Rundum-sorglos-Paket gefragt
Für Auftraggeber
  • Produzieren gehört nicht mehr unbedingt zum Kerngeschäft des Auftraggebers.
  • Immer mehr Unternehmen – vor allem in der Pharmazie – sehen ihre Hauptaufgabe in der Vermarktung ihrer Produkte.
  • Der Kostendruck durch Regularien ist in der pharmazeutischen Industrie
  • immens.

Für Dienstleister
  • Ein Lohnhersteller sollte „Generalist“
    in der Nische sein, der Auftraggeber wünscht in der Regel ein Komplettangebot.
  • Der Auftraggeber erwartet nicht nur die reine Produktion, sondern Marktberatung, Produktberatung und Produktentwicklung.
  • Gefragt ist vor allem auch die Dienstleistung rund um die Dokumentation.

Lohnherstellung hat in zahlreichen Branchen in den letzten Jahren einen immer größeren Stellenwert bekommen. Denn meist sind die spezialisierten Dienstleister, für die das Produzieren ureigenes Kerngeschäft ist, deutlich effizienter als Unternehmen, bei denen die Produktion nur einen kleinen Teil der Wertschöpfung ausmacht. Besonders in der Pharmaindustrie sehen viele Unternehmen das Produzieren nicht mehr als ihr Kerngeschäft an und verlagern es zum Dienstleister.

Flexibilität wird groß geschrieben
Ein entscheidendes Merkmal der Lohnhersteller ist deren Flexibilität – basierend auf einem Balanceakt zwischen Auslastung und freien Maschinenkapazitäten. Das gilt für die Branchen Pharma, Food, Kosmetik wie auch Nonfood. Diese Flexibilität verschafft dem in der Regel mittelständischen Unternehmen einen großen Vorteil gegenüber produzierenden Pharmaunternehmen, die zum Teil selbst freie Kapazitäten als Lohnhersteller anbieten. Wie wichtig eine flache Hierarchie ist, weiß man bei Artesan Pharma: „Wir wollen dem Kunden schnelle Lösungen für seine Aufgaben und Probleme bieten – hier sind kurze Entscheidungswege gefragt“, so Jorg Weinhold, Assistent der Geschäftsführung bei Artesan.
Viele Unternehmen überlegen sich bei der Markteinführung eines neuen Produkts, ob sie eigene Anlagen dafür nutzen oder vielleicht sogar neue anschaffen wollen. Anlagen binden Raum und Personal – oft sind es die Folgekosten, die den Auftraggeber vor einer solchen Investition zurückschrecken lassen. Wer weiß, ob das Produkt überhaupt ein Erfolg wird? Hinzu kommen die in Deutschland sehr hohen Anforderungen an die Anlagen- und Sicherheitstechnik – mit der Konsequenz, dass vom Planungsstadium an gerechnet durchaus eineinhalb Jahre ins Land gehen können, bis die Produktion läuft. Diese Investition rechnet sich nur für den Dienstleister, zumal einige Produkte stark saisonabhängig sind – beispielsweise in der Lebensmittelindustrie – und dieser Peak in der Regel durch einen Lohnhersteller aufgefangen wird.

