Entscheider-Facts
- Der Bedarf an wirtschaftlichen Containment-Lösungen für das Verarbeiten und Verpacken von Arzneimitteln steigt.
- Containment sollte in Projekten der Pharmaindustrie möglichst von Anfang an gedacht werden.
Der Bedarf an wirtschaftlichen Containment-Lösungen für das Verarbeiten und Verpacken von Arzneimitteln steigt: Einerseits, weil der Anteil hochpotenter Wirkstoffe stetig zunimmt – über 50 % aller neuen Wirkstoffe haben einen OEL kleiner zehn Mikrogramm pro Kubikmeter - andererseits, weil die Wirkstoffe zunehmend empfindlicher gegenüber Umgebungseinflüssen wie Feuchtigkeit, Wärme oder UV-Strahlung sind. Dazu kommt der Trend zu kleineren Chargen, dem die Hersteller durch den Einsatz flexibler Mehrproduktanlagen begegnen. Allerdings steigt damit das Risiko für Kreuzkontaminationen nach Chargenwechseln, weshalb die Anlagen und Maschinen besser und möglichst automatisiert gereinigt werden sollten.
Christian Link, Director Application Engineering Packaging Systems beim Verpackungsmaschinenhersteller Uhlmann, sieht diesen Trend deutlich: „Vor zwanzig Jahren arbeiteten Pharmahersteller hauptsächlich mit Monolinien, bei denen auf der Maschine nur ein Wirkstoff verpackt wurde. Heute wollen die Kunden auf einer Verpackungslinie alles Mögliche verpacken. Und dieser Cocktail wird in Zukunft eine echte Herausforderung für alle Regulierungsbehörden sein.“ Link ist sich deshalb im Hinblick auf Blistermaschinen sicher: „Containment ist eine gute Option, weil die Alternative für den Betreiber viel aufwendiger wäre.“
Ohne Containment muss die Produktion bis zur Verpackungslinie beispielsweise in einem Reinraum aufgestellt werden, die Maschinen werden vom Personal im Schutzanzug bedient. Dabei entstehen laufende Kosten für das Ein- und Ausschleusen von Personen und Material sowie für das An- und Ausziehen der Schutzanzüge. Außerdem kann es bei diesem Ansatz dazu kommen, dass während der Produktion die Maschine und der umgebende Raum durch Tablettenstaub kontaminiert werden, weshalb aufwendige Reinigungszyklen notwendig werden. „Dies und auch die Qualifizierung der Bediener dauert deutlich länger, als bei der Produktion unter technischem Containment“, so Link. Zudem ist das Risiko von Kreuzkontaminationen bei der „offenen“ Produktion im Reinraum deutlich erhöht. Dazu kommen hohe Kosten zum Einrichten des Reinraumes: zum Beispiel für Schleusen und Haustechnik. Gefolgt von hohen Kosten im Betrieb, wenn Energiekosten, Reinigungskosten und Zeiten sowie Kleidungswechsel betrachtet werden. „Gesamtheitlich betrachtet ist hier das Containment auf der Maschine der eindeutige Sieger“, so Link.
Auch deshalb werden technische Ansätze wie der Aufbau des Containment innerhalb der Maschinen immer wichtiger. Dabei werden geschlossene Behälter mit Solida an die Maschine – beispielsweise an einen Wirbelschichtapparat, eine Tablettenpresse oder eine Blister-Verpackungsmaschine – transportiert und unter Containment-Bedingungen geöffnet. Das Containment wird dann so lange aufrechterhalten, bis die Tabletten komplett im Blister versiegelt sind. Das Bedienpersonal kann dabei ohne spezielle Schutzanzüge arbeiten. Bei Produkt- und Formatwechseln werden die Containment-Linien mit einem definierten bzw. qualifizierten Prozess gereinigt und stehen vergleichsweise schnell wieder zur Verfügung.
Containment in Projekten von Anfang an denken
Wichtig ist aus Sicht des Verpackungsmaschinen-Herstellers, dass Containment in Projekten der Pharmaindustrie möglichst von Anfang an gedacht wird. Je früher Experten des Lieferanten für Prozessequipment in die Konzeption einer neuen Produktionsanlage einbezogen werden, desto besser können Schnittstellen zwischen Maschinen sowohl mechanisch als auch mechatronisch aufeinander abgestimmt werden.
Diese Sichtweise teilt der Verpackungsmaschinenhersteller beispielsweise mit dem Prozessmaschinen-Lieferanten Glatt: Beide Unternehmen sind Teil der Excellence United, einem Verbund von Prozessausrüstern entlang der pharmazeutischen Wertschöpfungskette, die sich von der Wirkstoffproduktion bis zur Verpackung erstreckt.
Michael Maintok, Business Development Manger Key Technologies bei Glatt, beobachtet seit Jahren die Entwicklungen und sieht eine klare Richtung: „Containment liegt im Trend, weil einerseits immer mehr hochwirksame Produkte verarbeitet werden, andererseits die regulatorischen Anforderungen immer schärfer werden.“ Maintok ist überzeugt: „Hochaktive, reine Wirkstoffe müssen in einer geschlossenen Umgebung gehandhabt werden – das geht nicht außerhalb eines Isolators.“ Dabei geht es aus Sicht des Containment-Experten zwar auch um den Schutz des Anlagenpersonals, aber auch das Risiko der Kreuzkontamination der Wirkstoffe muss ausgeschlossen werden. Und dies – so Christian Link und Michael Maintok – kann in dem definierten, geschlossenen Raum einer Maschine viel besser bewältigt werden, als in einem offenen Reinraumbereich.
