Alternative zu Medizinprodukten aus Erdöl

Biovox und Uni Frankfurt: Biokunststoff für Infusionsbeutel

Medizinische Einwegartikel aus Kunststoff tragen zur Müllbelastung und zu Treibhausgasemissionen im Gesundheitssektor bei. Darum arbeiten die Frankfurt University of Applied Sciences und Biovox an einem Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen für Infusionsbeutel.

Medizinische Einwegartikel aus Kunststoff tragen zur Müllbelastung und zu Treibhausgasemissionen im Gesundheitssektor bei. Darum arbeiten die Frankfurt University of Applied Sciences und Biovox an einem Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen für Infusionsbeutel.
Im Sicherheitslabor wird die Biokompatibilität der entwickelten Biokunststoffe analysiert.

Wo liegt das Problem mit konventionellem Kunststoff?

In deutschen Kliniken entstehen laut einer Studie der Hochschule Pforzheim durchschnittlich rund 8,3 kg Abfall pro Patient und Krankenhausaufenthalt. Medizinische Einweg-Produkte können aufgrund hoher Hygiene- und Sicherheitsanforderungen nur stark eingeschränkt wiederverwertet werden, daher wird Medizinabfall größtenteils verbrannt, was die Klimabilanz der Kliniken zusätzlich belastet.

Biobasierte Kunststoffe minimieren zusammen mit effektivem Recycling den CO2-Aussstoß von Medizinprodukten. Sie gelten als nachhaltiger als konventioneller Kunststoff, weil bei ihrer Verbrennung lediglich das CO2 freigesetzt wird, das die Pflanzen zuvor aufgenommen haben. Zudem bieten sie die Chance, ohne schädliche Additive wie Weichmacher auszukommen.

Ein Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Diana Völz, Professorin für Produktentwicklung, Konstruktion und CAD, und Prof. Dr. Ilona Brändlin entwickelt gemeinsam mit dem Start-up Biovox einen Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen für Infusionsbeutel. Das Projekt trägt den Titel Bio_K_Sub.

Die besondere Herausforderung für unser Vorhaben besteht darin, einen Kunststoff zu entwickeln, der neben der geforderten Biostabilität auch alterungsbeständig ist und zum Beispiel UV-Resistenz aufweist. Hierfür sind spezielle Kenntnisse im Bereich des Compoundierens, also des Beimischens von Zuschlagstoffen zum Erzielen der erwünschten Eigenschaften, notwendig“, erläutert Völz.

Das Start-up entwickelt die „Rezeptur“ für das Kunststoffgranulat auf Basis von Zellulose, Zuckerrohr oder Maisstärke – es hat bereits Kunststoffcompounds für andere Anwendungen, wie Gehäuse von veganen Schwangerschaftsschnelltests und Griffe für chirurgische Instrumente hergestellt. Die angepassten Biokompatibilitätsnachweise und physikalischen sowie chemischen Sicherheitsprüfungen erfolgen an der Frankfurt UAS.

„Der Nachweis der Biokompatibilität ist wesentlich für die spätere Marktreife, da dies ein wichtiger Aspekt für die Nutzbarkeit des Werkstoffs ist“, erklärt Brändlin. Die Analysen der Biokompatibilität der entwickelten Biokunststoffe erfolgen unter ihrer Leitung mithilfe von eukaryotischen Zellkulturen in einem Sicherheitslabor nach dem 3R-Prinzip, um Tierversuche zu vermeiden: Replace = Vermeiden, Reduce =Verringern, Refine = Verbessern. Die Zugversuche am Kunststoff, die Aufschluss über wichtige mechanische Eigenschaften wie Streckspannung, Streckgrenze und Reißfestigkeit des Werkstoffs geben, erfolgen im Biomechanik-Labor. Die angestrebten Werkstoffeigenschaften hinsichtlich der Beständigkeit und Einsetzbarkeit des neu entwickelten biobasierten Kunststoffes lassen sich perspektivisch auch für andere medizinische Behälter wie Blutbeutel nutzen.