Der Preis muss stimmen
Investitionen in die Anlagentechnik kann der Dienstleister nicht nur über den Produktpreis und langfristige Verträge refinanzieren. In manchen Fällen beteiligt sich auch der Auftraggeber an den Kosten, zumal dann, wenn sie ausschließlich für diesen Anwendungszweck getätigt wird. Bevor es jedoch dazu kommt, wird an der Technologie gefeilt, an den Parametern und der Formulierung geschraubt, das Handling optimiert oder gegebenenfalls in eine Automatisierung investiert – alles eine Frage der Kalkulation in Zusammenarbeit mit dem Kunden. Denn der Preis muss stimmen.
Lohnhersteller werden oft am Preisniveau des Wettbewerbs gemessen, obwohl bei einem niedrigeren Preis nicht unbedingt die erforderliche Qualität gewährleistet ist, und Qualität spielt eine entscheidende Rolle. Meist wird der Dienstleister ein- oder zweimal massiven Preisreduktionsforderungen ausgesetzt, aber letztlich treten die Leistungskriterien in den Vordergrund. Bei großen Chargen sind die Preiskämpfe in der Regel deutlich härter als bei geringeren Stückzahlen. „Die Qualität steht in unserer Industrie immer noch an erster Stelle. Natürlich spielen auch die Preise eine wichtige Rolle, aber deren Bedeutung nimmt ab. Was immer wichtiger wird, sind Lieferzuverlässigkeit und Liefersicherheit“, erläutert Dr. Peter Mörsdorf, Geschäftsführer API bei Excella. Dennoch sollte der Faktor „Preis“ keinesfalls vernachlässigt werden. „Der Preis eines Angebots spielt oft eine ebenso entscheidende Rolle bei der Wahl des Dienstleisters wie andere Faktoren“, weiß Dr. Ulrike Bühring, Leitung der Herstellung bei Dronania.
Aus diesem Grund suchen viele Lohnhersteller ihr Heil in der Nische, denn mit der Spezialisierung – gleichgültig, ob beim Produkt oder beim technologischen Know-how – rückt der Produktpreis etwas in den Hintergrund, weil die Anzahl möglicher Wettbewerber geringer wird. Der Service muss stimmen, die Lieferung termingerecht erfolgen und Zuverlässigkeit ist gefragt. Wenn es beim Auftraggeber zu Verzögerungen kommt, sind die in endlosen Preisdiskussionen erzielten Einsparungen Makulatur.
Der Wettbewerb zwingt zur Internationalisierung, aus der Globalisierung wiederum resultiert vermehrter Preisdruck. Dies lässt Unternehmen, die nicht international ausgerichtet sind, nur eine begrenzte Chance. Bestehen kann man in diesem Markt nur durch Qualität und mit produktangepassten Hochleistungsanlagen in optimierten Fertigungsprozessen.

Erfolgreich mit dem One-stop-shopping
Doch es ist nicht allein die Produktion als solche, die vom Dienstleister erwartet wird. Der Kunde will eine Dienstleistung einkaufen, die maßgeschneidert seine Bedürfnisse abdeckt. Das fängt bei der Entwicklung an und hört bei der Distribution noch lange nicht auf. Große Pharma-Unternehmen erwarten andere Leistungen als eine kleine Start-up-Firma, sowohl im Hinblick auf die Dienstleistungen als auch auf die Betreuung. Regulatorische Aspekte spielen hier eine große Rolle. Vielen, insbesondere kleinen Unternehmen gibt der Lohnhersteller häufig Unterstützung, die über den eigentlichen Auftrag deutlich hinausgeht. Vor allen Dingen der regulatorische Bereich ist hiervon betroffen. Hier ist quasi das berühmte Rundum-sorglos-Paket gefragt. Excella arbeitet seit Jahren erfolgreich nach dem Konzept „One-stop-shopping“, und auch bei Dronania weiß man um die große Bedeutung von Zusatzleistungen, wie beispielsweise Beratung bei der Auswahl der Verpackung oder bei der Produktentwicklung. Eine solche Philosophie pflegt man auch bei Artesan: „Alles aus einer Hand – das sind einige unserer Grundsätze“, betont Jorg Weinhold.
Wohl dem, der sich hier auskennt, denn große Unternehmen wollen teilweise auch ihre administrativen Bereiche – da mit horrenden Kosten verbunden – reduzieren und lagern diese aus. In puncto Dokumentation rücken Pharma- und Non-Pharma-Bereich immer mehr zueinander, die Qualitätsstandards gleichen sich an. Häufig weiß der Auftraggeber bei neuen Produkten auch wenig über gesetzliche Richtlinien und Bestimmungen, die damit verbunden sind. So sahen sich viele Lohnhersteller im Laufe der Zeit veranlasst, auch in diesem Punkt Know-how aufzubauen und dieses dem Kunden als Serviceleistung zur Verfügung zu stellen. Ebenso wächst die Nachfrage nach Analytik- und Zertifizierungsdienstleistungen. Das ist wiederum eine Chance für den Lohnhersteller.