10 Jahre Excellence United
2011 gegründet, bündeln in der Excellence United vier international führende Unternehmen im Spezialmaschinen- und Anlagenbau ihre Expertise und Erfahrung. Das Angebot umfasst die Planung und Realisierung von Produktions- und Verpackungslinien für alle Darreichungsformen von Arzneimitteln. Mitglieder sind der Feststoff-Prozesspezialist Glatt, der Tablettenpressen- und Kapselfüllmaschinenanbieter Fette Compacting und die Verpackungsmaschinen-Hersteller Harro Höfliger sowie Uhlmann Pac-Systeme.
Die Containment-Experten der Excellence United, zu der auch der Verpackungsmaschinen-Anbieter Harro Höfliger und der Tablettenpressen-Hersteller Fette gehören, empfehlen ihren Kunden, bereits in frühen Projektstadien das Gespräch mit den Lieferanten zu suchen. So lassen sich individuell Konzepte entwickeln, die sowohl dem Bedürfnis nach Risikominimierung im Hinblick auf Produkt und Personal Rechnung tragen, als auch den Aufwand für die Containment-Lösung auf das Nötigste begrenzen. Denn: Containment-Anlagen sind in der Anschaffung teuer, spielen ihre Vorteile allerdings im laufenden Betrieb aus.
Dass das technisch Mögliche in den Anfangstagen der Containment-Technik zum Teil der Maßstab war und die Kosten in die Höhe getrieben hatte, sehen die Experten durchaus selbstkritisch. Bis heute gelten Containment-Lösungen als teuer. Allerdings hat sich die Situation mit wachsender Erfahrung auf Seiten der Anbieter und Betreiber geändert: Wenn es um den Umfang einer Containment-Lösung geht, lautet heute die Maxime „so wenig wie möglich, so viel wie nötig.“ Ein Anspruch, der vor allem den intensiven Austausch zwischen den Projektpartnern erfordert.
Nicht nur an das Betriebspersonal, sondern auch an die Techniker denken
Zunehmend rücken bei der Konzeption von Containment-Systemen auch mögliche Fehlerszenarien in das Blickfeld von Betreibern und Technik-Lieferanten. So lassen sich die Auswirkungen von Havarien in geschlossenen Maschinen deutlich einfacher begrenzen, als in kompletten Reinräumen. Die Mitglieder der Excellence United können dabei auf eigene Messwerte und Erfahrungen aus gemeinsamen Projekten zurückgreifen. So ist laut Michael Maintok nicht nur der Produktionsbereich zu betrachten, sondern spielt das Containment-Konzept auch in den technischen Bereichen und Komponenten eine wichtige Rolle: „Techniker, die beispielsweise Filter wechseln, müssen vom Containment ebenso geschützt werden, wie die regulären Produktionsmitarbeiter.“
Der Prozessmaschinen-Anbieter Glatt hat diese Aspekte bei der Konstruktion seiner Wirbelschichtapparate, Granulatoren und Maschinenschnittstellen im Blick. Und auch bei Uhlmann sollen Verpackungsmaschinen mit Containment möglichst genauso einfach zu bedienen sein, wie eine Maschine ohne. „Mit intelligenten Konstruktionen legen wir bereits in frühen Phasen eines Projekts die Grundlagen. Je früher wir mit dem Kunden über die Schnittstelle zwischen Bediener und Maschine sprechen und verstehen lernen, wie der Kunde die Maschine benutzen will, desto besser können wir diese gestalten“, so Christian Link.
Eine Tatsache, die sich aus Erfahrung der Containment-Experten auch auf die Schnittstellen zwischen Maschinen sowie im Projekt bezieht: „Wir können auch auf unsere Erfahrungen zurückgreifen, die wir als Gruppe in der Vergangenheit durchgeführt haben“, so Link: „Vom Sprühtrockner bis zur Verpackung sind alle Unternehmen der Excellence United involviert, und am Ende hat der Kunde eine Produktionskette, die passt und die alle regulatorischen Anforderungen erfüllt. Bei unseren gemeinsamen Projekten gibt es keine Lücke zwischen den Maschinen.“ Die Mitgliedsunternehmen der Vereinigung können dabei auch auf einen wachsenden Schatz an Daten und Messwerten zurückgreifen: So tauschen sich die Mitglieder zu Expositionsmessungen und Erfahrungen aus der Praxis aus und bringen diese Expertise in neue Projekte ein. „Unsere Kunden machen das im Gegensatz zu uns nicht jeden Tag. Wir dagegen nehmen das Wissen von einem Projekt zum anderen mit und schaffen so einen echten Mehrwert“, verdeutlichen Michael Maintok und Christian Link.
OEL, OEB und ADE
Die Abkürzungen OEL, OEB und ADE stehen für Bereiche und Werte, die Auskunft über das Risiko von toxischen oder aktiven Wirkstoffen im Hinblick auf das Betriebspersonal geben. Das Occupational Exposure Limit OEL wird durch pharmakologische und toxikologische Tests bestimmt und gibt an, in welcher Konzentration Anlagenbediener im Laufe eines Arbeitstags maximal ausgesetzt werden dürfen. Das OEL ist die Zielgröße, die vom Containment einer Anlage erreicht werden soll Das Occupational Exposure Band, OEB, beschreiben dagegen fünf Bereichen, denen die OEL zugeordnet werden. OEB beschreibt dabei die Toxikologie des reinen Stoffes, während OEL die Konzentrationsbelastung während einer 8-Stunden-Schicht ausdrückt. Die Acceptable Daily Exposure, AEL, gibt ebenfalls Auskunft über die Giftigkeit eines Stoffes und ist ein Referenzwert, der von Behörden für Stoffe festgelegt wird.
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