
Globale Lieferketten sind komplex, darum hätten die Zölle nicht bloß Auswirkungen auf Exporte in die USA. (Bild: Reinhard – stock.adobe.com)
Die Analyse von Deloitte beruht auf einem allgemeinen Gleichgewichtsmodell, das ein quantitatives Modellieren von handelspolitischen Veränderungen ermöglicht. Für die in drei verschiedenen Szenarien angenommenen Zollhöhen von 10 %, 20 % und 35 % wurden handelspolitische Ankündigungen bis zum 10. April 2025 berücksichtigt und darauf aufbauend die Auswirkungen auf die deutsche Pharmaindustrie modelliert.
Im günstigsten Fall von 10 % Zoll auf pharmazeutische Produkte würden die Exporte nach Mexiko, Kanada und in andere Märkte aufgrund von Wechselwirkungen um weitere 1,2 Mrd. Euro sinken. Die gesamten deutschen Pharmaexporte würden damit unter dem Einfluss neuer Handelshemmnisse in den USA um 2,5 Mrd. Euro zurückgehen was 2 % des Gesamtwerts der Pharmaexporte 2023 (113 Mrd. Euro) entspricht.
Sollte ein Zoll von 20 % auf Arzneimittel eingeführt werden, wären die Auswirkungen auf die deutschen Exporte deutlich stärker. Die Ausfuhren in die USA würden um 28 % sinken (7,1 Mrd. Euro), mit einem zusätzlichen Rückgang von knapp 200 Mio. Euro in den übrigen Absatzmärkten. Die Gesamtexporte der deutschen Pharmaindustrie würden damit um 6 % (7,3 Mrd. Euro) zurückgehen.
Ein US-Zoll in Höhe von 35 % führt nach der vorliegenden Analyse mittelfristig zu einem Rückgang der Exporte in die USA von 53 % und einem Verlust von 13,4 Mrd. Euro über die Dauer von drei bis vier Jahren. Die Ausfuhren in weitere Absatzmärkte würden um 100 Mio. Euro zurückgehen, so dass die gesamten Exporte der deutschen Pharmaindustrie unter diesen Voraussetzungen um 13,5 Mrd. sinken würden.
Maßnahmen zum Abfedern der Zölle benötigen viel Zeit
„Eine sinkende Nachfrage im weltgrößten Pharmamarkt USA ist durch Ausfuhren in andere Absatzmärkte kaum auszugleichen", sagt Susanne Uhlmann, Partnerin und Expertin für die Pharmaindustrie bei Deloitte. „Maßnahmen, um die Effekte der Zölle abzufedern – wie Anpassungen der Lieferketten – benötigen viel Zeit und vor allem verlässliche Rahmenbedingungen. Die aktuelle Unsicherheit ist daher die größte Herausforderung."
Zudem weist Uhlmann auf folgendes hin: „Abgesehen von den wirtschaftlichen Auswirkungen sind Handelshemmnisse in dieser Größenordnung Grund zur Sorge um die Qualität der medizinischen Versorgung. Sie sollte oberste Priorität sein. Gute, wirksame Arzneimittel sind keine austauschbaren Konsumgüter und lassen sich schwer ersetzen."
Für die deutsche Pharmaindustrie sind die USA der wichtigste Exportmarkt: 2023 lieferte Deutschland pharmazeutische Waren im Wert von 26 Mrd. Euro in die USA – das sind 23 % der deutschen Pharmaexporte im Gesamtwert von 113 Mrd. Euro. Damit ist die Branche mehr als jede andere abhängig von den Ausfuhren in die USA.