Qualifizierungsprozess von GMP Reinraum Monitoring-Systemen

  • Die Aufsichtsbehörde muss Monitoring-Systeme für Reinräume abnehmen, bevor diese den Anforderungen entsprechend zum Einsatz kommen. Dafür muss der Betreiber das System einer Qualifizierung unterziehen.
  • Der Qualifizierungsprozess besteht aus mehreren Teilen, startend mit einer GMP-Risikoanalyse, die mögliche Fehlerursachen und deren Folgen aufzeigt, damit die Verantwortlichen diese schnellstmöglich beheben können.
  • Anschließend folgen vier Qualifizierungsschritte, die aufeinander aufbauen müssen. Nach erfolgreicher Qualifizierung kann der Betreiber seine Einrichtungen nutzen.

Warum Qualifizierung?

Sicheres und konstantes Erreichen der Schutzziele in Reinraumbereichen erfordert ein durchgängiges Konzept und die Gewissheit, dass die installierten Systeme und Einrichtungen ihre Aufgaben wie vorgesehen erfüllen. Im pharmazeutischen Umfeld ist die Qualifizierung von Anlagen und Räumen daher Pflicht und ein essentieller Bestandteil der Good Manufacturing Practice (GMP). Die hierfür benötigten Richtlinien finden sich im EU-GMP-Leitfaden (Annex 15 – Qualification and Validation). In den Qualifizierungsprozess sollten jedoch neben den gesetzlichen Anforderungen auch die der Nutzer einfließen.

Daher ist es ratsam, dass der Betreiber und spätere Systemnutzer von Beginn an den Prozess begleitet, da er sich anschließend im Arbeitsalltag mit dem System auseinandersetzen muss. Eine vollständige Qualifizierung setzt sich aus mehreren einzelnen Schritten zusammen: Dem ersten Schritt, der Designqualifizierung (DQ), folgen die Installationsqualifizierung (IQ), die Funktionsqualifizierung (OQ) und zum Abschluss des Prozesses die Leistungsqualifizierung (PQ).

Die Risikoanalyse
Vor dem eigentlichen Qualifizierungsprozess steht die GMP-Risikoanalyse. Sie findet bei der Diskussion der Entwurfsplanung vor dem Abschluss der DQ statt. Die Risikoanalyse ist gemäß Annex 15 zum EG – GMP- Leitfaden „Ergänzende Leitlinien für die Qualifizierung und Validierung“ vorgeschrieben. Sie soll alle kritischen Parameter, die für die Funktion der Ausrüstung und des Herstellungsprozesses bedeutend sind, definieren sowie bewerten und muss mögliche Fehlerursachen und Fehlerfolgen aufzeigen. Ziel der Risikoanalyse ist es, Risiken aufzunehmen, damit die Verantwortlichen nötige Änderungen erkennen und umsetzen können.

Risiken, die sich so nicht minimieren lassen, sind durch Qualifizierungen als Factory Acceptance Tests (FAT) und, wenn nötig, durch wiederkehrendes Prüfen auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Beim FAT wird das System im Betrieb des Lieferanten aufgebaut und auf Korrektheit der Komponenten, der Verkabelung und der Funktion überprüft. Die Risikoanalyse kann nach der FMEA (Failure Mode and Effect Analysis)-Methode erfolgen. Dabei arbeiten die Beauftragten in der Analyse Risikofaktoren heraus, beispielsweise den Ausfall von Sensoren aufgrund von Fehlern in der Buskommunikation im GRM-Monitoring-System. Die Methode hat den Vorteil, dass sie schon vor dem Auftreten eines Fehlers angewandt werden kann.

