
Kostbares Gut: Bei einem Besuch im belgischen Pfizer-Werk in Puurs half selbst EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Verpackung der Corona-Impfstoffe mit. (Bild: Europäische Kommission)
Als unmittelbare Verpackung für die flüssigen Impstoffe dienen in der Regel Injektionsflaschen, sogenannte Vials, die wiederum mehrere Dosen an Corona-Impfstoff enthalten. Eine besondere Herausforderung, die Logistiker allerdings auch von anderen Arzneimitteln kennen, ist die Kühlung. Um die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen das Coronavirus zu bewahren, muss der Inhalt der Vials beim Transportieren und Lagern ständig in einem bestimmten Temperaturbereich gehalten werden. Bei den verschiedenen Corona-Impfstoffen, die bereits die Zulassung in der EU erhalten haben, gehen diese Anforderungen zum Teil deutlich auseinander: Das mRNA-Vakzin von Biontech-Pfizer wird mit Trockeneis bei einer Tiefsttemperatur von -75 °C (± 15) geliefert. Auch der Moderna-Impfstoff muss tiefgekühlt gelagert werden, hier reichen allerdings -25 °C bis -15 °C und es darf kein Trockeneis zum Einsatz kommen. Noch „pflegeleichter“ ist der Covid-19-Impstoff Vaxzevria von Astrazeneca, der mit Plusgraden von 2 bis 8 °C auskommt.
Um diese engen Temperaturkorridore einzuhalten, verlassen die Impfstoffe die Fabriken in der Regel in einem speziellen Thermo-Versandbehälter aus Karton. Dieser enthält im Beispiel von Biontech-Pfizer einen weiteren Karton, in dem sich fünf Faltschachteln befinden. Diese Schachteln wiederum enthalten 195 Vials, deren Inhalt nach Verdünnung fünf bis sechs Impfdosen ergibt. Insgesamt enthält ein Versandbehälter damit mindestens 4.875 Impfdosen. In den Behälter kommen außerdem zur Kühlung noch 23 kg Trockeneis-Pellets, die mindestens alle fünf Tage nachgefüllt werden müssen. Das sorgt dafür, dass der Biontech-Versandbehälter kein Leichtgewicht ist und es auf immerhin 36 kg bringt. Kein Trockeneis braucht es dagegen in den Behältern von Moderna. Der Karton enthält hier zwölf Faltschachteln mit jeweils zehn Vials. Da ein Vial wiederum zehn Dosen ergibt, enthält eine Moderna-Box insgesamt 1.200 Dosen.

Wie kommt der Impfstoff in die Flasche?
Der erste Schritt der Verpackung von Impfstoffen gegen das Coronavirus ist also das Abfüllen in Injektions- oder Durchstechfläschchen, aus denen der Impfarzt später bei der Impfung das flüssige Vakzin mit einer Spritze ziehen kann. Diese Vials bestehen meist aus Glas, genauer Borosilikatglas Typ 1. Dieses Material ist besonders hart sowie widerstandsfähig gegen extreme Temperaturen und Chemikalien und eignet sich damit besonders für Arzneimittel und Impfstoffe. Die Herstellung von Glasvials ist auf wenige Hersteller weltweit beschränkt. Allein der deutsche Glasspezialist Schott aus Mainz ist wohl bei rund Dreivierteln der Impfstoffprojekte beteiligt. Weitere große Anbieter von Pharmafläschchen aus Spezialglas sind Gerresheimer und die Stevanato. Eine Alternative stellen jedoch auch Vials aus Kunststoff dar, wie ein Covid-19-Impfstoff-Projekt in den USA zeigt, an dem der deutsche Maschinenbauer Zahoransky beteiligt ist. Dort kommen Vials aus Cyclo-Olefin-Polymer (COP) zum Einsatz dar, die im Spritzblasverfahren hergestellt werden. Diese sind zwar ebenfalls bruchfest und ähnlich transparent wie Glas, bieten aber eine schlechtere Sauerstoffdichtigkeit. Aus diesem Grund kommt hier zusätzlich eine Siliziumdioxid-Nanobeschichtung zum Einsatz, welche die Sauerstoffbarriere verbessert und die Tieftemperatur-Lagerung ermöglicht.
