- Bei der Qualität von Pharmawasser gibt es keinen Spielraum. Gleichzeitig sind Betreiber auch an dieser Stelle angehalten, die Kosten möglichst gering zu halten.
- Möglicher Ansatzpunkt ist es, den Verbrauch des Trink- und Abwassers zu reduzieren, den Kostenfaktor Num-mer 1. Modulare Ansätze ermöglichen es zusätzlich, flexibel auf sich ändernde Marktsituationen zu reagieren.
- Weiterhin wichtige Punkte sind eine regelmäßige Sanitisierung der Anlage sowie kontinuierliche Verfahren zur Qualitätsanalyse und -sicherung.
In drei Arten unterscheidet die Industrie dieses: Purified Water (PW) ist für die Produktion von Arzneimitteln geeignet, die weder steril noch pyrogenfrei sein müssen. Bei Highly Purified Water (HPW) gelten bereits höhere Anforderungen, denn dieses kommt immer dann zum Einsatz, wenn Hersteller Wasser hoher biologischer Qualität benötigen. Und last but not least die Königsdisziplin: Water for Injection (WFI), also Wasser für Arzneimittel zur parenteralen Anwendung.
Die gleich dreifache Unterteilung deutet es schon an: Pharmawasser ist ein stark reglementiertes nasses Gut. Und das mit Recht, ist es doch grundlegende Basis für fast jeden produzierenden Pharmazeuten. „Da es sich in der Pharma- und Biotechindustrie, und zunehmend auch in der kosmetischen Industrie, um hochwertige und teilweise sehr teure Produkte handelt, die ohne den Einsatz von gesetzlich regulierten Qualitäten an Reinstmedien nicht hergestellt werden können, sollten Abstriche an der Qualität, und damit vor allem an der Zuverlässigkeit und Lebensdauer dieser Anlagen, nicht gemacht werden,“ fasst Stephan Stautmeister, Geschäftsführer von BWT Pharma & Biotech, den Stand der Dinge zusammen.
Stillstand ist der (finanzielle) Tod
Doch was heute mehr und mehr in den Fokus rückt, und zwar nicht nur im Fall des Pharmawassers, das sind die Gesamtkosten einer Anlage, kurz TCO (Total Cost of Ownership). Nicht zu verwechseln mit TOC, Total Organic Carbon, einem im späteren Verlauf des Artikels wichtigen Summenparameter in der Wasseranalytik. „Ein Anlagenausfall, keine unverzügliche Reaktion im Servicefall, zu hohe Keimzahlen in der Vorbehandlung oder sogar die Anwesenheit von Pseudomonas aeruginosa oder Diskussionen beim Audit mit Behörden beziehungsweise Kunden.“ Das sind laut Hans-Hermann Letzner, Geschäftsführer der Letzner Pharmawasseraufbereitung, die Punkte bei denen sich im Anlagenbau die Spreu vom Weizen trennt.
Denn viele mittelständische Pharmaunternehmen betreiben nur eine Anlage – steht diese still, steht damit auch die komplette Produktion. Daher erklimmen der Service vor Ort oder auch, gerade im internationalen Bereich, Fernwartung die oberen Plätze des Lastenheftes, was Betreiber von ihrem Anlagenbauer erwarten. Letzteres ermöglicht es, entweder Probleme direkt über eine Internetanbindung zu lösen, oder aber der Service-Ingenieur kann bereits auf der Reise zu seiner Destination alle Prozessdaten auswerten. Das verkürzt in der Folge den Stillstand des Produzenten und spart dadurch nicht unerhebliche Summen.
„Generell hat der Automatisierungsgrad der Anlagen, die Vernetzung der Anlagen untereinander sowie mit den übergeordneten Leitsystemen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen und wird auch weiter steigen, “ kommentiert Stautmeister eine Entwicklung, die derzeit häufig unter dem Begriff ‚Industrie 4.0‘ diskutiert wird. Branchengrößen wie Siemens oder Rockwell haben hierfür bereits spezielle validierte und cGAMP-konforme Automatisierungs- und Visualisierungslösungen für Pharmaanlagen im Angebot. Dies ermöglicht es Stautmeisters Unternehmen auch eine manipulationssichere Datenerfassung und Archivierung entsprechend der FDA-Regulierung CFR (Code of Federal Regulations) 21 Part 11 in seine Anlagen zu integrieren, die direkt auf dem Bildschirm des Panel-PCs läuft und bis zu 128 Kanäle aufzeichnen kann.
