Mann in Schutzkleidung vor Containment-Hintergrund

Hochtoxische Wirkstoffe sicher handhaben. (Bild: Weiss Pharmatechnik)

Entscheider-Facts

  • Der Umgang mit hochpotenten Wirkstoffen birgt ein hohes Risiko für das Produktionspersonal.
  • Um das Risiko beim Handling flexibler Isolatoren zu umgehen, wurde ein Containment-Klimakammer-System entwickelt.
  • Das Produkt kann im Isolator entpackt und über ein Schienensystem in den angedockten Klimaschrank gebracht werden.

API (Active Pharmaceutical Ingredients) bieten zahlreiche Möglichkeiten, komplexe Krankheiten wie Epilepsie, Depressionen und Alzheimer zu behandeln, da sie zielgerichtet auf das Immunsystem einwirken. Der Umgang mit bioaktiven Wirkstoffen erfordert deshalb Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende und Umwelt. Auch das Produkt selbst muss geschützt werden, da Umgebungsparameter wie Feuchte und Temperatur die Eigenschaften der Wirkstoffe erheblich beeinflussen können. Die Verarbeitungsschritte sind komplex und die Produktion erfolgt meist unter genau definierten Feuchte- und Temperaturbedingungen.

Mikronisierte Wirkstoffe stabilisieren

Für das Herstellen eines hochwertigen Inhalats mit Wirkstoffen der Gefahrenklasse OEB 5 wurde ein Containment-Klimakammer-System entwickelt. Diese Wirkstoffe können im Rahmen einer Inhalationstherapie unter bestimmten Voraussetzungen das zentrale Nervensystem beeinflussen, indem sie „Lücken“ in der Blut-Hirn-Schranke überwinden. Für die Inhalation müssen die pulverförmigen Wirkstoffe sehr fein mikronisiert werden, um über den Riechnerv ins Gehirn zu gelangen und dort in ausreichender, gleichbleibender Konzentration verfügbar zu sein. Eine definierte Partikelgröße darf nicht überschritten werden.

Abhängig vom Prozess liegen die Wirkstoff-Moleküle nach der Mikronisierung zu einem erheblichen Teil in amorpher Form vor. Dieser Zustand ist nicht erwünscht, weil die amorphen Anteile chemisch sowie thermodynamisch nicht stabil sind und bei Alterung durch den Einfluss von Feuchte und Temperatur umkristallisieren. Hierbei verändern sich die Partikeleigenschaften durch Agglomeratbildung negativ, was nachteilige Auswirkungen auf die Bioverfügbarkeit bei intranasalen Darreichungsformen hat, da die Wirkstoffe die Blut-Hirn-Schranke dann nicht durchbrechen können. Sie gelangen nicht mehr in ausreichender und gleichbleibender Konzentration an ihren Wirkort.

Die Lösung liegt in der gezielten Alterung des Produktes: Die Wirkstoffe werden bei hohen Temperaturen und hoher Feuchte so konditioniert, dass sich der amorphe Zustand durch beschleunigte Umkristallisationsvorgänge erheblich verringert. Bei bestimmten Konditionierungsbedingungen erfolgt die Umbildung, ohne dass sich die Partikelgröße des Wirkstoffes nachteilig verändert. Das Produkt bleibt chemisch und thermodynamisch weitgehend stabil. Das Konditionieren erfolgt üblicherweise in Klimakammern, in denen sich sehr exakte Feuchte- und Temperaturbedingungen einstellen lassen. Die Produkte werden auf Schalen oder Tabletts ausgebracht und dem Klima über einen definierten Zeitraum ausgesetzt.

Der Umgang mit hochpotenten Wirkstoffen birgt ein hohes Risiko für das Produktionspersonal. Eine klassische Möglichkeit für die Handhabung dieser Produkte sind flexible Isolatoren, die an die Klimakammer angekoppelt werden. Diese sind jedoch umständlich im Handling, wodurch ein Restrisiko für die Mitarbeitenden bleibt. Auch die sichere Reinigung der Kammer birgt Fehlerrisiken.

Konditionierkammer mit fahrbarem Regalsystem
Beschickung der Konditionierkammer über ein fahrbares Regalsystem. (Bild: Weiss Pharmatechnik)

Klimaschrank mit  Isolatortechnologie

Der neue Ansatz von Weiss Pharmatechnik nutzt einen Isolator, um die Trays mit den biotechnologischen Substanzen unter kontrollierten Reinraumbedingungen bei maximalem Bediener- und Produktschutz anzusetzen und vorzubereiten. Es herrscht eine komplette Trennung von außen nach innen und umgekehrt. Weder können die hochpotenten Wirkstoffe Menschen oder Umwelt kontaminieren, noch kann das Produkt durch Keime verunreinigt werden.

