Entscheider-Facts
- Die Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln stellt ähnliche Ansprüche wie die Arzneimittelherstellung.
- Das Mischen der Rohstoffe muss hygienisch und schonend, aber auch schnell und effizient erfolgen.
- Vertikalmischer können auch große Chargen verarbeiten und sind vollständig zu entleeren.
Im Jahr 2018 haben die Menschen in Deutschland 1,439 Mrd. Euro für Nahrungsergänzungsmittel (kurz: NEM) ausgegeben, so der Lebensmittelverband Deutschland. Das entspricht 225 Mio. Packungen, rein statistisch also fast drei Packungen pro Kopf und Jahr. Am häufigsten gekauft werden Vitamin C sowie Multivitaminpräparate und die Mineralstoffe Magnesium und Calcium.
Etwas andere Zahlen erhebt der Dienst Statista, kommt aber dennoch zu einem deutlichen Zuwachs für 2019: 75 Mio. Einheiten (+3 Mio. im Vergleich zu 2018) an Vitaminen und Mineralstoffen kauften die Verbraucher für insgesamt 1,1 Mrd. Euro (+240 Mio. Euro). Auch bei Statista liegt Magnesium vorne. Steigender Beliebtheit erfreuen sich Vitamin-B-Produkte. Neben Magnesium sind auch Vitamin-C-Präparate wichtige Umsatztreiber. Mehr als zwei Drittel der deutschen Bevölkerung haben schon einmal Nahrungsergänzungsmittel eingenommen oder können sich dies zukünftig vorstellen.
Ernährungstrends sorgen für mehr Umsatz
Der Grund für diesen Trend liegt in der modernen Gesellschaft, sie seit Jahren Leistung und Fitness als wichtig vermittelt. Eine ausgewogene Ernährung ist normalerweise ausreichend, aber nicht immer gegeben – und deshalb führen sich immer mehr Menschen Nahrungsergänzungsmittel als Brause, lösliche Pulver, Sticks, Tabletten oder Kapseln zu. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Yougov, an der mehr als 1.000 Menschen ab 18 Jahren teilnahmen, möchten 61 % der Befragten ihre allgemeine Gesundheit fördern, 36 % einer Erkältung vorbeugen, 39 % die Körperfunktionen optimieren und 33 % die körperliche Fitness verbessern.
Die Anforderungen der Verbraucher an die Produktleistung der Nahrungsergänzungsmittel sind entsprechend hoch. Die Darreichungsform soll bequem, die Einnahme schnell, einfach und überall möglich sein. Kombipräparate sind gefragt und die Haltbarkeit der Produkte ist wichtig. Deshalb ist es zuweilen notwendig, bestimmte Wirksubstanzen zu ummanteln, bevor sie mit anderen Pulvern vermischt werden. Darüber hinaus muss der Geschmack angenehm sein. Egal ob Großpackung, Tablette oder Sachet die Wirkstoffverteilung muss immer gleichbleibend genau sein.
Produktion nach Pharma-Richtlinien
Die Anforderungen an die Produktionstechnologie, mit deren Hilfe NEM für den Verbraucher zur angenehmen Aufnahme aufbereitet werden, entspricht einer Lebensmittel- und Pharmaproduktion mit den einschlägigen technischen Vorgaben nach GMP/FDA. Weil immer mehr neue Verpackungsvarianten und Inhaltsstoffe für NEM auf den Markt drängen, setzen viele Hersteller auf die Dienstleistung und Flexibilität von Lohnherstellern. Diese kennen die hohen Anforderungen in der Produktion sehr genau und sind in der Lage, die geforderte gleichbleibende Qualität zu produzieren. Verschiedene Darreichungsformen erfordern unterschiedliche, teilweise spezialisierte und investitionskostenintensive Herstellungs- und Verpackungsverfahren, in denen Lohnhersteller die nötige Kapazität bereitstellen können. Erreichen die Absatzmengen jedoch ein gewisses Volumen, dann übernehmen Anbieter wie Herbalife Nutrition die Produktion ins eigene Unternehmen und bauten intern das bestehende Know-how und Prozesswissen aus. Das Unternehmen produziert etwa 65 % seiner NEM selbst.
Da die Produkte wie in der Pharmaindustrie zu 100 % rückverfolgbar sein müssen, beginnt die Qualitätssicherung in der Regel schon im Wareneingang. Viele Hersteller, so auch Herbalife Nutrition und das Unternehmen Nutrichem, monitoren die Qualität an verschiedenen Stellen des Produktionsprozesses. Im Fokus stehen dabei das Beschicken der Mischer, der Mischvorgang einschließlich der Probenahme und exakt reproduzierbare Mischungsverhältnisse bis hin zur routinemäßigen Verpackungsinspektion und einer genauen Reinigungsanalyse, die während des gesamten Prozesses an allen Produktkontaktflächen durchgeführt wird.
