Weltweit befinden sich über 300 Impfstoff-Kandidaten gegen Covid-19 in unterschiedlich weit fortgeschrittenen Stadien der Entwicklung. Was sie alle gemeinsam haben: Sie sollen das Immunsystem auf eine mögliche Infektion mit dem Corona-Virus vorbereiten, indem sie auf harmlose Art eine Ansteckung vorgaukeln. Darauf reagiert das Immunsystem mit der Produktion von Antikörpern, die dann bei einer tatsächlichen Infektion zum Kampf gegen das Virus zur Verfügung stehen. Die verschiedenen Impfstoffe erreichen dieses Ziel jedoch mit unterschiedlichen Mechanismen.
mRNA-Impfstoffe
Impfstoffe auf Basis von Messenger-RNA (mRNA) stellen einen Bauplan für ein Protein des Virus dar. Gelangt dieser Plan in eine Körperzelle, produziert diese das entsprechende Protein, das dem Immunsystem dann als Vorlage dient. Diese mRNA-Impfstoffe sind einfacher und schneller in großen Mengen zu produzieren als klassische Impfstoffe, allerdings erfordern Transport und Lagerung tiefere Temperaturen und sind deshalb aufwendiger. Beispiele sind die bereits zugelassenen mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Interessanterweise waren die Mittel mit diesem neuartigen Wirkmechanismus die ersten zugelassenen Covid-Impfstoffe.
DNA-Impfstoffe
Ähnlich wie bei den bereits zugelassenenen mRNA-Impfstoffen ist es auch denkbar, das Erbmaterial für den Bauplan des Virus-Proteins als DNA in die Zelle zu schleusen. Das ist molekularbiologisch komplizierter, jedoch ist DNA verglichen mit mRNA deutlich stabiler, folglich wären solche Impfstoffe einfacher zu lagern und zu verabreichen. So entwickelt das Unternehmen Symvivo aus Kanada einen DNA-Impfstoff, der sich schlucken lassen soll – für Betroffene mit Angst vor Spritzen wäre dies eine große Erleichterung. Ebenfalls Impfstoffs nach diesem Ansatz verfolgen unter anderem das US-Unternehmen Inovio, das vom schwedischen Karolinska-Institut geführte Konsortium Opencorona und das Unternehmen Zydus Cadila in Indien. Diese Entwicklungen befinden sich bislang jedoch höchstens in der klinischen Phase II.
Vektorviren-Impfstoffe
Vektorviren-Impfstoffe arbeiten ebenfalls mit eingeschleusten Bauplänen, aber sie kopieren gewissermaßen die Vorgehensweise tatsächlicher Viren: Ein ansonsten harmloses Virus schleust das genetische Material für ein Virusprotein in die Zellen ein, so dass diese mit dessen Produktion beginnen. Die in der EU zugelassenen Impfstoffe von Astrazeneca und der Johnson&Johnson-Tochter Janssen wirken nach diesem Prinzip, aber auch der russische Impfstoff Sputnik V. Auch die Masernimpfung und der erste zugelassene Ebola-Impfstoff funktionieren nach diesem Prinzip.
Tot-Impfstoffe mit Virusprotein
Trotz bisheriger Studienergebnisse sind Vorbehalte gegen den Einsatz von genetischem Material in Impfstoffen verbreitet. Sogenannte Tot-Impfstoffe basieren dagegen auf inaktiven, nicht vermehrungsfähigen Teilen des Virus und könnten Skeptiker mit solchen Vorbehalten überzeugen. Als Vorlage für das Immunsystem kann beispielsweise das sogenannte Spike-Protein von der Oberfläche des Corona-Virus in isolierter Form dienen, das als wirksamer Bestandteil des Impfstoffes injiziert wird. Solche Impfstoffe mit gentechnisch produziertem Spike-Protein entwickeln derzeit die Unternehmen Novavax und Sanofi, den Wirkmechanismus im Detail beschreibt dieser Artikel.
Tot-Impfstoffe mit inaktiviertem Virus
Anstatt nur ein Stück des Virus zu verwenden, kann natürlich auch das ganze Virus als Vorlage für das Immunsystem dienen – allerdings muss es dazu inaktiviert sein, damit aus der vorgetäuschten keine echte Infektion wird. Da diese Impfstoffe zwar Virusmaterial enthalten, jedoch keine vermehrungsfähigen Viren, gehören sie ebenfalls zu den Tot-Impfstoffen. Impfstoffe mit inaktivierten Viren sind bereits seit Jahrzehnten bekannt und gegen Krankheiten wie Tetanus oder Hepatitis A und B etabliert. Ein Kandidat für einen Tot-Impfstoff gegen Covid-19 des österreichischen Unternehmens Valneva befindet sich derzeit (Stand Oktober 2021) in Phase-III, ein Zulassungsantrag soll bald folgen. Auch das chinesische Unternehmen Sinopharm entwickelt einen solchen Impfstoff.
Peptid-Impfstoffe
Ein neuartiges Prinzip verfolgen unter anderem Forschende der Uniklinik Tübingen mit sogenannten Peptid-Impfstoffen. Peptide sind gewissermaßen Bruchstücke von Proteinen, und spezifische Peptide finden sich unter anderem an der Oberfläche von infizierten Zellen, aber auch Tumor-Zellen. Mit dem von der Immun-Krebstherapie inspirierten Verfahren ließe sich das Immunsystem darauf trainieren, von Sars-Cov-2 befallene Zellen zu attackieren und so eine Covid-19-Infektion zu bekämpfen.