Erstmals wurden für den kompletten Prozess des Ausbringens, Konditionierens und erneuten Sammelns des mikronisierten Inhalationswirkstoffes durchgehende Reinraumbedingungen geschaffen. Hierbei befindet sich der Isolator innerhalb des Reinraumes unter ISO Klasse 7 und ist unter sterilen Bedingungen für das Bedienpersonal zugänglich. Der Isolator ist direkt in die Reinraumwand eingelassen, mit einer Öffnung zu dem dahinter fest angeschlossenen Klimaschrank. An den Klimaschrank ist über einen doppelten Hepa-Filter eine autarke Luftversorgung angeschlossen. Beide Einrichtungen, Klimaprüfraum und Klimaversorgung befinden sich also nicht innerhalb des Reinraumes, sondern in einem Technikraum.

Beliebige Klimabedingungen einstellen

Der mikronisierte Wirkstoff wird über einen Port in den Isolator eingeschleust. Im Isolator wird das Produkt entpackt, auf vorbereitete Trays ausgebracht und über ein Schienensystem in den angedockten Klimaschrank gebracht, um die Produkte unter zuverlässig einstellbaren Klimabedingungen zu konditionieren. Dieser Klimaschrank erfüllt erstmals dieselben Sicherheitsanforderungen wie der Isolator selbst – steht mit seinen luft-technischen Komponenten allerdings vollständig im Technikbereich. Aufgrund der festen Verbindung aller drei Komponenten und des Filtersystems entsteht ein in sich geschlossenes Containment-System mit eigener Luftversorgung.

Das Containment-System besteht aus einem Wibosafe Isolator, kombiniert mit einem Klimaprüfschrank Typ Climeevent und einem Temperiermodul Typ Tempevent. Der Isolator ist in diesem Fall ein 6-Handschuh-isolator, um API sicher umzufüllen und den Klimaschrank zu beschicken. Er lässt sich auf zahlreiche verschiedene Arten konfigurieren und für Anwendungen wie Umfüllen, Verwiegen, Dosieren, Probenahme sowie zahlreiche prozesstechnische Unit-Operations einsetzen.

Der Klimaprüfschrank ist ein multifunktionales System, in dem Anwender beliebige Klimabedingungen einstellen können. Der Schrank hat einen geringen Energiebedarf und ist im Betrieb besonders leise. Auf Wunsch können Sicherheitsmaßnahmen gemäß Atex-Richtlinie ausgeführt werden. Um Kondensationserscheinungen beim Betrieb unter hohen Feuchten und Temperaturen vorzubeugen, hat der Hersteller den Klimaschrank mit einem Konstanttemperatur-Modul kombiniert. Das Modul hält die Wandungstemperatur des Klimaprüfraums stabil und ermöglicht, die Temperatur über dem Taupunkt zu halten.

Einfaches Handling

Die Klimakammer ist von dem Isolator über eine Schiebetür mit aufblasbaren Dichtungen zugänglich. Die mikronisierten Wirkstoffe schleusen Anwender seitlich über einen Rapid-Transfer-Port in den Isolator ein. In der Kammer befindet sich ein Rack mit acht Trays, auf denen das Produkt gleichmäßig verteilt wird. Das Rack können Anwender aus der Kammer herausfahren, um die Trays zu entnehmen. Neben dem Isolator ist auch die Klimakammer mit Reinigungsdüsen ausgestattet, so dass sich die gesamte Anlage inklusive Klimakammer CIP-reinigen lässt. Die Steuerung für Isolator, Klima- und Temperaturschrank befindet sich an einem ergonomisch angeordneten Schwenkarm.

Das Konzept kombiniert die sichere Handhabung toxischer Substanzen wie Biopharmazeutika mit der Möglichkeit, diese Wirkstoffe direkt in einer Klimakammer zu aktivieren, was sonst nur außerhalb kontrollierter Reinraumbedingungen möglich ist. Das Containment-Klimakammer-System ist EU GMP- und FDA-konform und ermöglicht Anwendern eine qualifizierte und dokumentierte Prozessabfolge.

Isolator mit angekoppelter Konditionierkammer.
Isolator mit angekoppelter Konditionierkammer. (Bild: Weiss Pharmatechnik)

Achema, Halle 3.0 – F2

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