- Das neue Radar-Füllstandmessgerät Vegapuls 64 arbeitet mit einer Signalfrequenz von 80 GHz. Dadurch ist die Messkeule enger fokussiert (3°), als bei den bisher üblichen 26 GHz-Geräten (10°).
- Die engere Fokussierung führt dazu, dass die Messung auch in Behältern mit komplexen Geometrien und Einbauten gelingt.
- Die große Dynamik in Verbindung mit dem fokussierten Strahl ermöglicht es, sehr kompakte Sensoren und Antennen zu bauen.
Die berührungslos arbeitenden Radargeräte sind deshalb auch in diesen Industrien im Trend. Trotzdem gab es in der Praxis aufgrund der Einbausituation, der geforderten Genauigkeit und dem abzudeckenden Messbereich Einschränkungen. Mit einem neu entwickelten Freistrahl-Radar werden nun auch solche Anwendungen abgedeckt.
In der Pharmaindustrie geht der Trend zu immer kleineren Produktionsmengen. Für die Produktion der immer potenteren und auch teureren Wirkstoffe werden immer häufiger neue Produktionskonzepte und kleinere Anlagen genutzt. Und je dichter und komplexer die Anlagen, desto höher werden die Anforderungen an die eingesetzte Messtechnik. Klassische Messverfahren wie kapazitive Füllstandsensoren oder andere Prinzipien, bei denen der Sensor vom zu messenden Medium berührt wird, scheiden aus Gründen der Reinigbarkeit und Hygiene oft aus.
In den vergangenen Jahren haben sich deshalb freistrahlende Radargeräte bewährt, bei denen der Sensor den Füllstand berührungsfrei erfasst. Bei Behältern mit Einbauten – das sind beispielsweise Rührer, Stromstörer oder Wärmetauscher – kann es allerdings zu Störreflexionen und Einschränkungen beim Messbereich kommen. Außerdem können Anhaftungen am Sensor, Schaum oder Dämfe das Messsignal stören. Dazu kommt, dass die für die Fokussierung des 26 GHz-Signals erforderlichen Antennen vergleichsweise groß sind – für die immer filigraneren Produktionsmodule der Pharmazeuten häufig sogar zu groß.
Um die Gründe dafür zu verstehen, hilft ein Blick auf das Messprinzip. Dieses beruht auf der Messung der Laufzeit eines Radar-Signals (Mikrowelle), das an der Flüssigkeitsoberfläche reflektiert wird. Beim Puls-Radar besteht das Radarsignal aus kurzen Pulsen, der Füllstand wird aus der Laufzeit der Pulse vom Sender über die reflektierende Oberfläche und zurück zum Empfänger ermittelt. Im Gegensatz zum Puls-Radar liegt beim FMCW-Gerät das Signal kontinuierlich an, die Frequenz wird jedoch moduliert.
Der Radarstrahl tritt vom Sensor mit einem definierten Öffnungswinkel aus: Wie groß dieser ist, d.h., wie scharf fokussiert er auf die zu messende Oberfläche auftrifft, hängt von der Sendefrequenz und der Antennenfläche ab. Je höher die Frequenz und je größer die Antenne, desto besser die Fokussierung. Trifft der Radarstrahl auf Behältereinbauten, dann entstehen Reflexionen, die – wenn sie groß genug sind – vom Sensor als Messsignal fehlinterpretiert werden können. Dieser meldet oder zeigt dann unter Umständen nicht die Füllhöhe, sondern die Position beispielsweise eines Rührflügels.
Bei einem in der Flüssigkeitsmessung üblichen 26-GHz-Füllstandradar (Abstrahlwinkel 10°) wächst der Durchmesser der Signalkeule in 2 m Entfernung vom Sensor auf mehr als 75 cm. Um das Signal zu fokussieren, werden deshalb Antennen – beispielsweise Hornantennen – eingesetzt. Doch je größer die Antenne, desto mehr Platz ist für den Einbau notwendig, was vor allem auch bei kleinen Behältern ungünstig ist.
Hochfrequenz-Radar fokussiert Signale stärker und sorgt für mehr Messsicherheit
Der Füllstand- und Druckmesstechnikspezialist Vega hat nun ein Radar-Füllstandmessgerät für Flüssigkeiten entwickelt (Vegapuls 64), das mit einer Frequenz von 80 GHz arbeitet. Mit einem Abstrahlwinkel von 3° erlaubt der auf der Plics-Plattform des Herstellers basierende Sensor die Messung von schwierigen Medien und den Einsatz bei komplexen Behältergeometrien.
