Glatt Aufmacher BW_Digitaler Zwilling-05

(Bild: Glatt)

  • Eine schnelle Arzneimittel-Entwicklung wird immer wichtiger.
  • Mit einem modularen Produktionssystem lassen sich zudem Entwicklungskosten senken.
  • Per Video-Schalte lassen sich Versuche aus der Ferne verfolgen.

Wie wichtig eine schnelle Arzneimittel-Entwicklung ist, wird gerade wieder bei der Diskussion um einen Impfstoff gegen das Corona-Virus deutlich. Neu ist diese Anforderung allerdings nicht: schon seit vielen Jahren zerbrechen sich Pharmazeuten und Maschinenlieferanten den Kopf, wie die technische Entwicklung von Arzneimitteln beschleunigt und dabei noch verbilligt werden kann. Als Beitrag zu dieser Thematik hat der Pharma-Maschinenspezialist Glatt zur Achema 2018 das neuartige modulare Produktionssystem Multilab vorgestellt, welches die Herstellung unterschiedlicher Fertigungsstufen für feste Arzneiformen erlaubt. Das für die Verarbeitung von Pulvern bis hin zur Tablette konzipierte System wurde in der Zwischenzeit um weitere Prozesse ergänzt, die zu festen Arzneiformen führen – hierzu gehören auch die Technologien zur Herstellung von Pellets. Und weil die großen Produktionsmaschinen für das modular aufgebaute Laborgerät Pate standen, nutzt das Labor-System dieselbe Steuerung wie die großen Produktionsanlagen und erfüllt auch dieselben GMP-Anforderungen. Mit dem Laborsystem können sowohl Entwicklungschargen wie auch Klinikmuster im Kleinmaßstab bis 5 kg gefertigt werden. Ein kontinuierlich arbeitendes Wirbelschicht-Trocknungsmodul erlaubt die Anbindung des Laborgeräts an das Labor-Konti-System Modcos und ist somit Teil einer kontinuierlichen Fertigungslinie im Labormaßstab. „Unser modulares Technologiekonzept trägt dazu bei, die galenische Entwicklung fester Arzneiformen und die Herstellung klinischer Prüfmuster deutlich zu beschleunigen – und das bei niedrigeren Investitionskosten“, erklärt Dr. Adrian Kape, Produktmanager bei Glatt.

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„Je mehr Technologievarianten zur Verfügung stehen, desto wahrscheinlicher ist es, ein gut funktionierendes festes Arzneimittel zu entwickeln und herzustellen.“ Dr. Norbert Pöllinger, Glatt Pharmaceutical Services

Modulares System – paralleles Arbeiten an realen Zwillingen

Der Feststoff-Spezialist stellt das Modulare System in seinem Innovation Center im südbadischen Binzen für Entwicklungsarbeiten an neuen Medikamenten und für die Optimierung von Prozessen zur Verfügung: „Ein Angebot, das seit der Einführung von Multilab in 2018 mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat“, berichtet Kape.

Nicht zuletzt die Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie haben den Fokus auf eine weitere Möglichkeit gerichtet: den virtuellen Blick der Pharmazeuten von auswärts über die Schulter der Experten in Binzen. Per Video-Schalte ist es möglich, im Technologiezentrum des Unternehmens an einem realen Zwilling einer Kundenanlage zu arbeiten und Prozessparameter im Dialog zu kommunizieren und zu optimieren. Der Kunde schaut dabei per Teams- oder Zoom-Dialog den Mitarbeitern des Herstellers der Prozesstechnologie über die Schulter. Umgekehrt können dessen Experten auf dieselbe Weise Prozesse und Einstellungen an der Anlage der Kunden betrachten. So lassen sich auch technische Versuche im Zuge der Entwicklung neuer Arzneimittel auf diesem Weg aus der Ferne mitverfolgen. Die Arzneimittelhersteller müssen nicht mehr zwingend vor Ort sein, wenn beispielsweise Versuche zum Proof-of-Concept für eine bestimmte Technologie durchgeführt werden.

In naher Zukunft soll bei Glatt Pharmaceutical Services in Binzen eine Multilab-Anlage im GMP-Pharmabetrieb zur Verfügung stehen. Dann können auch klinische Prüfmuster gemäß GMP hergestellt werden und Kunden, die nicht persönlich dabei sein können, können virtuell teilhaben. „Wir bieten das gesamte Dienstleistungspaket – inklusive der Verpackung von klinischen Prüfmustern, der Freigabe für die klinische Prüfung und der gesamten Supply Chain“, so Dr. Norbert Pöllinger von Glatt Pharmaceutical Services. Sollen beispielsweise Lacktabletten als eine Variante von OSDs (oral solid dosage forms) hergestellt werden, so kann das Laborsystem als komplette Batch-Granulationslinie konfiguriert werden: von der Einwaage bis zur Entleerung eines Granulats, mit direktem Produktfluss und kurzen Wegen vom Pulver bis zur beschichteten Tablette. Sollen hochwirksame Arzneistoffe verarbeitet werden, sorgt eine Containment-Ausführung für die Arbeitssicherheit der Mitarbeiter.

Derzeit stehen zwölf Prozessmodule für das Laborgerät zur Verfügung – diverse Konfigurationen für Wirbelschicht-Prozesse wie Topspray, Tangential Spray, Bottom Spray (Wurster), Rotor und CPS. Dazu kommen die Module für High Shear Granulation, Nass- und Trockensiebung sowie für das Coating von Tabletten.

Erst mieten, später investieren

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„Unser modulares Technologiekonzept beschleunigt die Herstellung klinischer Prüfmuster deutlich“Dr. Adrian Kape, Produktmanager bei Glatt.

Die Entwicklung neuer Arzneimittel führt nicht immer direkt zum Erfolg – Projekte kommen und gehen. Je mehr Technologievarianten zur Verfügung stehen, desto wahrscheinlicher ist es, ein gut funktionierendes festes Arzneimittel zu entwickeln und herzustellen. Ein neues System wie Multilab muss nicht zwingend sofort gekauft werden, um die Eignung verschiedener Verfahren und Prozessparameter zu testen. Eine Option ist es, Prozessausrüstung zu mieten und Erfahrungen – mit Unterstützung von Glatt – zu sammeln. „Ist ein Prozess aber gefunden und entschließt sich ein Kunde, eine entsprechende Anlage zu kaufen, dann rechnen wir die Mietgebühren natürlich auf den Kaufpreis an“, erklärt Kape.

Auch hier hilft der modulare Aufbau des Systems der Prozesse: die verschiedenen Module lassen sich einfach an das Grundgerät anbauen. Die Kombination der Module wird solange getestet und angepaßt, bis das optimale Verfahren und die passende Konfiguration gefunden sind. Und auch die spätere Produktion im größeren Maßstab ist dann bereits bedacht. Kape: „Die Anlagen-Steuerung für die Multilab™-Laboreinheit ist dieselbe wie für die großen Produktionsanlagen – auch Electronic Batch Recording ist von Anfang an integriert. Das erleichtert den Scale-up-Prozess sowie den Transfer aus der Entwicklung in die kommerzielle Produktion sehr.“

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