Reaktion auf US-Zölle

Milliardenschwere Investitionen: Diese Pharmaunternehmen bauen neue Werke in den USA

Mit neuen Produktionsanlagen in den USA wollen internationale Pharmakonzerne die angekündigten Zölle umgehen. Seit der Wahl von Donald Trump sind so Investitionen von über 200 Mrd. Dollar zusammengekommen. Die angekündigten Projekte in der Übersicht.

Symbolbild zum US-Pharmastandort
Als weltweit größter Arzneimittelmarkt sind die USA für viele Pharmahersteller unverzichtbar.

Die Pharma-Branche ist durch ihre starke internationale Vernetzung besonders von der Zoll-Problematik betroffen. So exportierten zuletzt allein deutsche Hersteller pro Jahr pharmazeutische Produkte im Wert von 26 Mrd. Euro in die USA. Das Land ist damit der wichtigste Exportmarkt. Andersrum stammen rund 12 % der für die Medikamentenproduktion in Deutschland benötigten Vorleistungen aus den USA. Ein Handelskonflikt zwischen den USA und der EU hätte daher schwerwiegende Auswirkungen auf die exportierenden Pharmaunternehmen. „Eine sinkende Nachfrage im weltgrößten Pharmamarkt USA ist durch Ausfuhren in andere Absatzmärkte kaum auszugleichen", erklärt Susanne Uhlmann, Partnerin und Expertin für die Pharmaindustrie bei der Managementberatung Deloitte (zur ausführlichen Analyse geht's hier).

Viele internationale Pharmaunternehmen haben daher bereits damit begonnen, ihre Produktionskapazitäten in den USA aufzustocken. Das sorgt beispielsweise in der Schweiz, Heimat verschiedener großer Pharmakonzerne, für Unruhe: Der Branchenverband Scienceindustries zeigte sich zuletzt besorgt um den Pharmastandort Schweiz.

Doch trotz der Eile vieler Konzerne – die Anpassungen der Lieferketten benötigen viel Zeit. Und sie sind teuer: Die seit Trumps zweiter Amtszeit in den USA angekündigten Projekte haben sich auf eine Gesamtinvestition von über 200 Mrd. US-Dollar summiert. Welches Unternehmen an welchem Standort welche Anlagen baut:

