Entscheider-Facts
- Menschliches Blutplasma eignet sich aufgrund seiner Bestandteile als Grundlage für die Herstellung lebensrettender Medikamente.
- Der Markt für Blutplasmaderivate wird Schätzungen zufolge im Jahr 2024 weltweit ein Volumen von über 50 Mrd. US-Dollar erreichen.
- Aufgrund der komplexen Produktion und der begrenzten Verfügbarkeit sind exakte und sichere Prozesse wichtig.
Obwohl auf den ersten Blick rot, besteht menschliches Blut zu rund 55 % aus einer weißlich-gelben Flüssigkeit: Das sogenannte Plasma bildet die Basis, in der sich weiße und rote Blutkörperchen sowie Blutplättchen durch den Organismus bewegen. Blutplasma eignet sich aufgrund seiner Bestandteile – allen voran wichtige Proteine – als Grundlage für die Herstellung lebensrettender Medikamente. Zu den wertvollen Bestandteilen zählen neben Albumin, das unter anderem bei Sepsis und Verbrennungen zum Einsatz kommt, auch Immunglobuline. Die Antikörper können vor allem bei angeborenen Antikörperdefekten, aber auch bei der Therapie von Erkrankungen wie Covid-19 helfen.
Produkte mit Potenzial
Entsprechend stark wächst der Markt für Blutplasma-Derivate, der Schätzungen zufolge im Jahr 2024 weltweit ein Volumen von über 50 Mrd. US-Dollar erreichen wird. Grund dafür ist die hohe Nachfrage, die medizinisch-technologische Entwicklungen mitunter stark antreibt. So lassen sich immer mehr Präparate heute rekombinant, das heißt gentechnisch herstellen und erfordern kein gespendetes Plasma mehr. Technologien zur Fraktionierung – die Aufspaltung des Plasmas in seine Bestandteile – haben sich überdies weiterentwickelt. Kontinuierlich arbeitende Zentrifugen beispielsweise oder Chromatografie im Produktionsmaßstab begünstigen effizientere Produktionsprozesse, die wiederum eine höhere Ausbeute an wertvollen Proteinen wie Albumin, Immunglobulinen und Gerinnungsfaktoren begünstigen – und damit den Weg zu vielseitigeren Therapieoptionen ebnen.
Unabhängig der medizinischen Erfolge nehmen Blutgerinnungsstörungen, seltene Gendefekte und Immunerkrankungen weltweit zu – und lassen den Bedarf an Plasmaderivaten steigen: Typ-1-Diabetes, rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose etwa haben sich vor allem in westlichen Ländern seit den späten 1980er Jahren stark ausgebreitet. Den zentralen Markt für den wichtigen Rohstoff Blutplasma bildet die USA: Werden in Europa jährlich rund 8 Mio. l Plasma gesammelt, deckten die USA 2020 rund 65 % des weltweiten Bedarfs – das entspricht 38 Mio. l.
Vom Rohmaterial zum Medikament
Bevor aus Blutplasma jedoch ein wirksames und sicheres Arzneimittel werden kann, muss der wichtige Ausgangsstoff zahlreiche Schritte durchlaufen: Gespendetes Rohplasma erreicht Hersteller meist in tiefgefrorener Form. Anschließend wird das Rohmaterial aufgetaut, fraktioniert, purifiziert, formuliert, abgefüllt oder gefriergetrocknet, inspiziert und bei Bedarf pasteurisiert. Aufgrund der komplexen Produktion und der begrenzten Verfügbarkeit von menschlichem Plasma müssen herstellende Unternehmen auf exakte und sichere Prozesse achten. Produktverluste bei der Verarbeitung der wertvollen Ressource bedeuten nicht nur wirtschaftliche Einbußen, sondern auch vertane Therapiechancen. Folglich stehen neben einer hohen Ausbeute auch flexible Prozesse sowie die Sicherheit und Qualität der Produkte im Vordergrund.
