Zellteilung als Produktionsprozess
Anlagen für kultiviertes Fleisch
Die Diskussion um kultiviertes Fleisch nimmt weltweit Fahrt auf. Und auch Armaturen- und Anlagenhersteller bereiten sich darauf vor, diesen Markt zu erschließen.
Bei dem Thema Cultured Meat wird oft von einer Food-Revolution gesprochen, denn diese Entwicklung bietet eine mögliche Alternative zur herkömmlichen Massentierhaltung und den pflanzlichen Proteinen.
Kultiviertes Fleisch herzustellen, erfordert allerdings stabile Prozesse, da lebende tierische Zellen gehandhabt werden müssen. Armaturenhersteller und Anlagenhersteller beobachten daher den Markt genau, um die spezifischen Anforderungen zu identifizieren und entsprechende Lösungen zu entwickeln. Zwar handelt es sich um einen biotechnologischen Prozess, allerdings mit abgewandelten Anforderungen, vor allem in Bezug auf die Kosten.
Passende Armaturen und Anlagen
Ein zentraler Aspekt bei der Herstellung von kultiviertem Fleisch ist die Zellvermehrung, die sich von klassischen biotechnologischen Fermentationsprozessen unterscheidet. Während bei der Präzisionsfermentation gentechnisch veränderte Bakterien oder Pilze eingesetzt werden, um aus Ausgangsstoffen wie Zuckern ein Zielprodukt herzustellen, handelt es sich bei der Zellvermehrung um einen gentechnikfreien Prozess, bei dem aus wenigen Zellen durch Zellteilung viele werden. Grundsätzlich unterscheiden sich die Anforderungen an die Armaturen zwischen Präzisionsfermentation und der Produktion von kultiviertem Fleisch gar nicht. Anfangs plante die Industrie mit riesigen Bioreaktoren von bis zu 250.000 l, doch solche Projekte zu realisieren, stieß schnell auf technologische und wirtschaftliche Grenzen. Denn beispielsweise müssten die Armaturen auch in entsprechender Größe ausgelegt werden und bei sterilen oder aseptischen Armaturen hört es bei 100 bis 150 l auf.
Der Hauptgrund, warum die Industrie Abstand von den Bioreaktor-Großprojekten nahm, ist das Thema Kontamination. Große Bioreaktoren bergen das Risiko, bei einer Kontamination den gesamten Inhalt von bis zu 250.000 l entsorgen zu müssen – dazu gehören dann nicht nur die Zellen, sondern auch deren Nährmedium. Dies wäre sowohl finanziell als auch risikotechnisch nicht tragbar. Daher hat sich die Industrie auf kleinere Reaktoren von bis zu 20.000 l pro Ansatz konzentriert.
Die Armaturen selbst haben klare Vorgaben und die Technologie beispielsweise bei einem Membranventil lässt keine drastischen Änderungen zu. Zudem gibt es wenig Raum für Optimierung bei Materialien wie Edelstahl und Elastomeren und vor allem müssen die Materialien für die jeweilige Anwendung zugelassen sein. Vielmehr eröffnet sich Einsparpotenzial bei den Regelwerken und Validierungsprozessen. Hier könnten standardisierte und weniger umfangreiche Validierungsmaßnahmen auf Länderebene Kosten reduzieren, ohne die Sicherheit und Qualität zu beeinträchtigen. Auch bei der Qualifizierung der Anlage könnten wahrscheinlich andere Maßstäbe angesetzt werden. Man könnte sich fragen, ob Anlagen für kultiviertes Fleisch tatsächlich so überqualifiziert angesetzt werden müssen. Denn im Moment gelten für das kultivierte Fleisch Regelungen wie für Arzneimittel, obwohl es sich um ein Lebensmittel handelt.
Aktuelle Marktentwicklung: zurückhaltend
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Akzeptanz von kultiviertem Fleisch in verschiedenen Regionen der Welt. In den USA und Singapur, wo bereits Regelwerke und finanzielle Anreize bestehen, sind die Märkte besonders offen für diese neuen Lebensmittel. Singapur hat als erster Staat die Freigabe für den Verkauf von kultiviertem Fleisch erteilt und bietet finanzielle Unterstützung, um diese Technologie ins Land zu holen. Ein Grund dafür ist, dass Singapur nahezu alle Nahrungsmittel importieren muss und daher sehr interessiert an neuen Produktionstechnologien ist. Denn das kultivierte Fleisch kann in Gebäuden hergestellt werden und benötigt keine Weideflächen wie die klassische Tierhaltung.
