Bild einer Aufnahme am Gerät

Fotorealistische digitale Zwillinge können aus Digital-Aufnahmen entstehen. (Bild: Framence)

Insbesondere Produktionsstätten sind aufgrund von Produktwechseln und Umbaumaßnahmen einem stetigen Wandel unterworfen. Hier können digitale Zwillinge einen erheblichen Mehrwert schaffen, indem die Veränderungen an den Anlagen in der Software genau dokumentiert werden. Da der digitale Zwilling über den gesamten Lebenszyklus der Assets Informationen sammelt, können sämtliche Veränderungen der Anlagen in Echtzeit nachverfolgt werden. So bieten digitale Zwillinge eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten und Vorteilen für Betreiber von Produktionsstätten in den oben genannten Branchen.

Ob zur Nachweisführung bspw. der Einhaltung von GxP, des neuen Lieferkettengesetzes, von Energieeinsparungen oder aus versicherungstechnischen Gründen: Es gibt kein Unternehmen, das sich Audits entziehen kann. Besonders die Pharma- und Lebensmittelindustrie ist vielen gesetzlichen Regulatorien unterworfen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Informationen transparent und nachvollziehbar geführt und datentechnisch vorgehalten werden. Digitale Zwillinge können hier mit ihren umfassenden, revisionssicheren Dokumentationsmöglichkeiten einen erheblichen Mehrwert liefern, um auditsichere Daten und die erforderlichen Nachweise für den Betrieb von technischen Anlagen gemäß der geltenden Auditrichtlinien besonders schnell und verlässlich zu liefern. Kündigt sich der Auditor an, sind alle Informationen per Mausklick sofort abrufbar. Dies ist besonders relevant, da fehlende Daten zu einem schlechten Auditergebnis führen können.

Prozessoptimierung führt zu Qualitätssicherung

Ein weiterer zentraler Vorteil von digitalen Zwillingen in der Pharma- und Lebensmittelindustrie ist die Möglichkeit, die Instandhaltung von Maschinen und Anlagen zu optimieren. Durch die Überwachung von Maschinenausfallzeiten und -störungen in Echtzeit können Betreiber gezielter und präventiv Wartungsarbeiten durchführen, statt erst zu reagieren, wenn es bereits zu Ausfällen gekommen ist. Dies kann dazu beitragen, nicht nur Stillstandzeiten zu minimieren, sondern auch die Lebensdauer von technischen Anlagen zu verlängern.

Mithilfe von digitalen Zwillingen können darüber hinaus Prozesse in Echtzeit visualisiert, analysiert und betrachtet werden. Unternehmen können mit den gesammelten Informationen Engpässe und Ineffizienzen identifizieren und Verbesserungen vornehmen. So werden Probleme oder Abweichungen von Standards frühzeitig erkannt und behoben, wodurch die Produktqualität und -sicherheit für Menschen und Patienten gewährleistet sowie das Risiko kostspieliger Rückrufaktionen verringert wird.

Auch der Bereich des Onboardings und Trainings kann mithilfe von digitalen Zwillingen optimiert werden. Es können immersive, interaktive Trainings- und Onboarding-Umgebungen geschaffen werden, die es bestehenden und neuen Mitarbeitern ermöglichen, in einer sicheren und kontrollierten Umgebung Fähigkeiten zu üben und neue Fertigkeiten zu erlernen.

In den Bildmodellen sind selbst kleinste Details wie Typenschilder oder Beschriftungen sichtbar, was eine realitätsnahe Einweisung neuen Personals erleichtert. Wichtige Anweisungen, Informationen oder auch Handbücher können zudem präzise an der jeweiligen Anlage verortet werden, sodass der Anwender alle Details immer im Blick hat.

Mithilfe von digitalen Zwillingen können Unternehmen der Pharma- und Lebensmittelindustrie ihren potenziellen Investoren immersive Erlebnisse wie zum Beispiel virtuelle Produktdemonstrationen oder virtuelle Touren durch die jeweiligen Produktionsstätten ermöglichen. Dadurch können auch internationale Investoren die Fabrik in kürzester Zeit betreten und sich einen ersten Eindruck von der Umgebung verschaffen, ohne dafür den eigenen Schreibtisch verlassen zu müssen. Durch das Anbieten von virtuellen Rundgängen spart das Unternehmen nicht nur Reisekosten, sondern hebt sich auch im Wettbewerb um die hart umkämpften Investoren von der Konkurrenz ab.

Mann vor Leitungen von hinten mit Schutzkleidung
Bildaufnahmetechnik der fotorealistischen digitalen Zwillinge. (Bild: Framence)

KI erstellt Zwilling aus Bildern

Ob zur Optimierung von Produktionsprozessen, zur Verkürzung von Downtimes oder zum Onboarding und Schulung von Mitarbeitern: digitale Zwillinge bieten viele Vorteile. Doch wie genau entsteht ein solcher Zwilling? Das Startup Framence aus dem südhessischen Bensheim hat ein Verfahren zur Erstellung von digitalen Zwillingen entwickelt, die die Realität fotorealistisch à la Google Street View abbilden. Aus einfachen Fotos, die mittels einer Digitalkamera gemacht werden, entsteht ein maßhaltiger, fotorealistischer digitaler Zwilling. Eine 3D-Nachmodellierung ist somit nicht mehr notwendig.