Sparen – aber nicht am Engineering
Wenn auch Stillstand natürlich der teuerste aller erdenklicher Betriebszustände ist, auch eine hygienisch einwandfrei laufende Anlage kann vermeidbare Kosten verursachen. Anlagenbauer sehen sich daher stetes vor der Herausforderung, Einsparpotentiale zu realisieren – die aber auf keinen Fall negative Auswirkungen auf die Qualität des Systems haben dürfen. Kostenverursacher Nummer 1 sind das Trink- und Abwasser. Weshalb Letzner auch an genau diesem Punkt ansetzt: „Die Erhöhung der Anlagenausbeute durch ein nachgeschaltetes Konzentratmodul, dabei wird aus dem Abwasser der Anlage Permeat gewonnen und dem Trinkwasser vor der Anlage zugemischt, reduziert die Betriebskosten deutlich: Die Ausbeute steigt in der Regel von 75 auf circa 90 Prozent, “ erklärt der Geschäftsführer.
BWT verfolgt vor allem den Ansatz der fallspezifischen Applikation; so lassen sich mit der richtigen Auswahl der Technologie für die jeweiligen Produktbedingungen sowie dem Anwendungsfall angemessene Qualitätsstandards meist große Potentiale erschließen. Um dies zu ermöglichen ist natürlich vor allem eines gefragt: Kommunikation. „In gemeinsamer Vorbereitung eines Projektes zwischen Endkunde und Hersteller können wir die stets optimale Lösung für genau seinen Bedarfsfall finden“, erklärt Stautmeister. Dabei spielt natürlich auch der Blick in die Zukunft eine Rolle. Statt wie in vergangenen Zeiten, als Betreiber dazu neigten, überdimensionierte Systeme mit geringen Betriebszeiten und damit schlechter Effizienz in die Produktion zu stellen – nur für den Fall, dass sich das Bedarfsvolumen künftig steigern könnte – geht der Trend heute dahin, mit regelbaren und modular erweiterbaren Systemkonzepten zu arbeiten.
Und auch bei den Qualitätsstandards sind Einsparungen möglich. Hier sollten sich Hersteller öfter an eine Weisheit des Ingenieursstudiums erinnern: Die Frage ist nicht „Wie gut geht es?“ sondern „Wie gut brauche ich es?“. Denn gerade im Bereich der eingesetzten Materialien und Spezifikationen im Edelstahlbereich lassen sich Einsparungen erzielen, ohne bei der Qualität Abstriche zu machen. Beispielsweise durch den Verzicht auf niedrige Delta-Ferrit-Spezifikationen oder eine Elektropolitur. Und nicht zuletzt können Betreiber, wie auch in anderen Industriebereichen, mittels Wärmerückgewinnungssystemen nicht unwesentliche Einsparungen realisieren.
Das Rad nicht immer neu erfinden
Ob petrochemische Großanlage oder Pharmawasser-Anlage, der Schlüsselbegriff für alle Marktteilnehmer des Bereichs Plant & Construction ist und bleibt für die kommenden Jahre: Standardisierung. Diese hat für Hersteller wie auch Betreiber klare Vorteile. Denn statt bei jedem Auftrag das hygienische Rad neu zu erfinden, können die Konstrukteure auf bewährte Designs zurückgreifen. Dabei dürfen die individuellen Parameter des Produzenten natürlich nicht auf der Strecke bleiben.
„Mit unseren Standardisierten Baureihen haben wir noch Raum um sinnvolle projektspezifische Kundenwünsche mit einfließen zu lassen. Damit können wir in den allermeisten Fällen ohne allzu großen Mehraufwand, Kosten und Lieferzeitverlängerungen die spezifischen Ansprüche des Kunden vernünftig in unsere Systeme integrieren“, resümiert Stautmeister. Sogenannte ‚Maßgeschneiderte Anlagen‘ bergen laut ihm, neben einem höheren Risiko, vor allem auch deutlich höhere Kosten, längere Lieferzeiten, eine schlechtere Ersatzteilversorgung und nicht zuletzt Serviceprobleme durch Speziallösungen.
Technologie für alle Fälle
Erleichtert wird diese Entwicklung auch durch die Tatsache, dass sich in der Produktion von Pharmawasser eine Technologie als Standardlösung durchgesetzt hat: Die Umkehrosmose mit nachgeschalteter Elektrodeionisation – da sind sich die Anlagenbauer einig. Sie liefert dem Kunden die bestmögliche Qualität nach der Erzeugung und ermöglicht auch noch im Lager- und Verteilsystem Sicherheitsreserven für Alarm- und Aktionslimits bis zu den Grenzwerten der aktuellen USP (Unites States Pharmacopeia) – eine Vorgabe die vor allem für Betreiber relevant ist, die in die Vereinigten Staaten exportieren möchten.
Das gilt auch für die Produktion von WFI: Mit bis zu acht Kolonnen können Betreiber nicht nur eine hohe Produktqualität erhalten, sondern gleichzeitig auch ihre Energiekosten auf ein Minimum reduzieren. In manchen Fällen konnten Unternehmen ihre Investitionskosten bereits schon wenige Monate nach Abschluss eines Bauprojektes amortisieren. Grund ist, dass die Leistung moderner Anlagen stufenlos zu regeln ist. Dies vermeidet die teuren Start/Stop-Zyklen. Auch die parallele Produktion von WFI und Reinstdampf in einer Anlage haben Betreiber in den vergangenen Jahren als Kostenvorteil entdeckt.