Im Vergleich zum bisher verwendeten 26-GHz-Radar vergrößert sich der Durchmesser der Signalkeule in 2 m Entfernung lediglich auf rund 20 cm. Zusätzlich zur engeren Fokussierung zeichnet sich das Gerät durch einen hohen Dynamikbereich aus. Die Dynamik beschreibt den Unterschied zwischen dem kleinsten noch messbaren und dem größten Signal. Ein Signal-Rausch-Abstand von 120 dB ermöglicht es, auch Medien mit schlechten Reflexionseigenschaften zu messen. Außerdem bietet die Dynamik in Kombination mit der besseren Fokussierung des hochfrequenten Messsignals mehr Reserven, um auch dann noch zuverlässig zu messen, wenn klebrige Medien oder Kondensat am Sensor haften.
Was bringt die neue Technik nun für die oben beschriebenen Problemstellungen? Dazu hat der Hersteller seit Dezember 2015 rund 200 Geräte der Null-Serie in sehr unterschiedlichen und in der Regel schwierigen Anwendungen im Einsatz. In der Praxis hat sich dabei gezeigt, dass die Messsicherheit in einem Rührbehälter mit Einbauten über den gesamten Messbereich deutlich besser ist, als bei den bisher eingesetzten 26-GHz-Geräten. Auch in ungünstigen Einbausituationen, beispielsweise dann, wenn die Geräte nahe an der Behälterwand montiert werden, wird eine hohe Genauigkeit erreicht. Während beispielsweise bei der Montage auf Stutzen oder auf einem Kugelhahn die Füllhöhe aufgrund von Störreflexionen im Stutzen eingeschränkt war, kann aufgrund der besseren Signalfokussierung nun über die gesamte Behälterhöhe gemessen werden. Insgesamt führt die höhere Messfrequenz von 80 GHz dazu, dass Störsignale im Nahbereich des Sensors deutlich reduziert werden. Dadurch sinkt der bisher notwendige Abstand zwischen Antenne und Flüssigkeitsoberfläche (Blockdistanz) – eine wichtige Voraussetzung, um in kleinen Behältern zu messen. Nun kann mit einer deutlich höheren Messgenauigkeit bis zum Prozessanschluss und bis hinunter zum Behälterboden gemessen werden.
Für kleine Behälter gibt es den Sensor in einer Variante mit einem lediglich 3/4 Zoll großen Prozessanschluss. Möglich wird dies ebenfalls durch die hohe Signalfrequenz, die bei kleiner Antennengeometrie genügend Signalreserve für die Messung bietet. Dadurch kann die berührungsfreie Radartechnik in neuen Anwendungen eingesetzt werden. So ist es beispielsweise möglich, durch die Wand von Glas- oder Kunststoffapparaten hindurch zu messen. Damit eignen sich die Geräte auch für den Einsatz in Technikums- und Kleinproduktionsanlagen, in denen für Glasapparate künftig kein Prozessanschluss mehr benötigt wird.
Überall dort, wo der Sensor allerding nach wie vor in die Anlage eingebaut wird, ermöglichen die nun kleineren Antennen einen einfacheren Einbau. Für die Pharma- und Lebensmittelindustrie werden an den Sensoren dort, wo sie mit dem Produkt in Berührung kommen können, Materialien verwendet, die von der FDA zertifiziert sind bzw. der EU-Verordnung 1935/2004 (Kelch-Gabel-Symbol) entsprechen. Auch 3A-und EHEDG-Zertifikate liegen für die Geräte vor. Geräte mit SIL-Zertifizierung für den Einsatz in Schutzfunktionen sind derzeit noch nicht verfügbar, sollen aber in den kommenden Jahren hinzu kommen.
BLUETOOTH-BEDIENMODUL
Drahtlos per Handy-App parametrieren
Für seine komplette Plattform an Füllstand- und Drucksensoren hat Vega nun zeitgleich zum neuen Radargerät die nächste Generation des Anzeige- und Bedienmoduls Plicscom vorgestellt. Neu ist dabei eine Bluetooth-Lösung, mit der sich alle Prozesssensoren der Geräteplattform Plics per App aus der Ferne bedienen lassen. Die drahtlose Kommunikation ist insbesondere für schwer zugängliche Stellen, raue Industrieumgebungen sowie Ex-Bereiche interessant und erhöht die Sicherheit des Personals. Das neue Modul ist abwärtskompatibel und lässt sich für die gesamte installierte Basis von über 1,5 Mio. Plics-Sensoren nutzen. Diese können aus sicherer Entfernung mit dem Smartphone oder Tablet konfiguriert und parametriert werden. Auch Anzeige- und Diagnosefunktionen stehen zur Verfügung. Daneben ermöglicht ein neuer Magnetstift die berührungslose Bedienung bei geschlossenem Deckel durch das Sichtfenster hindurch. Aufwendige Genehmigungen im Ex-Bereich (Feuerscheine) werden laut Hersteller durch den Einsatz von Bluetooth-Technik oder Magnetstift überflüssig.