- Zusammensetzung, Form, Abmessungen und das Prüfgerät bestimmen den Druckfestigkeitswert einer Tablette.
- Aus der unterschiedlichen technischen Erfassung des Kraftmaximums unterschiedlicher Geräte ergibt sich auch bei gleichen Einstellungen ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Messwerten.
- Um vergleichbare Messwerte unterschiedlicher Bruchfestigkeitstester zu erhalten, muss ein Umrechnungsfaktor für spezifische Geräteeinstellungen und Tablettenspezifikationen ermittelt werden.
- Je mehr Messpunkte vorhanden sind, desto genauer lässt sich die Bruchfestigkeit ermitteln.
Wegen dieser unklaren Definition sind diverse Apparaturen erhältlich, um die Bruchfestigkeit von Tabletten zu bestimmen. Sie basieren auf unterschiedlichen Messprinzipien (z.B. konstante Vorschubgeschwindigkeit, konstanter Kraftanstieg) und weisen verschiedene Funktionen auf. Eine Aussage über die Vergleichbarkeit der Messergebnisse unterschiedlicher Bruchfestigkeitstester zu machen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe und bedarf einiger Vorarbeit – sowohl im Analyselabor, als auch am Computer zur statistischen Auswertung. In der Qualitätskontrolle von Bayer Pharma hat sich eine Mitarbeiterin dieser Aufgabe gestellt. Denn dort kommen drei verschiedene Geräte zum Einsatz: Zum einen wird das Tabletten-Prüfsystem HT 100 von Sotax (im Folgenden als Gerät 1 bezeichnet) verwendet. Dieses Gerät misst die wichtigsten physikalischen Parameter wie Bruchfestigkeit, Masse, Höhe, Durchmesser und Länge. Darüber hinaus kommen bei dem Pharmaproduzenten zwei Geräte von Dr. Schleuniger Pharmatron (als Gerät 2 und 3 bezeichnet) zum Einsatz. Gerät 2 ist der Pharmatron 8M und kombiniert bis zu vier Parameter, nämlich Masse, Dicke, Durchmesser und Bruchfestigkeit, in einem Prüfprotokoll; Gerät 3 ist der Pharmatron 6D und eignet sich sowohl für Einzeltests als auch für Testreihen von bis zu 100 Prüflingen. Er bestimmt die gleichen Parameter wie die Geräte 1 und 2 und ermöglicht das Drucken von Prüfprotokollen einschließlich statistischer Auswertung.
Auf das Tempo kommt es an
Für die Vergleichstests wurden zunächst Tabletten hergestellt, bei denen Stichproben zeigten, dass keine statistisch signifikanten Unterschiede bestehen. So lassen sich signifikante Unterschiede zwischen Messwerten nicht auf eine fehlerhafte Tablettenproduktion mit Schwankungen der Masse oder Bruchfestigkeit zurückführen. Bei der Vergleichsanalyse der Bruchfestigkeitstester mit den unterschiedlichen Messmethoden hat die Anwenderin zuerst den Geschwindigkeitsmodus untersucht. Die Auswertung der Messergebnisse ergab, dass bei Gerät 1 die Druckfestigkeit der vermessenen Tablettenchargen mit steigender Prüfgeschwindigkeit zunimmt. Zudem nimmt mit steigender Druckfestigkeit der Tabletten die relative Standardabweichung ab. Tests mit dem vergleichbaren Gerät 2 zeigten hingegen, dass mit zunehmender Prüfgeschwindigkeit der Backen die Druckfestigkeitswerte der verschiedenen Chargen zunächst ansteigen und anschließend wieder abfallen. Auch hier nimmt mit zunehmender Druckfestigkeit der Tabletten die relative Standardabweichung ab. Daraus lässt sich schließen, dass beide Geräte hohe Druckfestigkeiten präziser ermitteln als geringe Druckfestigkeiten.
Durch Auftragen der Druckfestigkeitsmittelwerte bei verschiedenen Prüfgeschwindigkeiten in einem Diagramm lassen sich Geraden ermitteln, welche die Korrelation der Prüfgeschwindigkeit mit den Druckfestigkeitswerten zeigen. Daraus ist abzulesen, dass innerhalb dieser Geraden ein Messintervall existiert, in dem sich die Messwerte nicht statistisch signifikant unterscheiden. Das heißt, Messwerte in diesem Geschwindigkeitsbereich des Bruchfestigkeitstesters schwanken weniger stark bei Änderung der Prüfgeschwindigkeit. Daher sollte der Benutzer mit beiden Geräten in diesem ‚Arbeitsbereich‘ der Geraden messen. Nach Ermittlung der Druckfestigkeit bei unterschiedlichen Prüfgeschwindigkeiten an den Geräten hat die Anwenderin bei Bayer Pharma geprüft, ob die Druckfestigkeitswerte der beiden Tester bei gleichen Einstellungen vergleichbar sind. Dazu hat sie statistische Signifikanztests vorgenommen. Aus den Untersuchungen folgt jedoch, dass die Messergebnisse der Tester auch bei gleichen Einstellungen nicht konvergieren.