Die angekündigten US-Pharmaprojekte seit Trump

Roche-Standort in den USA
Der Schweizer Pharmakonzern Roche verfügt bereits heute über 13 Produktions- sowie 15 Forschungs- und Entwicklungsstandorte in den USA. Im April 2025 kündigte das Unternehmen an, über die nächsten fünf Jahre 50 Mrd. US-Dollar in den Aus- und Neubau von Anlagen zu investieren – unter anderem für eine Produktionsanlage für Gentherapie in Pennsylvania. Insgesamt sollen dadurch etwa 1.000 neue Arbeitsplätze entstehen.Weitere Hintergründe in unserer Projektankündigung.
Fachkräfte an einer Produktionslinie für Radioliganden-Therapie in Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana.
Und noch ein großer Schweizer Player hat ähnliche Pläne: Ebenfalls im April gab Novartis Investitionspläne im Umfang von 23 Mrd. US-Dollar bekannt. Diese sollen in insgesamt zehn Anlagen fließen, sieben davon komplett neu. So sollen unter anderem zwei neue Produktionsstätten für die Radioliganden-Therapie (RLT) in Florida und Texas entstehen. Eine solche Produktionslinie ist oben im Bild.Die weiteren Projekte finden Sie hier.
AstraZeneca PLC
Bereits direkt nach der US-Wahl im November hat der britische Pharmakonzern Astra Zeneca Investitionen in Höhe von 3,5 Mrd. US-Dollar in den USA angekündigt. Zeitraum: Bis Ende 2026. Mehr als tausend neue Arbeitsplätze sollen entstehen, unter anderem in einer neuen Produktionsanlage für Biologika in Maryland sowie einem F&E-Zentrum in der Universitätsstadt Cambridge im Bundesstaat Massachusetts.Zur Quelle.
Johnson&Johnson beabsichtigt, über die nächsten vier Jahre über 55 Mrd. US-Dollar in Produktion, Forschung und Entwicklung sowie Technologie in den USA zu investieren. Unter anderem will das Unternehmen drei neue Produktionsanlagen im Land bauen.
Der US-Konzern Johnson&Johnson will über die nächsten vier Jahre mehr als 55 Mrd. US-Dollar im eigenen Land investieren. Das teilte das Unternehmen im März 2025. Nicht alle Projekte sind nach der Zollankündigung neu: So erfolgte für die neue Biologika-Anlage in Wilson, North Carolina, bereits der Spatenstich. Unter den angekündigten Projekten sind aber auch drei neue Produktionsanlagen.Hier geht's zur News.
Abfüllung von Medikamenten für klinische Studien bei Amgen
Mit Amgen hat auch eines der größten Biotechnologieunternehmen der Welt eine Großinvestition in den USA angekündigt: Die Erweiterung der Produktionsanlage in New Albany, Ohio, soll 900 Mio. Dollar kosten. Dass dies nicht die einzige Investition ist, betont das Unternehmen in der Mitteilung: Seit 2017 habe man fast 5 Mrd. US-Dollar im Inland investiert und damit inklusive der nachgelagerten Prozesse etwa 12 Mrd. US-Dollar für die US-Wirtschaft generiert.Hier geht's zur News.
BMS-sign
Ebenfalls inmitten der Zolldiskussion hat Bristol Myers Squibb mitgeteilt, in den nächsten fünf Jahren 40 Mrd. Dollar in seine Forschungs- und Produktionspräsenz in den USA investieren zu wollen. Die Ankündigung wurde zuerst von CEO Christopher Boerner in einem veröffentlichten Meinungsbeitrag gemacht und später von einem Unternehmenssprechergegenüber der Nachrichtenagentur Reutersbestätigt.
Solventum verkauft sein Aufreinigungs- und Filtrationsgeschäft für rund 4,1 Mrd. US-Dollar an den Konzern Thermo Fisher.
Thermo Fisher ist vor allem bekannt als Zulieferer von Instrumenten für die Life-Science-Industrie. Das Unternehmen bietet aber auch Produktionsdienstleistungen als sogenannter CDMO an. In dieses Geschäft will man am Heimatmarkt nun 2 Mrd. US-Dollar investieren. So könnte das Unternehmen für andere Biopharma-Herstellern die Produktion in den USA übernehmen.Zur Originalquelle.
scientist monitors the readings on the equipment
Eli Lilly, Hersteller unter anderem der Abnehmspritze Zepbound, will noch 2025 damit beginnen, vier neue Produktionsstätten in den USA zu bauen. Bereits die Investitionszusagen für den Zeitraum von 2020 bis 2024 beliefen sich auf 23 Mrd. US-Dollar, mit den neuen Ankündigungen aus 2025 stiegen sie nun auf 50 Mrd. USD. Dies seien die größten Investitionspläne, die es je in der Geschichte der pharmazeutischen Produktion in den USA gegeben habe.Mehr in unserer ausführlichen Nachricht.
MSD-Standort, USA
Der US-Pharmakonzern Merck & Co., der in Europa unter dem Namen MSD auftritt, hat den Bau eines 1 Mrd. Dollar teuren und 470.000 m² großen Biologika-Zentrums in Wilmington, Delaware, bekanntgegeben. Dies sei ein "Eckpfeiler des andauernden Engagements von Merck für Investitionen in die US-amerikanische Infrastruktur". Am dem Standort sollen unter anderem sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) sowie das Krebsmedikament Keytruda hergestellt werden.Zur Quelle.
Abbvie-Standort
Im April hat auch der Pharmakonzern Abbvie seine Expansionspläne für den US-Markt vorgestellt: Das Unternehmen will demnach bis 2035 über 10 Mrd. US-Dollar investieren. Laut CEO Rob Michael soll das Geld sowohl die aktuelle Wachstumsstrategie unterstützen als auch den Einstieg in neue Therapiebereiche wie Adipositas ermöglichen. CFO Scott Reents ergänzte, dass ein Teil der Summe für den Bau von vier neuen Produktionsstätten verwendet werden solle.Zur Nachricht.
Pharma-Baustelle
Um seine US-Produktion und -Forschung zu verstärken hat auch das Pharma- und Biotechunternehmen Gilead neue Investitionen in Höhe von 11 Mrd. US-Dollar angekündigt. Die neuen Investitionen, die am 7. Mai 2025 vorgestellt wurden, sollen die bereits geplanten Ausgaben in Höhe von 21 Mrd. Dollar ergänzen und sind bis 2030 vorgesehen. Die zusätzlichen Investitionen sollen laut Unternehmensangaben mindestens 800 neue direkte Arbeitsplätze und mehr als 2.200 indirekte Arbeitsplätze schaffen,wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Die Bedeutung des US-Arzneimittelmarkts

Der US-Arzneimittelmarkt ist mit 634 Mrd. US-Dollar (2024) der größte weltweit und soll bis 2030 auf 884 Mrd. Dollar wachsen. Die USA verantworten über 50 % des globalen Pharmaverkaufs, neue Medikamente starten meist dort. Zu den wichtigsten Trends zählen starke Nachfrage nach GLP-1-Medikamenten wie Wegovy und Zepbound sowie über 300 Medikamentenengpässe. Ab 2026 darf Medicare, das staatliche Krankenversicherungsprogramm für Senioren, erstmals Arzneipreise verhandeln.