Putzteufel statt Fehlerteufel im Produkt
Und auch beim Thema Reinigung gibt es weniger Experimente als vielmehr bewährtes: „Stand der Technik sind seit mehr als 10 Jahren Anlagen, die thermisch sanitisiert werden. Das Verfahren läuft vollautomatisch ab, beispielsweise in der Nacht, ist absolut sicher in der Wirkung und birgt keine Gefahren für den Anwender“, so Letzner. Auch kann ein solches System Biofilme bekämpfen, denen auf chemischem Wege nur schwer beizukommen sei.
Doch sind solche komplett thermisch sanitisierbaren Systeme bei den Investitionskosten laut BWT am höchsten, da sie die hochwertigsten Materialien sowie aufwendigere Steuer- und Regelungstechnik verwenden. Für Betreiber, die ein thermisches System ablehnen, hat BWT daher eine kontinuierliche chemische Sanitisierung entwickelt. Diese funktioniert, indem die Anlage das Rohwasser, unter Nutzung des Abwassers aus der Elektroentionisierung in Kombination der eingesetzten Membrantechnologie, kontinuierlich chemisch sanitisiert. Laut Unternehmen können Betreiber mit diesem Verfahren bis zu 60 Prozent ihrer in der PW/HPW-Erzeugung anfallenden Kosten einsparen.
Kontrolle als integrativer Bestandteil
Die Qualität von Pharmawasser ist, wie schon erwähnt, kein Gegenstand von Kompromissen. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass Wasser das einzige Produkt der USP (US Pharmacopeia) ist, bei dem neben den Eigenschaften auch die Art der Herstellung vorgegeben ist. Daher ist die ständige Qualitätsanalyse integraler Bestandteil jeder PW/HPW/WFI-Anlage. Als wichtiger Meilenstein gilt die Einführung des TOC-Gehaltes als Spezifikation für Pharmawasser im Jahr 1998 im Arzneibuch der USA.
„Steht die Anschaffung eines TOC-Messgerätes an, sollte dieses jedoch nicht nur die zu diesem Zeitpunkt gültigen Regulatorien wie USP, EP (European Pharmacopeia) und JP (Japanese Pharmacopeia) erfüllen, sondern auch in der Anwendung praxisgerecht sein“, erklärt Roger Schmid, Industry Application Manager Pharma & UPW beim Schweizer Analytikinstrumentehersteller Swan. Denn künftig, so seine Erwartung, wird die Messtechnik immer stärker in die Betrachtung des Gesamtsystems einbezogen werden. Dann muss ein Gerät nicht nur einen nachvollziehbaren und überprüfbaren Wert liefern, sondern vor allem auch seine Alltagstauglichkeit unter Beweis stellen. Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der eingesetzten Technologie.
Als derzeit sicherste und zuverlässigste Methode, die Qualität von Pharmawasser zu überprüfen, gilt die Messung der Leitfähigkeit. Dabei gilt: Der Messwert darf nicht über 1 µS/cm bei einer Temperatur von 25 °C liegen. Vorteil beider Methoden ist das kontinuierliche Verfahren, das Betreibern ein unmittelbares Feedback über problematische Messwerte gibt. Dadurch lassen sich Produktverluste minimieren.
Regeln, Richtlinien und Gesetze …
Auch wenn es bereits viele Regularien gibt, Betreiber müssen ständig damit rechnen, neue Vorgaben seitens des Gesetzgebers zu erhalten und diese umsetzen zu müssen. Eine neue Regelung, die derzeit Wellen schlägt, ist beispielsweise die EU-Biozidverordnung vom 1. September 2013. Diese besagt, dass Biozidproduke nur dann auf dem Markt bereit gestellt oder verwendet werden dürfen, wenn sie zuvor zugelassen wurden. Biozidprodukte bedürfen also einer Genehmigung des Wirkstoffs und die Zulassung des Biozidproduktes; also die Zulassung des gesamten Systems.
Was im ersten Moment noch logisch erscheint, macht Betreibern in Realität das Leben nicht gerade leicht: „Selbst so unglaublich es klingt, der Precursor Kochsalz darf nur für diese Anwendung in Verkehr gebracht werden, wenn er zugelassen ist und in der Artikel 95 Liste aufgelistet ist. Ab ersten September 2015 dürfen Biozidprodukte dann nur noch Wirkstoffe enthalten oder aus Precursorn erzeugt werden, deren Stoff- / Produkt Lieferant in der Artikel 95 Liste geführt wird“, erklärt Letzner die Auswirkungen der neuen Verordnung, die unter anderem alle Betreiber betrifft, die insitu erzeugtes Ozon zur Sanitisierung einsetzen beziehungsweise kontinuierlich Sanitisieren.
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