Im Zuge der Risikoanalyse werden mögliche vorbeugende Maßnahmen in den Bereichen Design und Qualifizierung erarbeitet, um die Risiken zu minimieren und mögliche Fehlerquellen bereits im Vorfeld auszuschalten. Im Bereich Design ergibt sich als Lösungsvorschlag beispielsweise das kontinuierliche Überwachen der Kommunikation und bei gestörter Kommunikation ein automatischer Alarm über den PC. Als Maßnahmen im Bereich Qualifizierung/Requalifizierung merkt das System die Risikofaktoren für die folgenden Qualifizierungsschritte IQ und OQ vor. Darüber hinaus empfiehlt sich eine Requalifizierung sowie regelmäßige Kontrolle, etwa im Zusammenhang mit der jährlichen Wartung; diese führt der Lieferant in der Regel jährlich nach einem festen Wartungsplan durch. Die durch die Risikoanalyse identifizierten Aufgaben fließen in ein Lastenheft mit ein, das die Anforderungen des Betreibers an den Hersteller des Monitoring-Systems beschreibt.

Schritt für Schritt
Die Qualifizierung beginnt mit der DQ. Hier stellen die Überprüfenden das Lastenheft dem Pflichtenheft mit den Leistungen des Lieferanten gegenüber. Am Ende erfasst das Heft alle Hauptfunktionen, die das Monitoring-System befähigen, GMP-kritische und relevante Daten aufzuzeichnen und zu speichern. Die Anforderungen im Lastenheft werden dabei in „Kann“- oder „Muss“- bzw. „GxP“-Kategorien – GxP ist die Zusammenfassung aller Richtlinien für gute Arbeitspraxis – eingestuft.

Die „Muss“-Kategorien sind bereits regulatorisch durch die eingangs genannten Annexe im GMP-Leitfaden vorgegeben. Zu den Hauptanforderungen in Lastenheften zählen das Erfassen, Speichern und Archivieren von Prozessdaten und Batchreporten, das Darstellen der Messdaten in Diagrammbildern, eine passwortgeschützte Zugriffsrechte-Struktur, nicht editierbare Rohdaten, das als Audit-Trail-Funktion bezeichnete Überwachen der Benutzeraktivität, elektronische Unterschriften, eine Profilumschaltung – um die Klimabedingungen in einzelnen Räumen zu steuern – und ein Aufzeichnen der Messwerte sowie standardmäßiges Alarmieren.

Alle umgesetzten Anforderungen der „Muss“- und „GxP“-Kategorie muss das Team im Pflichtenheft beschreiben. Der Abgleich zwischen Lasten- und Pflichtenheft erfolgt in Form einer Verfolgbarkeitsmatrix (Traceability-Matrix). Die DQ legt somit fest, was die Anlage oder das Gerät können muss, wie es auszusehen hat und in welcher Form (Qualifizierung, Kalibrierprotokoll) dies nachzuweisen und zu prüfen ist.

Bei der IQ wird vor Ausliefern des Systems oder der Anlage ein FAT durchgeführt. Das System wird erst ausgeliefert, wenn dieser Test erfolgreich abgeschlossen ist. Nach der Installation des Systems beim Kunden laufen verschiedene Tests für die IQ, die die korrekte Installation überprüfen. Dabei kontrollieren und dokumentieren die Tests unter anderem, ob alle in der DQ spezifizierten Geräte vorhanden und an der definierten Stelle installiert sind, ob alle Geräte ein gültiges Werks- und Vor-Ort-Kalibrierprotokoll besitzen, ob die Elektro-
installation korrekt funktioniert hat und ob die notwendigen Soft- und Hardwarekomponenten wie Server und Client PC vorhanden sind.

Bei der OQ überprüfen die Beauftragten die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems in Form verschiedener Tests, darunter die Datenübergabe von den Messgeräten über den Schaltschrank an den Server und an die Briem Monitoring Software. Sie prüfen aber auch, ob der Alarm an den definierten Stellen optisch und akustisch erfolgt. Die Benutzerverwaltung, die Funktion der unterbrechungsfreien Stromversorgung sowie das kontrollierte Verhalten des Systems bei Stromausfall oder sonstigen Störungen sind ebenfalls zu überprüfen – mit besonderem Augenmerk auf die in der Risikoanalyse herausgearbeiteten Punkte.