Da die Software herstelleragnostisch ist, können über sogenannte Points-of-Information (PoI) jegliche Informationen aus Fremdsystemen wie Dashboards, Anleitungen, Videos oder Mess- und Sensorwerte in den Zwilling eingebunden und präzise an der jeweiligen Anlage angezeigt werden. Über die PoI kann der Nutzer zudem in Fremdsysteme wie SAP, EAM, CMS oder Energiemanagementsysteme abspringen und dort weiterarbeiten. Darüber hinaus können andere Dateiformate wie bereits vorhandene Punktwolken oder 3D-Modelle zusätzlich für die Erstellung und Aktualisierung des digitalen Zwillings genutzt werden. Alle Informationen können zudem in AR bzw. VR abgerufen und betrachtet werden.

Da die Software ferner hardwareunabhängig ist, wird für ihre Verwendung nur ein Endgerät mit Internetverbindung und Kamerafunktion benötigt. Dies ist besonders für diejenigen Aufgaben vorteilhaft, die an der Anlage ausgeführt werden müssen, da Mitarbeiter einfach über ihr Smartphone oder Tablet die benötigten Informationen abrufen können.
Auf dem Markt gibt es verschiedene Möglichkeiten, einen digitalen Zwilling zu erstellen. Der Vorteil von fotorealistischen digitalen Zwillingen liegt in deren hohen Genauigkeit. Da die Fotos eine hohe Auflösung aufweisen, ist der digitale Zwilling sehr genau und gibt die realen Geometrien und Farben von Anlagen und Umgebungen exakt wieder.

Hinzu kommt noch, dass fotorealistische digitale Zwillinge in ihrer Erstellung äußerst schnell und unkompliziert sind. Dank der Fotos und einer in der Software integrierten KI wird der Zwilling automatisch erstellt, nachdem die Bilder in die Software hochgeladen wurden. Die KI erkennt anhand gemeinsamer Fotomerkmale, welche Bilder eine Anlage beziehungsweise einen Raum bilden, und ordnet sie entsprechend in der Software an.

Auch die Aktualisierung solcher Zwillinge ist schnell gemacht. Ändert sich die reale Umgebung oder die Anlage, zum Beispiel aufgrund von Modernisierungen, können neue Fotos mittels einer Digitalkamera oder auch eines Smartphones gemacht und verwendet werden, um den digitalen Zwilling zu aktualisieren. So ist der fotorealistische Zwilling immer auf dem neuesten Stand und stellt eine Informationsplattform dar, auf die man sich verlassen kann, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

 

Bildschirmanzeige vor Leitungen
Über Points-of-Information sind wertvolle Zusatzinformationen zugänglich. (Bild: Framence)

Wie sieht die Zukunft digitaler Zwillinge aus?

Digitale Zwillinge werden in Zukunft in der Pharma- und Lebensmittelindustrie noch mehr eingesetzt werden. Gründe dafür sind unter anderem die verbesserte Effizienz sowie erhöhte Qualitätskontrolle, die solche Technologien bieten.

Eine umfassendere Integration digitaler Zwillinge in die Prozesse und Anlagen der Pharma- und Lebensmittelindustrie wird dazu führen, dass diese noch stärker in Echtzeit überwacht und analysiert werden. Somit wird noch wesentlich früher auf mögliche Probleme oder auf bestehendes Verbesserungspotenzial hingewiesen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf Downtimes von großer Bedeutung, da diese mit hohen Umsatzverlusten einhergehen.

Eine weitere mögliche Entwicklung ist die zunehmende Verwendung von Machine Learning und künstlicher Intelligenz zur Analyse von Daten und zur Verbesserung von Prozessen und Anlagen. Dadurch werden digitale Zwillinge noch präziser sowie zuverlässiger und bieten deshalb einen noch größeren Nutzen für die Pharma- und Lebensmittelindustrie.

Insgesamt ist es heute noch schwer, genauer vorauszusagen, wie sich digitale Zwillinge in der Pharma- und Lebensmittelindustrie in Zukunft entwickeln. Sicher ist jedoch, dass sie weiter an Bedeutung gewinnen und eine wichtige Rolle bei der Optimierung von Prozessen und Anlagen spielen werden.

Grafik vor Leitungen
Instandhaltungsmaßnahmen lassen sich mit den Zusatzinformationen planen. (Bild: Framence)

Entscheider-Facts

  • Digitale Zwillinge sind eine zunehmend wichtige Methode zur Anlagenüberwachung und
  • Mit Unterstützung durchkünstliche Intelligenz lassen sich photorealistische Zwillinge per Digitalefotographie erstellen.
  • Damit entstehen Anlagenabbilder mit hoher Genauigkeit, die sich zudem leicht aktualisieren und erweitern lassen.

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