Egal ob Kunststoff oder Glas – um den Corona-Impfstoff in die Fläschchen abzufüllen, braucht es spezielle Maschinen. Auch hier sind deutsche Anbieter wieder prägend, insbesondere aus dem „Packaging Valley“ dem Südwesten Deutschlands, in dem sich viele weltweit führende Hersteller von Verpackungsmaschinen angesiedelt haben. Dazu gehört beispielsweise das Unternehmen Optima aus Schwäbisch Hall. Für den Lohnhersteller Catalent etwa, der unter anderem Corona-Impfstoffe für Astrazeneca und Moderna abfüllt und verpackt, lieferte der deutsche Maschinenbauer im August 2020 eine Abfüllanlage an den Biologika-Standort in Bloomington im US-Bundesstaat Indiana. Dass ein Teil der Anlage per Flugzeug – eine Antonov An-124 – geliefert wurde, verdeutlicht den immensen Zeitdruck bei den derzeitigen Impfstoff-Projekten. "Viele im Bau befindliche Maschinen haben wir schnellstmöglich auf die Abfüllung von Covid-19-Impfstoffen angepasst", erklärt Jan Deininger, Unternehmenssprecher bei Optima. Auch das Unternehmen Nexus Pharmaceuticals, das für Moderna produziert, hat eine Impfstoff-Abfüllmaschine sowie einen Isolator aus Deutschland erhalten. Hersteller waren hier die Unternehmen Bausch+Ströbel und Franz Ziel. Sobald die Produktionslinie in Betrieb ist, soll sie bis zu 30 Mio. Impfstoffdosen pro Monat produzieren. Auch wenn Die Coronapandemie eine besondere Herausforderung ist, können die Verpackungsmaschinen-Spezialisten auf ihre Erfahrung bauen: "Was man in dem ein oder anderen Fall macht, ist, dass man verschiedene Pumpen ausprobiert, um den Stress auf den Wirkstoff zu testen. Aber eigentlich ist das ein normaler Wirkstoff für uns“, erklärte Hagen Gehringer, technischer Geschäftsführer von Bausch+Ströbel. Weitere Projekte und Umrüstungen für die Abfüllung von Covid-19-Impfstoffen haben auch Groninger aus Crailsheim für das Serum Institute in Indien – den weltweit größten Impfstoffhersteller – sowie Syntegon aus Waiblingen für den deutschen Lohnhersteller IDT Biologika umgesetzt.
Eine Alternative zur Abfüllung in Vials bietet der Hersteller Rommelag mit dem Blow-Fill-Seal-Verfahren (BFS). Dabei wird zunächst ein steriler Polymerschlauch direkt in der Anlage extrudiert, sofort ausgeformt, befüllt, verschlossen und entformt. Die Dosen stehen dann etwa als Fertigspritzen bereit. Aufwändige Logistik und zeitintensive Reinigungs- und Sterilisationsprozesse vorgefertigter Behälter entfallen somit. Das Verfahren spielt in der Impfkampagne in den USA eine Rolle, die vergleichsweise niedrigeren Kosten des Verfahrens könnten aber vor allem die Impfstoffversorgung in Entwicklungsländern erleichtern, weswegen das Verfahren auch von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung gefördert wird.
In welchen Verpackungen werden die Impfstoffe transportiert?
Die Vials oder Fertigspritzen müssen nach Abfüllung weiter geschützt werden und kommen dazu in Faltschachteln. Im Inneren sorgen passgenaue Inlays – meist aus Karton – dafür, dass alle Produktkomponenten sicher fixiert sind. Die Impfstoffdosen sind durch die Gefache vor Schlägen oder Stürzen beim Transport sowie beim Lagern gegen Druck geschützt. Der Impfarzt kann die Vials bei der Impfung daraus einzeln entnehmen. Ein Vorteil von Verpackungen aus Karton: Das Material ist temperaturbeständig und recycelbar. Ein Anbieter für solche Packlösungen ist der Verpackungsspezialist Faller Packaging.