Auftauen und Fraktionierung nach Maß
Gespendetes Plasma erreicht herstellende Pharmaunternehmen tiefgefroren in großen Beuteln oder Flaschen, die bereits Spendermaterial aus mehreren Quellen enthalten. Für die Fraktionierung muss das Rohplasma zunächst graduell aufgetaut werden, um die temperaturempfindlichen Proteine nicht zu beanspruchen. Dies passiert in spezialisierten Anlagen mit Rührwerkzeugen, die geringe Scherkräfte auf das Material ausüben und die Temperatur stufenweise erhöhen. Nach dem Auftauen ist das Rohmaterial bereit für die Fraktionierung, das heißt das Aufspalten in Bestandteile wie Albumin, Immunglobuline und Fibrinogene, die zu den Gerinnungsfaktoren zählen. Das so gewonnene Plasma durchläuft anschließend mehrere Filtrationsschritte, die die
Zielmoleküle nach Größe, elektrischer Ladung und chemischer Affinität trennen.
Dieser hochkomplexe Schritt erfordert Anlagen, die eine effiziente, stabile Fraktionierung im großen Maßstab ermöglichen. Komplettlösungen aus einer Hand spielen dabei eine wesentliche Rolle: Sie bilden die Grundlage für eine möglichst nahtlos integrierte, vollautomatisierte Systeminfrastruktur mit durchgehendem Monitoring kritischer Prozessparameter. Jede gewonnene Fraktion müssen Hersteller separat lagern und purifizieren. Dabei werden Verunreinigungen und Viren chemisch oder mittels Hitze degradiert und die Konzentration jedes künftigen Wirkstoffes erhöht. Die anschließende Formulierung ergänzt die Fraktionen um diverse Hilfsstoffe, darunter auch Stabilisatoren. Diese sorgen dafür, dass die Fraktionen ihre Wirksamkeit im weiteren Prozess behalten. Eine robuste Infrastruktur für Reinstmedien ergänzt diese Schritte und ermöglicht eine zuverlässige Versorgung mit Reinstdampf und Rein- oder Reinstwasser.
Schonend und genau dosiert
Die Abfüllung von Plasmaderivaten erfolgt überwiegend in Vials aus Glas mit unterschiedlichen Füllvolumina. Die Bandbreite umfasst typischerweise Behältnisse zwischen 2 und 500 ml, die für flüssige und gefriergetrocknete Produkte zum Einsatz kommen. Entsprechend hoch ist der Bedarf an flexiblen Füllsystemen, die nicht nur unterschiedliche Vialgrößen abfüllen, sondern die vorgesehenen Füllvolumina exakt erreichen. Moderne Technologien setzen dazu auf mehrstufige Füll- und Wiegeprozesse, um auch bei schnellen Wechseln eine hohe Füllgenauigkeit zu erzielen.
Bei diesem Verfahren füllen Peristaltikpumpen, die sich bei scheranfälligen Proteinen wie Gerinnungsfaktoren besonders eignen, zunächst 95 % des Produktes ab. Die restlichen 5 % folgen in einem separaten zweiten Schritt – mit kleinerer Füllnadel und in engeren Toleranzgrenzen. Über diese Haupt- und Nachdosierung lässt sich das Füllgewicht bei 100-prozentiger In-Prozess-Kontrolle (IPK) jederzeit optimal ermitteln und das Ziel eines möglichst genau dosierten Plasmaderivats erreichen. Fortschrittliche Füllsysteme ermöglichen zudem ein Nachdosieren unterfüllter Vials.
Schonend und genau dosiert
Die Abfüllung von Plasmaderivaten erfolgt überwiegend in Vials aus Glas mit unterschiedlichen Füllvolumina. Die Bandbreite umfasst typischerweise Behältnisse zwischen 2 und 500 ml, die für flüssige und gefriergetrocknete Produkte zum Einsatz kommen. Entsprechend hoch ist der Bedarf an flexiblen Füllsystemen, die nicht nur unterschiedliche Vialgrößen abfüllen, sondern die vorgesehenen Füllvolumina exakt erreichen. Moderne Technologien setzen dazu auf mehrstufige Füll- und Wiegeprozesse, um auch bei schnellen Wechseln eine hohe Füllgenauigkeit zu erzielen.
Bei diesem Verfahren füllen Peristaltikpumpen, die sich bei scheranfälligen Proteinen wie Gerinnungsfaktoren besonders eignen, zunächst 95 % des Produktes ab. Die restlichen 5 % folgen in einem separaten zweiten Schritt – mit kleinerer Füllnadel und in engeren Toleranzgrenzen. Über diese Haupt- und Nachdosierung lässt sich das Füllgewicht bei 100-prozentiger In-Prozess-Kontrolle (IPK) jederzeit optimal ermitteln und das Ziel eines möglichst genau dosierten Plasmaderivats erreichen. Fortschrittliche Füllsysteme ermöglichen zudem ein Nachdosieren unterfüllter Vials.