Israel ist ebenfalls ein Vorreiter in der Forschung und Entwicklung im Bereich kultiviertes Fleisch. Auch Australien, insbesondere das Unternehmen Vow Food, zeigt Fortschritte und plant bereits den Bau großer Anlagen. In Europa sind die Niederlande und Großbritannien aktiv, während Deutschland noch zurückhaltender ist. Es gibt sogar (Bundes-)Länder, die die Produktion von kultiviertem Fleisch verboten haben wie Italien oder der US-Bundesstaat Florida. Es tut sich global sehr viel. Allerdings ist der Markt trotzdem zurückhaltend, weil es doch nicht so einfach ist, die Kosten in den Griff zu bekommen, wie anfangs gedacht. Zudem sind die Kapitalgeber nicht mehr so spendierfreudig, wie sie es vor zwei oder drei Jahren noch waren. Darum hat sich der Markt aktuell beruhigt und es trennt sich jetzt die Spreu vom Weizen.
Das Einführen von kultiviertem Fleisch ist kein einfacher Prozess. Es erfordert, erheblich in Forschung und Entwicklung zu investieren sowie neue Regelwerke und Standards zu schaffen. Ein wesentlicher Vorteil von kultiviertem Fleisch ist die Möglichkeit, es frei von Antibiotika, Steroiden und anderen unerwünschten Substanzen herzustellen. Dies könnte zu einem Produkt führen, das reiner und gesünder ist als herkömmliches Fleisch, da Protein- und Fettanteil ganz genau eingestellt werden können.
Kultiviertes Fleisch direkt vom Erzeuger
Ein weiterer Vorteil ist die Umweltverträglichkeit. Die Herstellung von kultiviertem Fleisch erfordert weniger Ressourcen und verursacht weniger Umweltbelastungen als die Massentierhaltung. Schon jetzt wird Wasser als das neue Öl der Zukunft gehandelt. Daher ist das effiziente Nutzen von Wasser und anderen Ressourcen ein wichtiger Aspekt dieser neuen Technologie.
In der Laborphase von Prozessen für kultiviertes Fleisch kommen noch viele Single-Use-Produkte wie Ventile und Bioreaktoren zum Einsatz. Meist investieren die Hersteller erst in Edelstahl, wenn der Maßstab größer ist. Über 1.000 l wiederum wird kaum eine Anlage mit Single-Use-Equipment betrieben – das wäre auch konträr zum Gedanken des Umweltschutzes. Wobei die Produktion von Edelstahlanlagen sowie deren Reinigung nach jedem Prozess auch energie- und ressourcenintensiv sind.
Weiteres Potenzial liegt auch in der dezentralen Produktion von kultiviertem Fleisch, schließlich ist dafür keine Reinraumumgebung erforderlich. Bioreaktoren könnten direkt bei Landwirten stehen, die das benötigte Nährmedium auf ihren Feldern anbauen. Dies würde die Notwendigkeit großer zentralisierter Produktionsanlagen verringern und eine lokale Versorgung ermöglichen. Zudem schwächt diese Vorgehensweise die Argumentation, dass Landwirte durch die in einer Produktionshalle stattfindende alternative Fleischproduktion ihre Lebensgrundlage verlieren würden.
Die Produktion von kultiviertem Fleisch ist ein komplexes und vielschichtiges Thema ist. Es erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Regulierungsbehörden. Die Technologie bietet große Chancen für eine nachhaltige und gesunde Ernährung der Zukunft. Doch es gibt noch viele Herausforderungen zu bewältigen, bevor kultiviertes Fleisch in großem Maßstab verfügbar und erschwinglich wird. Ersetzen wird diese Technologie die klassische Tierhaltung voraussichtlich jedoch nicht, dafür ist der Fleischbedarf zu hoch.