Für die Verpackung der Vials in die Faltschachteln braucht es wiederum spezielle Verpackungsmaschinen. So baute etwa Harro Höfliger im Dezember 2020 eine Verpackungslinie für das Impfstoff-Werk von Pfizer in Belgien. Die Anlage soll die Vials aus Glas in Faltschachteln verpacken, diese etikettieren und mit relevanten Daten bedrucken. Auch bei diesem Projekt war der Zeitfaktor wieder von entscheidender Rolle. „Es ist nicht unsere erste Verpackungslinie für Fläschchen mit Impfstoff. Trotzdem standen wir noch nie vor der Aufgabe, eine solche Anlage in derart kurzer Zeit herzustellen“, berichtete CEO Thomas Weller. Die mit diesen Maschinen befüllten Faltschachteln kommen schließlich in einen Umkarton und in die Thermo-Versandbox. Bei Biontech-Pfizer kommen dazu Kartonagen der Anbieter Aerosafe und Softbox zum Einsatz. Diese sind wiederverwendbar und werden – ebenso wie das enthaltene Temperatur-Überwachungssystem und der Trockeneisbehälter – nach dem Einsatz vom Impfzentrum an den Impfstoffhersteller zurückgeschickt.
Wie funktioniert die Kennzeichnung von Impfstoffen?
Neben dem mechanischen und chemischen Schutz der Impfstoffe durch die Verpackung ist ein weiterer Aspekt entscheidend für die Sicherheit der Vakzine: ihre Kennzeichnung. Diese ermöglicht unter anderem eine zuverlässige Rückverfolgung der einzelnen Impfstoff-Chargen und hilft dabei, mögliche Anwendungsfehler zu vermeiden. Schon jedes einzelne Vial erhält daher ein eigenes Etikett. Aufgrund der besonderen Transport- und Lagerbedingungen braucht es spezielle temperaturbeständige Etiketten, wie sie etwa Faller bietet. Ihr Obermaterial besteht aus einer Polypropylen-Folie, die Temperaturen von -196 bis 120 °C standhält. Auch der Klebstoff ist so ausgelegt, dass er bei Raumtemperatur aufgetragen und bei extremer Kälte zum Einsatz kommen kann. Zudem muss der Klebstoff für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen sein. Die Labels haften damit sowohl auf Glas- und Kunststoff lassen sich auch auf Vials mit engen Radien applizieren.

Dafür kommen in der Regel sogenannte Rundum-Etikettiermaschinen zum Einsatz, wie sie unter anderem die Hersteller Bluhm Systeme mit der Geset-Modellreihe oder B+B Automation bieten. Auch Herma spürte schon 2020 die dringende Nachfrage durch die Corona-Pandemie: „Wir waren aufgrund unserer Modulbauweise kurzfristig lieferfähig“, erläuterte der Geschäftsführer Sven Schneller. „Das war ein wichtiger Vorteil, als vielerorts die Produktion von Desinfektionsmitteln rasch hochgefahren und Kennzeichnungskapazitäten für Impfstoffe schon ausgebaut wurden.“ Die Reaktion: Um das Bereitstellen von Impfstoffen weiter zu beschleunigen, hat Herma Anfang 2021 bei seiner Rundum-Etikettiermaschine 132M HC erstmals die Möglichkeit für einen kontinuierlichen und damit schnelleren Etikettierprozess geschaffen.
Neben den Vials werden auch Schachteln und Umverpackungen gekennzeichnet, falls dies nicht bereits direkt im Verpackungsprozess passiert. Das gilt übrigens nicht nur für die Impfstoffe selbst, sondern auch für die eingesetzten Nadeln und Spritzen. In Spanien arbeitet etwa das Medizintechnik-Unternehmen Becton Dickinson zusammen mit dem Kennzeichnungsspezialisten Domino an mehreren Druck- und Codier-Projekten. Bei einem davon wird Hochgeschwindigkeits-Inkjet-Drucktechnologie dazu genutzt, eindeutige Codes digital auf die Papier-Umverpackungen der Injektionsnadeln und Spritzen zu drucken, die für den Covid-19-Impfstoff von Astrazeneca verwendet werden. So sorgen die richtige Verpackung und Kennzeichnung entlang der gesamten Kette von der Fabrik bis zum Impfzentrum für einen sicheren Impfprozess.