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Ende 2024 hat die Europäische Union eine Aktualisierung der Abwasserrichtlinie verabschiedet. Die Überarbeitung zielt darauf ab, die Richtlinie an den Green Deal anzugleichen, aktuelle Themen wie Mikroverunreinigungen zu berücksichtigen und das System der erweiterten Herstellerverantwortung einzuführen. Nach dem Verursacherprinzip verpflichtet die Richtlinie die pharmazeutische und kosmetische Industrie, die neuen quartären Behandlungsverfahren in kommunalen Kläranlagen zur Entfernung von Mikroverunreinigungen zu finanzieren.
16 von 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union äußerten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen einer solchen Herangehensweise auf die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, so die Zentiva-Unternehmensgruppe. Der Medikamentenhersteller beanstandet insbesondere den Finanzierungsmechanismus der Richtlinie, der eine untragbare Kostenbelastung für die Pharmazeutische- und insbesondere die Generika-Industrie darstelle. Lebenswichtige Arzneimittel könnten dadurch zum Teil unwirtschaftlich werden, fürchtet das Unternehmen.
„Zusätzliche Steuer, die die Generikaindustrie unverhältnismäßig belastet“
„Sauberes Wasser ist für unser Leben und die Herstellung von Medikamenten unerlässlich“, kommentiert Josip Mestrovic, Geschäftsführer von Zentiva Deutschland: „Wir unterstützen den Green Deal und teilen den Kerngedanken der Kommunalen Abwasserrichtlinie, aber wir können den aktuellen Umsetzungsplan nicht akzeptieren. Wir sind bereit, unseren gerechten Anteil zu zahlen, aber die Richtlinie stellt nur eine zusätzliche Steuer dar, die die Generikaindustrie aufgrund der Volumina, die wir stemmen, unverhältnismäßig stark belastet. Das können wir unter den stark regulierten Rahmenbedingungen, in denen wir arbeiten, nicht finanzieren."
Generika machen 80 % der in Deutschland verschriebenen Arzneimittel aus, wobei sie für die gesetzlichen Krankenkassen nur 8 % der Ausgaben verursachen und somit einen erheblichen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit leisten. Die Rolle der Generika besteht darin, den breiten Zugang zur Grundversorgung zu sichern und gleichzeitig die nachhaltige Finanzierbarkeit der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Mestrovic weiter: „Wir sind der Ansicht, dass die Richtlinie gegen zentrale Grundsätze der Europäischen Union verstößt. Sie ist diskriminierend und unverhältnismäßig. Es gibt keine Transparenz hinsichtlich der Daten und Methodik, die der Entscheidung der Kommission, ausschließlich die Pharma- und Kosmetikindustrie für die Kosten der Aufbereitung von kommunalem Abwasser verantwortlich zu machen, zugrunde liegen. Die Bedenken vieler Stimmen aus EU-Mitgliedsstaaten bleiben bisher ungehört. In ihrer jetzigen Form wird eine Umsetzung der Richtlinie jedoch viele Produkte wirtschaftlich unrentabel machen. Wir als Hersteller sind dann gezwungen, Arzneimittel vom Markt zu nehmen und die Menschen, die tagtäglich auf unsere Produkte angewiesen sind, können nicht mehr versorgt werden."
Das Unternehmen betont die Bedeutung von Nachhaltigkeit und die Selbstverständlichkeit von notwendigen Vorschriften, um die Qualität und Sicherheit von Medikamenten zu gewährleisten. Gleichzeitig seien jedoch die Preise für Generika strikt reguliert, „und Investitionen in Umweltinnovationen werden nicht belohnt", so Mestrovic. Die Pharmagruppe fordert deshalb auch von der neuen Bundesregierung, die Auswirkungen der Abwasserrichtlinie neu zu bewerten und die Implementierung so lange außer Kraft zu setzen. „Der jahrelange Kostendruck hat die Lieferketten bereits maßgeblich geschwächt und die Auswirkungen der Kommunalen Abwasserrichtlinie auf die Patientenversorgung wird weitestgehend unterschätzt“, sagt Mestrovic und fordert einen Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern, um eine angemessene und gerechte Lösung für die Gewährleistung von sauberem Wasser zu finden, ohne eine erschwingliche Gesundheitsversorgung in Deutschland zu gefährden.