/21 bietet der Hersteller der Pharmaindustrie als Partner für HMI-Lösungen ein durchgängiges Thin-Client-Portfolio und HMI-Systeme für alle Anwendungsbereiche der Pharmaproduktion.

Wenn die modularen Standardprodukte die individuellen Anforderungen einmal nicht erfüllen, entwickeln und fertigen die Experten in den Solution Engineering Centern (SEC) des Herstellers eine kundenspezifische Lösung, die genau zu dieser Anwendung passt, ganz im Sinne von GMP.

 

Schematische Darstellung
Verantwortliche können mit der Thin-Client-Management-Software eine Verbindung zu jeder Bedienstation mit der Firmware herstellen. (Bild: Pepperl+Fuchs)

Achema, Halle 11.1 – A43

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