Vorteile bei großen Chargen
Grundlage für die Homogenität und damit für die Qualität insbesondere der pulverförmigen Produkte ist im ersten Schritt ein stabiler und reproduzierbarer Mischprozess. Zudem wirkt sich eine reproduzierbare und homogene Mischung auch später im Prozess positiv aus, denn die Effizienz an der Verpackungslinie nimmt durch einen gleichmäßigen Produktfluss zu. Mischer in der Produktion von Nahrungsergänzungsmitteln unterliegen folglich einem besonders hohen Anspruch an die erreichbare Homogenität der Mischung.
Diese Mischgüte-Anforderungen können nur sogenannte Präzisionsmischer erfüllen. Sie bestehen aus einem feststehenden Mischraum und bewegten Mischwerkzeugen. Diese müssen die Komponenten raumbeherrschend verströmen, um eine Zufallsmischung zu erzeugen. So wird eine technisch ideale Mischgüte erreicht, die sich in der Praxis nicht mehr verbessern lässt. Darüber hinaus soll der Mischer in der Produktion der Nahrungsergänzungsmittel schnell arbeiten, aber weder Partikelform noch -größe der Rohstoffe verändern. Diese Anforderungen schränken das Angebot der in Frage kommenden Mischsysteme stark ein, wobei sich eine Vertikal-Bauart als besonders geeignet erwiesen hat.
Die Effizienz der Mischwirkung dieser Bauart zeigt sich, wenn für das Weiterverarbeiten in Tablettenpressen kleinste Mengen sogenannter Anticaking-Trennmittel einzumischen sind. Diese Substanzen sind besonders leicht, klumpend und sehr schwer zu verteilen. Ihre eigentliche Anticaking-Wirkung verlieren sie jedoch sehr schnell, sobald sie Druck- oder Scherstress ausgesetzt sind. Kleinstmengen bei Erhalt ihrer vollen Wirksamkeit ideal zu verteilen, ist eine besondere Fähigkeit, die Mischer des Herstellers Amixon auch bei großen Chargen sicher beherrschen.
Für die Hersteller der NEM haben Groß-Chargen viele Vorteile. Der Aufwand für das Bereitstellen und Verwiegen der Einzelkomponenten reduziert sich drastisch. Am Ende der Mischzeit reicht eine Probenentnahme und deren Auswertung aus. So können große Chargen oft viele Tausend Euro einsparen. Der dargestellte Präzisionsmischer kann Chargen bis 7 m³ Mischgut verarbeiten. Das Resultat ist eine ideale Zufallsmischung, unabhängig davon, ob die Nennfüllung von 7.000 l vollständig oder nur teilweise genutzt wird.
Alexander Voitl, Opex Manager bei Nutrichem, ergänzt die Liste der Anforderungen an die Mischer um einen weiteren wichtigen Aspekt: „Einige der Inhaltsstoffe sind sehr empfindlich, weshalb uns eine geringe Temperaturentwicklung beim Mischvorgang sehr wichtig ist.“ In vielen Anwendungen – auch bei Groß-Chargen – hat Anbieter Amixon gezeigt, dass der Energieeintrag jedes Mal minimal ist. Es können weder Wärmetönungen im Produkt registriert werden, noch entstehen nennenswert vergrößerte Staubanteile. Letzteres ist besonders wichtig für den Verbraucher, der eine gute Löslichkeit und Dispergierbarkeit des Fertigproduktes erwartet. Es spielt aber auch eine Rolle, wenn Hochleistungspackmaschinen Sachets und Beutel befüllen.
Dass sich die Temperatur der Mischung durch den Mischvorgang nicht erhöht, ist wesentlich für die Lagerfähigkeit der NEM im weltweiten Verteilungsprozess. Würden die Mischgüter im warmen Zustand verpackt, können sie verklumpen, und Mikrokondensation kann sie ungewollt verfärben. Die Stabilität der Produkte zu erhalten, ist schon deshalb aus Qualitätsgründen wichtig für die Hersteller. Bei Herbalife Nutrition kümmert sich beispielsweise ein eigenes Team sich um die Produktstabilität bei unterschiedlichen klimatischen Einsatz- und Transportbedingungen der NEM. Die Eignung neuer Produktformulierungen und Verpackungen wird vor der Übernahme in die Produktion in speziellen Stabilitätskammertests überprüft.