Nach dem Geschwindigkeitsmodus hat die Anwenderin den Standardmodus gewählt und weitere Tabletten an Gerät 2 und 3 vermessen. Das Ergebnis: die Abweichung zwischen den Messwerten beider Prüfgeräte nimmt mit steigender Druckfestigkeit der Tablette zu. Dabei unterscheiden sich die Messeinrichtungen deutlich: Im Standardmodus ‚simuliert‘ Gerät 2 den Messvorgang von Gerät 3, was offenbar der Grund für die festgestellten Abweichungen ist. Die Differenz ist allerdings geringfügig, sodass die Vergleichbarkeit von im Standardmodus aufgezeichneten Messergebnissen gegeben ist.
Messwerte vergleichbar machen
Um Messwerte der verschiedenen Gerätehersteller ineinander umzurechnen und vergleichbar zu machen, muss der Anwender einen Umrechnungsfaktor ermitteln. In praktischen Tests hat die Anwenderin nur geringe Abweichungen zwischen experimentellen und berechneten Werten festgestellt. Dabei hängt der jeweilige Umrechnungsfaktor von der Form, der Druckfestigkeit und den physikalischen Eigenschaften der Tablette sowie von der Geschwindigkeit der Backen ab. Daher sollte der Betreiber für jede Charge und bei einer spezifischen Einstellung des Bruchfestigkeitstesters Messdaten erheben, um den Faktor zu bestimmen.
Für Messungen, die auf dem Prinzip des Kraftanstieges beruhen, wurden ebenfalls Versuche zum Ermitteln der Vergleichbarkeit vorgenommen: Gerät 3 arbeitet mit konstantem Kraftanstieg von 250 N/s. Folglich sollten sich die Druckfestigkeiten mit konstantem Kraftanstieg am Gerät 1 bei 250 N/s simulieren lassen. Ist dies der Fall, besteht die Möglichkeit, für vergleichbare Messwerte die Bruchfestigkeitstester des Herstellers der Geräte 2 und 3 zu verwenden und das Gerät 1 mit dieser Einstellung zu betreiben. Nach der Untersuchung hat die Anwenderin festgestellt, dass bei Charge 1 und 2 keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Messwerten bestehen. Bei Charge 3 konnte sie die Messwerte nicht erfolgreich simulieren, beim Vergleich der Messreihen liegen signifikante Unterschiede vor.
Aufgrund dieser Beobachtung hat sie anschließend untersucht, wie sich Einstellungen im Kraftmodus an Gerät 1 und 2 auf die Messwerte der Charge 1 auswirken. Bei beiden Messreihen steigt die Druckfestigkeit mit zunehmendem Kraftanstieg ebenfalls an; die Druckfestigkeitsmesswerte des Geräts 1 liegen über denen des Geräts 2. Die statistische Auswertung zeigte, dass trotz identischer Einstellungen an beiden Geräten die Messwerte sich statistisch signifikant unterscheiden. Die Ergebnisse im Kraftmodus konvergieren nicht – wie auch im Geschwindigkeitsmodus der Fall.
Abschließend hat die Anwenderin einen Vergleich zwischen den Messwerten gezogen, die mittels Geschwindigkeit- bzw. mittels Kraftmodus ermittelt wurden. Dabei hat sie folgende Zusammenhänge festgestellt: Zum einen steigt mit steigender Prüfgeschwindigkeit bzw. Kraft der Wert für die Druckfestigkeit der Tabletten am Gerät 1 an; zum anderen nimmt die Druckfestigkeit im Geschwindigkeitsmodus stetig ab, im Kraftmodus bleibt sie nahezu konstant.
Bei der Messwerterfassung werden zudem weitere Unterschiede zwischen den Geräten deutlich: Bei Gerät 2 ist die Anzahl der Messwerte pro Zeiteinheit unabhängig von der Vorschubgeschwindigkeit der Backen. Die im praktischen Versuch ermittelten Daten belegen, dass mit steigender Prüfgeschwindigkeit der Backen die Druckfestigkeit der Tabletten abnimmt. Grund dafür ist, dass die Abtastung der Messelektronik in festen Zeitintervallen unabhängig vom Zustand des Schrittmotors erfolgt. Zudem ist die Abtastrate im Vergleich zu Gerät 1 geringer. Dadurch detektiert Gerät 2 den Bruch der Tablette zu spät, wenn dieser nicht mit dem festen Abtastraster zusammenfällt. An Gerät 1 wird mit jedem Schritt des Motors ein Messwert erfasst – das bedeutet in der gleichen Zeit fast doppelt so viele Messwerte wie an Gerät 2 und somit präzisere Druckfestigkeitswerte. Die Häufigkeit der Messpunkt-Aufnahme ist somit ein entscheidendes Präzisionskriterium, das für Gerät 1 spricht. Denn: Mehr Messpunkte bedeuten höhere Messgenauigkeit.
Fazit: Die Ergebnisse bestätigen, dass die Zusammensetzung, die Form, die Abmessungen und das verwendete Prüfgerät den Druckfestigkeitswert einer Tablette bestimmen. Da Bruchfestigkeitstester vergleichbare Messwerte liefern sollten, muss sollte ein Umrechnungsfaktor für spezifische Geräteeinstellungen und Tablettenspezifikationen festgelegt werden. Durch die Anpassung der Bruchfestigkeitsmessungen kann der Anwender sichergehen, dass entsprechende Spezifikationen von Tablettenchargen eingehalten werden und Tabletten der notwendigen Druckfestigkeit hergestellt werden.
Powtech Halle 6 – 331
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