Das Heil in der Nische suchen
Sieht sich der Lohnhersteller gemeinhin als Spezialist oder eher als Generalist? Diese Frage lässt sich nicht so ohne Weiteres beantworten. „Die Herausforderung besteht letztlich darin, beides zu sein“, erklärt Jorg Weinhold. Seiner Meinung nach müssen Generalisten auch Spezialitäten vorhalten, sonst läuft man Gefahr, als Generalist lediglich Standards zu erfüllen. Diese Ansicht teilt auch Dr. Bühring: „Dronania ist sowohl Generalist mit breiter Produktpalette als auch Spezialist durch das Setzen von Schwerpunkten“, erklärt sie. Ganz anderer Meinung ist Dr. Mörsdorf. Excella sieht sich als Spezialist: „Generalisten gibt es in unserer Branche genügend in Fernost.“
Vielfach lautet die Devise für ihn: Generalist im Serviceangebot, Spezialist in der Darreichungsform. Der eine ist auf Lyophilisation spezialisiert, der andere auf Weichgelatine-Kapseln, der dritte auf Impfstoffe, der vierte auf Flüssigabfüllung. So kann er sich auf die entsprechende Anlagentechnik konzentrieren und dem Auftraggeber ein erstklassiges Produkt bieten. Ein wichtiger Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit wird für Lohnhersteller zukünftig der Aufbau von Netzwerken sein. Treibende Faktoren sind der Zwang zur Spezialisierung einerseits, auf der anderen Seite aber auch die Notwendigkeit, als Komplettanbieter auftreten zu können. Auch für Lohnhersteller ist die Effizienz eine Frage klar definierter Kernprozesse; gegebenenfalls wird er selbst Teilbereiche outsourcen. Synergien machen auf jeden Fall Sinn: Kann der Lohnhersteller einen breit gefächerten Auftrag nicht selbst erledigen, ist es durchaus üblich, Teilbereiche auszulagern und an einen befreundeten Lohnhersteller abzugeben. Solche Netzwerke beruhen in allererster Linie auf persönlichen Kontakten, ein Verband oder dergleichen existiert – noch – nicht. Doch genau so etwas wünschen sich viele Dienstleister, würde es doch die Wettbewerbsfähigkeit – auch auf internationaler Ebene – steigern.
Auf jeden Fall erwartet der Auftraggeber zu Anfang einer Geschäftsbeziehung das schnelle Bearbeiten der Anfragen und damit verbunden ein eventuelles Aufzeigen von Alternativen, wenn man eine partnerschaftliche Beziehung anstrebt. Gleichgültig, in welcher Branche der Lohnhersteller tätig ist, sein Auftraggeber erwartet mehr als eine reine Kunden-Dienstleisterbeziehung. Wenn man mehr als nur eine geschäftliche Beziehung anstrebt, sind die Erfolgschancen größer, als wenn nur die technische Seite abgedeckt wird; auch die „weichen Faktoren“ müssen stimmen. Diese „Softfacts“ haben bei Artesan einen hohen Stellenwert. „Für uns ist es wichtig, dass sich der Kunde wohl fühlt“, betont Weinhold. Bei Excella steht die Qualität an erster Stelle, zunehmend wichtiger werden Lieferzuverlässigkeit und Liefersicherheit. „Es gibt sicher keinen einfacheren Weg, ein neues Projekt zu akquirieren, als einen zufriedenen Kunden“, bringt es Dr. Mörsdorf auf den Punkt.
Bei dieser Prozessoptimierung sollten auch Lieferanten einbezogen werden. Ein Lieferantenstamm, der auch in die Prozessorganisation seines Kunden mit eingebunden ist, kann maßgeblich dazu beitragen, die gesamte Prozesskette effizienter zu gestalten. Dies betrifft auch die Punkte Service und Qualität.

Gut aufgestellt für die Zukunft?
Für die Zukunft gut gerüstet sein ist vor allem auch im Hinblick auf ausländische Konkurrenz wichtig. Doch so verlockend niedrig die Personalkosten auch sein mögen – mit der Qualität hapert es häufig noch. Hier kann es bei empfindlichen Produkten – beispielsweise aufgrund mangelnder Infrastruktur – zu Problemen kommen. Hingegen aufmerksam beobachtet werden sollte der osteuropäische Markt, denn der gewinnt an Bedeutung, und die Qualität kann sich in der Regel sehen lassen.
Bietet der Standort Deutschland Vorteile per se? Nicht umsonst spricht man von Qualität „Made in Germany“. Deutschland bietet eine ausgezeichnete Infrastruktur, sehr gut ausgebildete Mitarbeiter und umweltfreundliche Herstellungsverfahren. Deutschland profitiert von seiner zentralen Lage innerhalb Europas. Für Kunden hat die geografische Nähe gerade bei Entwicklungsprojekten immer noch einen unschätzbaren Vorteil. Asiatische Länder haben schon aufgrund der Entfernungen und unter Umständen aufgrund kultureller Gegebenheiten einen Nachteil. Und wenn es deutschen Unternehmen noch gelingt, schnell und unkompliziert zu agieren, schwindet der Kostenvorteil asiatischer Länder mehr und mehr. In puncto Qualität sollte man sich aber darüber im Klaren sein, dass das Qualitätsbewusstsein insbesondere in Südostasien schnell und konstant ansteigt. „Dieser Marktvorteil dürfte wohl nur noch wenige Jahre halten“, befürchtet Dr. Bühring. Darüber hinaus ist sie der Meinung, dass der Standort nur durch einen steigenden Automatisierungsgrad gesichert werden kann.

