
Metallische Hohlkugel mit Pilzenzymen: Ein blauer Farbstoff macht die Enzymreaktion sichtbar. (Bild: Anett Werner / TU Dresden)
Aktuelle Studien zeigen, dass allein in Deutschland jährlich etwa 300.000 t Mikroschadstoffe in die Wasserkreisläufe gelangen. Einige dieser Stoffe haben schon in sehr geringer Konzentration nachteilige Wirkungen auf unser Ökosystem und stören die Gewinnung von Trinkwasser.
Solche Schadstoffe aus dem Abwasser wieder loszuwerden, ist allerdings leichter gesagt als getan: „Die bestehenden dreistufigen kommunalen Wasser- und Abwasserreinigungsanlagen sind nur teilweise in der Lage, diese Schadstoffe herauszufiltern“, erklärt Dr. Anett Werner von der Technischen Universität Dresden das Problem. „Selbst modernste Anlagen können keine vollständige Reinigung leisten. Manche Mikroschadstoffe wie zum Beispiel Anti-Epileptika können bisher überhaupt nicht rausgefiltert werden. Über das Wasser gelangen sie in die Umwelt und verändern Fische und alle anderen lebenden Organismen.“ Gesetzliche Grenzwerte gibt es bislang nicht, „doch das wird sich ändern müssen“, führt Werner aus. „Dann steht in vielen Klärwerken in Deutschland der Ausbau einer vierten Reinigungsstufe an. In der Schweiz ist das an vielen Stellen schon erfolgt.“
Chemische Scheren zerschneiden Schadstoffe
An der TU Dresden leitet Werner das Forschungsprojekt Xenokat, mit dem Ziel, in einem biologischen Verfahren die naturfremden Rückstände unschädlich zu machen. Dieses Biofiltersystem funktioniert mithilfe eines Enzym-Cocktails, der in Ständerpilzen vorkommt. Sie können ringförmige chemische Verbindungen, wie sie auch die kritischen Xenobiotika besitzen, aufspalten und schließlich zu deren Entfernung beitragen. Die Pilzenzyme arbeiten wie „chemische Scheren“: „Die Scheren zerschneiden die Ringstrukturen der Medikamente, dadurch werden sie biologisch abbaubar“, erklärt Werner. „Wir isolieren die Enzyme, binden sie an hochporöse metallische Werkstoffe und bauen sie in Filter am Ende der Kläranlagen ein. Sobald die Enzyme nicht mehr arbeiten, werden die Kugeln entnommen, erhitzt und mit neuen Enzymen versehen.“
Für das eigentliche Biofiltersystem mussten die Wissenschaftler eine Technologie entwickeln, um die Enzyme auf hochporösen Trägern zu isolieren und zu fixieren. Die Fixierung auf einem Träger ist wichtig, damit die Enzyme in einem Filtersystem an Ort und Stelle arbeiten können. Verschiedene Trägermaterialien erwiesen sich in Tests als geeignet: metallische Hohlkugeln aus einem Sintermaterial, die kaum 4 mm groß sind, Metall-schäume, Membranen und Luffa-Schwämme, ein Naturmaterial, das als Naturstoff reichlich und günstig verfügbar ist und nach der Nutzung im Filter auch noch biologisch abbaubar ist. Auf metallischen Hohlkugeln sind die Enzyme selbst nach acht Wochen noch aktiv. In einer Biofilteranlage müsste das Wasser etwa zwei bis acht Stunden verweilen, bis die kritischen Substanzen abgebaut sind.
Zudem wiesen die Wissenschaftler nach, dass sich 15 Substanzen mithilfe der Pilzenzyme auf natürlichem Weg aus dem Wasser entfernen lassen – darunter Antibiotika, Schmerz-mittel, Blutdrucksenker, Entwässerungsmittel und ein Anti-Epileptikum, für das es bisher keine praktikable technische Lösung gab. In Kürze wird das Biofiltersystem unter Real-bedingungen getestet. Zukünftig soll das Verfahren auch für weitere Xenobiotika, wie Bisphenol-A, verschiedene Antibiotika und Pestizide optimiert werden. [ak]
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