Reinigung bestimmt Grad der Flexibilität
Aufgrund häufiger Rezepturwechsel und wegen der strengen Vorgaben an eine Pharmaproduktion sollten die Mischer in der Produktion von NEM in kurzer Zeit validierbar und leicht zu reinigen sein. Voitl gibt dazu einen Einblick in die Praxis der Mischerauswahl: „Bevor wir einen Mischer einsetzen, muss er die Qualifizierungs- und Validierungsmaßnahmen erfolgreich und sicher bestehen. Die platzsparenden Vertikal-Zweiwellenmischer von Amixon haben diese Tests alle gemeistert.“ Im Rahmen dieser Qualifizierung wird die Installation und Funktion des Mischers sichergestellt. Für die Validierung sind darüber hinaus die Misch- und Reinigungsprozesse auf Konformität zu den festgelegten Spezifikationen zu überprüfen.
Besteht ein Mischer diese Qualifizierung nicht, kann er aufgrund der Vorgaben nicht in der Produktion eingesetzt werden.
Für die Nass-Reinigung eines Präzisionsmischers werden beispielsweise rotierende Waschköpfe von oben und von der Seite in den Mischraum versenkt. Zugleich rotieren die Mischwerkzeuge und gewährleisten die allseitige Schwallbenetzung sämtlicher produktberührten Flächen. Der Waschwasserabfluss findet an tiefster Stelle im Boden des Mischers statt. Da die Wärmekapazität von Edelstahl nur elf Prozent der Wärmekapazität von Wasser beträgt, erwärmt sich der Mischer sehr schnell, wenn mit warmem Waschwasser gereinigt wird. Dadurch ist der Apparat anschließend schneller trocken.
Waschaktive Substanzen sind in der Regel nicht erforderlich.
Nur wenn sehr intensive Farben oder Aromen verarbeitet wurden, kann es vorkommen, dass eine mehrstufige Nassreinigung sein muss. Sie besteht aus Vorbenetzung, Einschäumen und Klarspülung. Ähnliches gilt, wenn Flüssigkeiten mikrofein in ein Pulver einzumischen sind und demzufolge ungewollte Anhaftungen abzuwaschen sind. Bei guter Organisation dauert Waschen und Trocknen eine Stunde.
Manche Betriebe in der Nährmittelaufbereitung führen die Trocken-Reinigung erfolgreich durch, indem ein oder zwei Spülchargen gemischt werden. Solche Spülchargen werden sachgerecht verpackt, um später bei passender Rezeptur erneut als Wertstoff Verwendung zu finden.
Da die einzelnen Mischgüter bei NEM sehr wertvoll sein können, ist im Herstellprozess noch ein weiteres Merkmal des Mischers entscheidend - der Restentleergrad; jedes Gramm, das der Mischer mehr austrägt, verkauft werden kann und nicht entsorgt werden muss. Je weniger Rückstände im Mischer verbleiben, desto einfacher und schneller ist der Reinigungsprozess, desto geringer die mögliche Kontamination und desto höher die Chargentreue. Beim Vertikalmischer können die 7.000 l Mischgut bis auf einen Rest von 0,5 l – entsprechend 0,007 % – ausgetragen werden.
Für eine gute Prozesseffizienz sind es die kleinen Konstanten, die letztlich Einfluss auf die Kosten der Herstellung der NEM nehmen. Sind also Rüst- und Reinigungszeiten klar planbar und kurz, die zu verwerfenden Produktmengen gering, wirkt sich das unterm Strich in höheren Margen für den Hersteller der Nahrungsergänzungsmittel aus.
Wie arbeitet ein Vertikal-Mischer?
Zwei vertikal gelagerte Helix-Mischwerkzeuge rotieren mit gleichem Drehsinn, wobei der Mischraum von ihren Hüllflächen gebildet wird, wenn sie rotieren. Die an der Rezeptur beteiligten Komponenten werden von oben in den Mischraum eingeschüttet oder eingesaugt. Nach ungefähr 50 bis 60 Umdrehungen liegt eine ideale Mischgüte vor. Das entspricht je nach Drehfrequenz der Mischwerkzeuge in etwa einer Mischzeit von 2 bis 5 Minuten. Dann öffnet eine totraumfrei schließende Bodenarmatur, und die Mischung wird entmischungsfrei ausgetragen. Die stattfindende Schubströmung wird mit „dreidimensionaler Umschichtung“ beschrieben. Die Mischwerkzeuge fördern die Güter in der Peripherie aufwärts und lassen sie der Schwerkraft folgend in den Zentren, entlang der Mischwerk-Wellen abwärts fließen. Zugleich werden die Mischgüter von den Mischwerk-Armen radial verströmt.