Bei der PQ testet der Betreiber selbst die Leistung des Systems über einen definierten Zeitraum – in Form eines Langzeittests. Generell darf die nächste Phase der Qualifizierung erst erfolgen, wenn die vorherige abgeschlossen, also genehmigt und freigegeben ist. Alle Schritte und Prüfungen sind parallel zur aktuellen Tätigkeit GMP-gerecht zu dokumentieren. Eine vollständig und korrekt durchgeführte und dokumentierte Qualifizierung aller qualitätsrelevanten Einrichtungen sowie Geräte und Bauteile ist Grundvoraussetzung für das Erlangen der Herstellerlaubnis.

Der weitere Verlauf
Um den qualifizierten Status der Anlage langfristig zu erhalten, sind regelmäßige Wartungen und Instandhaltung vorgeschrieben. Die langfristige Ausfallsicherheit und Genauigkeit sind im Interesse des Betreibers; es empfiehlt sich eine jährliche Wartung und Rekalibrierung der Sensorik und des GRM-Systems, bei der Fachpersonal alle relevanten Punkte wartet und prüft, um Risiken zu vermeiden.

Auch Änderungen und Erweiterungen müssen den Qualifizierungsprozess durchlaufen. Hierfür gibt es das Change-control-Verfahren: die hinzukommenden Geräte sowie die bereits vorhandenen, von der Erweiterung betroffenen Komponenten des Systems müssen neu qualifiziert werden. In einer Risikoanalyse werden zunächst die betroffenen Bereiche verifiziert. Lediglich diese durchlaufen den Qualifizierungsprozess anschließend erneut. Somit ist auch nach der Systemerweiterung nur ein Teil des Aufwands der Gesamtqualifizierung erforderlich. In der Praxis lassen sich beispielsweise auch Kühl- und Brutschränke nachträglich an das System anbinden, um auch hier die Vorteile der transparenten Überwachung nutzen zu können.

Auf enge Zusammenarbeit
Beim Einrichten des Reinraum-Monitorings empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit von Auftraggeber, Fachplaner, Anbieter und zuständiger Aufsichtsbehörde – bereits von der Planung an. Der Risikoanalyse und der darauffolgenden DQ kommt eine Schlüsselposition beim Planen des Gesamtsystems zu. Beide sollten vorausschauend, mit Sorgfalt und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten stattfinden. Für Betreiber lohnt es sich, den Qualifizierungsprozess von Beginn an zu begleiten, da sie sich später im täglichen Betrieb mit dem System auseinander setzen müssen. Idealerweise begleitet der Monitoring-Anbieter auch die Qualifizierung über den gesamten Anlagenlebenszyklus. Das Monitoring-System ist ein Qualitätssicherungsinstrument, das nur optimalen Nutzen bringt, wenn es richtig und umfassend angewandt wird.

Zum rechtlichen Hintergrund
Gesetze, Gesetze

Das gesetzliche Umsetzen des Teils Annex 15 des GMP-Leitfadens ist in der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung festgehalten. Sie besagt unter anderem, dass Anlagen, die beim Herstellen von Arzneimitteln zum Einsatz kommen und für die Arzneimittelqualität von entscheidender Bedeutung sind, auf ihre Eignung überprüft werden müssen (Qualifizierung). Weiterhin relevant sind Annex 1 und Annex 11 des GMP-Leitfadens sowie die Normen DIN EN ISO 14644 und VDI 2083.

 

 

Ein Muster der Risikoanalyse sowie weitere Informationen zum GRM finden Sie hier. Den Annex 15 zum EU-Leitfaden der GMP finden Sie als PDF hier. Eine Übersicht zur VDI-Richtlinie 2083 gibt es hier.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Briem Steuerungstechnik GmbH

Lauterstr. 23
72622 Nürtingen
Germany