Langfristige Bindungen
Die Erfahrung lehrt, dass man vor allem mit solchen Kunden, für die ein Produkt entwickelt und eine spezielle Lösung angeboten wurde, eine langfristige Beziehung eingehen kann. In einer gefestigten Geschäftsbeziehung lassen sich auch auf der Kostenseite Fortschritte erzielen. Bei Komplettlösungen von der Erstanfrage bis zum Abfüllen hat der Kunde selten Interesse daran, den Dienstleister zu wechseln, solange die Produktion reibungslos läuft. Dennoch sollte man sich tunlichst nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen und an technologischen Neuerungen arbeiten. Mit der Entwicklung neuer Verfahren und Technologien lassen sich Produkte realisieren, die bislang aufgrund fehlender Verfahrenstechnik nicht umgesetzt werden konnten – auch eine Möglichkeit, Kunden zu binden oder gar neue zu gewinnen.
Ob nun Kerngeschäft oder nicht: Produzieren im Kundenauftrag ist in den meisten Fällen die wirtschaftlichste Lösung, denn die Produktion ist beim Lohnhersteller bestens aufgehoben. Mehr noch: Nicht nur die Produktentwicklung ist bei ihm in den besten Händen. Auch was die Technologie angeht, ist er auf dem neuesten Stand – meist hat er sie selbst weiterentwickelt und, abgestimmt auf das Produkt, optimiert.
Der Markt befindet sich derzeit in einer Umstrukturierung. Gerade dann ist es besonders wichtig aufzufallen. Neben dem Auftritt in einschlägigen Fachzeitschriften ist die Teilnahme an Messen ein nicht zu unterschätzendes Instrument. Hier pflegt man den intensiven persönlichen Kontakt mit Kunden und geht aktiv auf potenzielle Neukunden zu. Mehr und mehr gewinnt aber das Internet an Bedeutung. Vor wenigen Jahren noch als Nebensache angesehen, ist es heute aus dem Tagesgeschäft nicht mehr wegzudenken – sei es die eigene Website oder einschlägige Internet-Datenbanken.

Wer macht das Rennen?
Wie findet man den „richtigen“ Lohnhersteller? Eine Frage, die sich nicht so ohne Weiteres beantworten lässt, denn für fast jedes Produkt gibt es zahllose Alternativen. In aller Regel ist der Lohnhersteller spezialisierter Generalist. Als Renner unter den Auswahlkriterien gilt die Flexibilität; sie ist für die meisten Auftraggeber am wichtigsten, und dies wird sicher auch weiter so bleiben. Dennoch darf der Faktor Kosten nicht vernachlässigt werden: Sie werden zukünftig einen Großteil aller Entscheidungen stark beeinflussen. Darüber hinaus rückt das Thema Lieferzeit – auch ein Indiz für Flexibilität – mehr und mehr in den Vordergrund.
Der Auftraggeber erwartet von seinem Dienstleister Ideen für neue Produkte und ausgefeilte, optimierte Technologien, die die Herstellung von solchen Produkten erlauben, die bisher nicht realisiert werden konnten. Innovationsfreudigkeit gilt unter Insidern als eine der wichtigsten Triebkräfte. Und das ist gut so, denn weiche Faktoren, wie beispielsweise langjähriges Vertrauen, haben zwar einen hohen Stellenwert, aber man sollte sich nicht auf sie verlassen. Mit Innovationen hingegen hat der Lohnhersteller eine gute Möglichkeit an der Hand, eine langfristige Kundenbindung aufzubauen oder neue Kunden hinzuzugewinnen.

 

 

 

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