Hanf-Anbau an der Uni Hohenheim

Hanfsamen weisen bis zu 25 % Protein auf. (Bild: Universität Hohenheim / Corinna Schmid)

Schon heute verzichten aus gesundheitlichen, ökologischen sowie ethischen Gründen immer mehr Menschen auf den Konsum von tierischem Eiweiß. Sie greifen stattdessen verstärkt auf Produkte zurück, die aus pflanzlichem Protein hergestellt werden. Noch ist der Markt für diese Fleischersatzprodukte relativ klein. Doch Fachleute schätzen, dass er im Jahr 2025 etwa 2,4 Mrd. Euro erreichen wird – und Europa ist schon jetzt Spitzenreiter mit einem Anteil von 40 %.

Es braucht also neue pflanzliche Proteinquellen – und kluge Methoden, um sie zu erschließen. Zunehmend rückt dabei die vielseitig nutzbare Hanfpflanze in den Fokus. Dabei spielt ihre berauschende Wirkung keine Rolle: Nutz- oder Industriehanf ist praktisch frei von der psychoaktiven Substanz THC.

Zusammensetzung wie bei Eiklar

Im Projekt Tastino möchten Wissenschaftlerinnen der Universität Hohenheim zusammen mit dem Unternehmen Signature Products aus Pforzheim nun Hanf-Samen als neue Proteinquelle für die menschliche Ernährung erschließen. „Die Samen weisen bis zu 25 % Protein auf, dessen Zusammensetzung der von Eiklar gleicht. Es enthält alle essentiellen Aminosäuren und weist damit eine hohe biologische Wertigkeit auf“, beschreibt Dr. Forough Khajehei, Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung, die Vorteile von Hanf-Protein. „Es ist zudem leicht verdaulich und hat eine wünschenswerte, zähe, fleischähnliche Textur, die im Mund das Gefühl erzeugt, auf Fleisch zu beißen.“

Doch nicht jede Hanfsorte ist für jedes Produkt geeignet. Insgesamt testen die Wissenschaftlerinnen der Universität Hohenheim auf den Versuchsflächen des Ihinger Hofs bei Renningen derzeit rund 20 Sorten. Dabei interessieren sie sich beispielsweise dafür, wie die idealen Anbaubedingungen aussehen müssen, ob die Pflanzen für Krankheiten anfällig sind oder wie hoch der Ertrag ist. Ihr spezielles Augenmerk gilt aber den Inhaltsstoffen der Samen, insbesondere der Proteinzusammensetzung und des Öles, und welche Hanfsorten für welche Produkte am besten geeignet sind.

Hanfzulieferer kümmert sich um regionale Wertschöpfungskette

Die Wissenschaftlerinnen kooperieren dabei mit einem der großen Hanfzulieferer in Europa, der zunächst in Form eines sogenannten Reallabors verschiedene Technologien oder Geschäftsmodelle unter realen Bedingungen erproben und zur Marktreife bringen wird.

Das Unternehmen Signature Products organisiert in Zusammenarbeit mit Landwirten, regionalen Verarbeitern, Vertretern der Gastronomie und des Lebensmitteleinzelhandels in Baden-Württemberg die vollständige regionale Wertschöpfungskette. So kümmert sich das Unternehmen um den gewerbsmäßigen Anbau des Hanfs, die Verarbeitung der Hanfsamen zu Protein und die Lebensmittelentwicklung sowie Abfüllung und Vertrieb.

Bereits jetzt beliefert das Unternehmen Großkunden mit Hanfsamen und Hanfproteinen. Die meisten Produkte, die derzeit noch aus Soja oder Erbsen-Protein hergestellt werden, können zukünftig aus nachhaltig und regional hergestellten Hanfproteinen produziert werden. Mittlerweile ist nach Angaben des Unternehmens auch der Preis beispielsweise mit dem von Soja vergleichbar.

Auch gesellschaftliche Akzeptanz wird untersucht

Letztendlich soll das Projekt helfen, regionale Stoffkreisläufe zu schließen und die starke Nachfrage nach hochwertigen, protein-basierten, regional erzeugten Lebensmitteln zu erfüllen. Ein weiteres Ziel ist, die Selbstversorgungsfähigkeit der Bevölkerung in Baden-Württemberg zu steigern und zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.

Parallel untersuchen die Forscherinnen auch die gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sowie die Akzeptanz der Produkte durch den Verbraucher oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Letztendlich sollen ihre Ergebnisse in Empfehlungen für politische Entscheidungsträger münden. Im Rahmen des Bioökonomie Innovations- und Investitionsprogramms für den Ländlichen Raum (BIPL BW) wird das gesamte Forschungsprojekt vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) mit rund 1 Mio. Euro gefördert.

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