Aseptisch einwandfrei dank Isolator
Zur Sicherheit der hochempfindlichen Produkte erfolgt die Abfüllung von Plasmaderivaten standardmäßig in Isolatoren oder RABS-Systemen. Beide Ansätze zur Trennung von Bedienpersonal und Produkten haben durch die Neufassung des EU GMP Annex 1 an Bedeutung gewonnen: Hinsichtlich der aseptischen Produktion empfiehlt der Annex 1 explizit beide Technologien in Kombination mit einem höheren Automatisierungsgrad, um die Arzneimittelqualität zu steigern. Dazu gehört eine effektive Biodekontamination vor dem eigentlichen Füllvorgang: Isolatorsysteme führender Hersteller nutzen verdampftes Wasserstoffperoxid (H2O2) innerhalb eines mehrstufigen Prozesses, der neben der Biodekontamination die Vorbereitung, Konditionierung und Belüftung umfasst. Das Ziel ist eine sechsfache Reduzierung des biologischen Indikatororganismus.
Höchste Produktqualität durch Gefriertrocknung und Inspektion
Lange Prozesszeiten kennzeichnen die Gefriertrocknung von Plasmaderivaten – eine Variante zur flüssigen Darreichungsform. Zykluszeiten von mehreren Tagen sind bei diesem Produktionsschritt keine Seltenheit. Umso stärker müssen herstellende Unternehmen sichere, überwachte Prozesse gewährleisten. Systeme mit redundanten und qualitativ hochwertigen Komponenten unterstützen eine ausfallsichere Produktion. Zur Einhaltung wesentlicher Prozessparameter wie Temperatur und Druck verfügen moderne Gefriertrockner zudem über eine ausgeklügelte Sensorik auf dem neuesten technischen Stand.
Nach der Abfüllung bzw. der Gefriertrocknung erfolgt ein weiterer elementarer Schritt: die visuelle Inspektion flüssiger oder lyophilisierter Produkte auf Partikel und kosmetische Defekte sowie die Dichtigkeitsprüfung. Modernste Inspektionsanlagen vereinen beide Verfahren platzsparend und effizient auf einer Plattform. Die Dichtigkeitsprüfung für lyophilisierte Produkte erfolgt mittels Headspace-Analyse (HSA).
Pasteurisation nach strengen Kriterien
Bei der in einigen Fällen anschließenden Pasteurisation gilt es vor allem eins zu beachten: eine möglichst schonende Behandlung der empfindlichen Produkte in fest verschlossenen Behältnissen innerhalb strikter Temperaturgrenzen. In der Regel erfolgt die Pasteurisation von Plasmaderivaten bei 60 °C, wobei Abweichungen von lediglich 0,5 °C zulässig sind – und das über einen Zeitraum von bis zu zwölf Stunden. Die erforderliche Temperatur derart lange konstant zu halten, setzt neben strömungsoptimierten Pasteurisatoren mit entsprechenden Leitblechen geeignete Verfahren voraus. Zur homogenen Durchströmung des Pasteurisators eignet sich das Dampf-Luftgemisch-Verfahren, da es gleichmäßige Bedingungen über lange Prozesszeiten in einem engen Temperaturband ermöglicht.
Mit enger Zusammenarbeit zum Erfolg
Ideale Anlagenkonfigurationen lassen sich per Simulation und anschließendem Abgleich mit Realwerten ermitteln; entsprechend wichtig ist hier das Prozess-Know-how der Anlagenhersteller. Diese binden Kunden frühzeitig in die Analyse und Konzeption mit ein. Das gleiche gilt für den gesamten Prozess: Wenn pharmazeutische Unternehmen und Anlagenhersteller von Beginn an eng zusammenarbeiten, können sie gemeinsam die idealen Systeme für präzise Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette definieren und realisieren – damit jeder Tropfen der wertvollen Plasmaderivate bestmöglich zum Wohl der Patientinnen und Patienten genutzt werden kann.
Achema, Halle 3.1 – C71